1661
hochrotem Kopf schnell seine Hand sinken ließ. Louise zog ihn hinter einen Pfeiler.
»Ihr spielt Eure Rolle ziemlich schlecht, Monsieur de Pontbriand.«
»Macht Euch nur über mich lustig«, entgegnete Gabriel in ernstem Ton. »Ihr wisst, was mir passiert, wenn ich erkannt werde. Zum Glück beachtet niemand die Schauspieler. Eigentlich komisch, bedenkt man … Louise, was habt Ihr?«, fragte er, als er bemerkte, dass die junge Frau ihm nicht mehr zuhörte. »Der König«, flüsterte sie errötend.
Gabriel drehte sich um. Und in der Tat: Soeben betrat das königliche Paar den Saal. Unter den versammelten Gästen war Unruhe entstanden, und kurz darauf schritten Ludwig XIV. und Maria Theresia von Spanien würdevoll durch das Spalier, das sich vor ihnen gebildet hatte.
»Sie gehen in die Gemächer des Kardinals. Nach der Unterzeichnungdes Ehevertrags ist Seine Eminenz heute Nachmittag aus Vincennes angereist, um mit dabei sein zu können«, wisperte eine Stimme ganz in ihrer Nähe.
Gabriel wandte sich um, konnte aber nicht erkennen, wer gesprochen hatte. Aus dem Augenwinkel betrachtete er darauf seine schöne Freundin Louise, die in Träumereien versunken schien, als plötzlich ein Lakai aus dem königlichen Gefolge vor ihnen auftauchte.
»Mademoiselle de La Vallière?«, fragte er.
Louise nickte erstaunt, worauf der Mann aus dem linken Ärmel seiner Livree einen Umschlag zog und ihn ihr mit einer tiefen Verbeugung übergab. Dann verschwand er ohne weitere Erklärung.
Sprachlos zeigte Louise Gabriel den Umschlag.
»Sicher Eure Ernennung zur Herzogin«, flüsterte er ihr lachend ins Ohr, »oder ein Exemplar der Schmähschrift gegen den Kardinal.«
»Ihr seid heute wirklich nicht komisch«, sagte sie seufzend und brach das Siegel auf.
Da er glaubte, Molière am anderen Ende des Saals erblickt zu haben, stellte Gabriel sich derweil auf die Zehenspitzen, so dass er eben noch sah, wie die ihm vertraute Gestalt in Richtung Speisesaal verschwand. Als er sich wieder Louise zuwandte, um ihr zu sagen, dass er seinem Theaterdirektor folgen müsse, stellte er verblüfft fest, dass die junge Frau auf einmal ganz blass geworden war.
»Louise?«, sagte er leise. »Louise …?«
Doch sie reagierte nicht, hielt nur den geöffneten Umschlag fest in ihren Händen. Gabriel packte sie am Arm.
»He, Louise! Was ist passiert?«
Unendlich langsam blickten ihre blauen Augen zu ihm auf. Er entdeckte darin einen merkwürdigen Glanz, eine Erregung, gar eine Spur von Furchtsamkeit …
»Der König, Gabriel, der König …«
»Der König? … Was ist mit dem König?«, fragte Gabriel verständnislos.
»Er … der Brief ist von ihm.«
Der junge Mann riss die Augen auf. Auf einmal stieg Louise eine tiefe Röte ins Gesicht. Sie biss sich auf die Lippen.
»Ich muss jetzt gehen«, flüsterte sie und raffte ihre Röcke.
Gabriel lief ihr hinterher.
»Zum Teufel, wohin wollt Ihr?«
»Weiß nicht … frische Luft schnappen.«
In diesem Augenblick ließ eine Stimme die beiden jungen Leute zusammenzucken.
»Ja wen haben wir denn da? Molières ergebenen Sekretär!«
Rasch drehten sich Gabriel und Louise um. Vor ihnen stand der Oberintendant der Finanzen und lächelte voller Ironie.
»Monsieur Molière schwitzt Blut und Wasser angesichts der gleich beginnenden Vorstellung, und Ihr amüsiert Euch. Seht, Monsieur de La Fontaine, das ist der junge Mann, von dem ich Euch neulich erzählt habe. Ich sagte, er habe einen regen Verstand; er muss aber auch ein erklärter Liebling der Götter sein, denn er ist wahrlich mit Glück gesegnet«, fügte er an seinen Begleiter gerichtet hinzu, wobei er sich leicht vor Louise de La Vallière verbeugte.
Stumm deutete diese einen Knicks an. Gabriel stellte sie stammelnd vor, wobei er nicht bemerkte, wie Fouquet sich über den jungen Schauspieler amüsierte, der glaubte, sich äußerst kultiviert zu benehmen.
»Na los, Monsieur, geht schon, ich weiß, wie wertvoll Ihr Monsieur Molière seid, wenn er Sorgen hat«, fuhr der Oberintendant fort. »Und was Euch angeht, Mademoiselle, so haben mir meine Freunde berichtet, dass Eure Anwesenheit bei Hofe diesen sehr aufwertet. Ich bin enttäuscht, dass deren Beschreibung Eurer Schönheit so sehr hinter der Wahrheit zurückbleibt,gleichzeitig aber auch entzückt, diese mit meinen eigenen Augen korrigieren zu können.«
Ohne Louises Antwort abzuwarten, verneigte sich der Oberintendant und schlenderte, dicht gefolgt von La Fontaine, weiter
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