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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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Pavillons eingerichtet hatte.
    Eine Stunde später hatte sich der Zorn des Souveräns kaum gelegt. Er trug noch immer seine Jagdkleidung, hatte sich lediglich den Oberkörper mit kaltem Wasser bespritzt, eine Hausjacke aus purpurner Seide übergezogen. Er ging in seinem Kabinett auf und ab. Seine schweren Stiefel hallten auf dem Parkett wider. Das Knirschen der Räder einer Karosse und das Schnauben der Pferde zogen ihn ans Fenster. Aus dem oberen Stockwerk blickte man auf den Wald hinaus, der denPavillon umgab, sowie auf die Allee, die man bis hinter das Gebäude geführt hatte, um diskrete Besuche zu ermöglichen. Der Souverän kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, und erkannte plötzlich etwas Helles   – Louises Kleid. Sie kam mit raschen Schritten näher, hob dabei aber ihren Rock kaum an. Der Saum verhüllte ihre Füße, und so sah es aus, als schwebe sie über den Boden. Mit einem zufriedenen Seufzer beobachtete der König die grazile Gestalt, die immer deutlicher erkennbar wurde. Als sie dem Pavillon näher kam, blickte sie nach oben, und er lächelte bei dem Gedanken, dass sie ihn nicht sehen konnte. Ihm wurde bewusst, dass ihn die Unschuld und Würde beeindruckten, die von ihrem schlanken Hals, ihrem schmalen, fast dreieckigen Gesicht und ihren großen, klaren Augen ausgingen. Als sie die Eingangstreppe erreichte, riss er sich von ihrem Anblick los und warf, bevor er den Raum verließ, automatisch einen Blick in den Spiegel, aus dem ihm ein junger Mann von zweiundzwanzig Jahren entgegenblickte. In den Augen des Königs von Frankreich glomm ein Rest von Zorn, den jedoch sein Schalk besänftigte.
     
    Der König tupfte sich den Mund ab, nahm einen Schluck Wein und richtete seine Augen auf Louise.
    »Sagt Euch der Geschmack der Wachteln zu? Und der Wein? Er stammt aus den Weinbergen von Vougeot. Monsieur de Condé war so großzügig, mir ein paar Kisten zu schicken, weil ich ihm in einem Moment der Schwäche gestand, dass er meinem Geschmack entspricht. Aber Ihr esst ja gar nichts«, sagte er und bediente sich erneut von einem der zahlreichen Gerichte, die zwischen ihnen auf dem Tisch mit der blütenweißen Leinendecke standen.
    »Der Prinz von Condé?«, fragte Louise leise.
    Der König begnügte sich mit einem Lächeln.
    »Das ist das Kreuz, das ich zu tragen habe, Mademoiselle. Jeder denkt, er wisse meine Worte zu deuten, und glaubt mich zu überraschen, indem er über Dinge spricht, die mir irgendwann einmal ein wohlwollendes Wort entlockt haben, selbst wenn jenes Wort vielleicht nur zufällig gefallen ist   …« Als er bemerkte, dass die junge Frau errötete, wechselte der König das Thema. »Seht her«, sagte er und zog aus seinem Hemd einen kleinen Schlüssel, der an einer goldenen Kette um seinen Hals hing. »Wisst Ihr, was das für ein Schlüssel ist, Mademoiselle?« Da die junge Frau schwieg, fuhr der König fort: »Ich erhielt ihn als Geschenk von einem treuen Freund, der überaus glücklich war, weil er mir eines Tages einen wahren Schatz von einem Gewürzfrachter aus Indien bringen konnte – eine Ladung Kakao. Er ließ eine hermetisch verschließbare Kiste anfertigen und lagerte den Kakao darin ein. Dann gab er sie mir und ließ mich ihm versprechen, dass ich den Schlüssel der Kiste immer bei mir trage, damit man ihn mir nicht stiehlt. So bin ich also der Kommandeur des Kakaos, und niemand kann seine Hand darauflegen, ohne dass ich davon erfahre.« Fast hätte er laut aufgelacht. »Ihr werdet bemerken, dass ich darauf eingegangen bin, weil es ein sehr teurer Freund ist. Ich mag die Idee, weil ich so immer an ihn denken muss.«
    Er schwieg einen Moment und betrachtete die junge Frau, die ihm beeindruckt zugehört hatte.
    »Was denkt Ihr? Sprecht! Glaubt Ihr, ich sollte damit aufhören, den Schlüssel von meinem Hals nehmen und die Verantwortung jemand anderem übertragen? Habt keine Furcht, sprecht, der König bittet Euch um Rat«, sagte er in einem vermeintlich mürrischen Ton.
    Louise hob langsam die Augen.
    »Sire, ich glaube, Ihr müsst ihn behalten. Doch vielleicht solltet Ihr einen zweiten anfertigen lassen und vielleicht auchnoch einen dritten, dann könnten die Vorräte bequemer genutzt werden.«
    »Ah, Ihr seid wirklich klug«, meinte der König lächelnd. »Doch genug davon. Erzählt mir von Euch.«
    »Von mir!«, rief die junge Frau aus. »Aber, Sire, von mir gibt es nichts zu erzählen. Ich wurde vor siebzehn Jahren in Amboise geboren. Dank der Großzügigkeit

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