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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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nachdem er die Anlage gründlich untersucht hatte. Er nahm sich vor, bei Einbruch der Dunkelheit wiederzukommen, wenn die Arbeiter, die auf den verschiedenen Baustellen in den Gärten tätig waren, den Ort verlassen hätten. Auf dem Rückweg träumte der junge Mann vor sich hin. Seit dem Morgen schon dachte er unablässig an Louise.
     
    Als Isaac Bartet Gabriel erblickte, freute er sich über die zufällige Begegnung und entschied, sie nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Er wollte dem jungen Mann auf den Zahn fühlen und beobachten, wie er darauf reagierte.
    »Nun, hattet Ihr einen schönen Spaziergang in den Gärten?«, begann Fouquets Handlanger.
    »Danke, ausgezeichnet«, antwortete Gabriel. Er war erstaunt, dass der Fremde ihn so ungeniert ansprach.
    »Ihr seid Molières Sekretär?«, erkundigte sich Bartet weiter.
    »So ist es«, gab Gabriel zurück, mehr und mehr verwundert.
    »Und Ihr wohnt seit mehreren Tagen hier?«
    Bartets Hartnäckigkeit wurde Gabriel unangenehm.
    »Ich bitte Euch, mich zu entschuldigen, Monsieur, ich habeandernorts zu tun und finde überdies nur wenig Geschmack an einem solchen Frage- und Antwortspiel.«
    »Schade«, erwiderte Bartet, ohne sich irritieren zu lassen. »Ihr wisst sicher nicht, dass Euer Herr, der talentierte Molière, gestern Abend bei Monsieur Colbert war, für den er seitdem arbeitet. Ihr müsst wählen, junger Mann, welchem Lager Ihr angehören wollt, Ihr werdet nicht darum herumkommen. Ihr kennt mich nicht, aber ich weiß, wer Ihr seid. Ihr sollt wissen, dass ich für den Oberintendanten arbeite. Mein Name ist Bartet, Isaac Bartet. Ihr könnt mir vertrauen; man sagt, ich sei der bestunterrichtete Mann bei Hofe.«
    »Molière im Dienste Colberts!«, wiederholte Gabriel ungläubig. »Aber das ist schlechterdings unmöglich! In ebendiesem Moment schreibt er ein Stück für den Oberintendanten!«
    »Einer wohldotierten Bestellung nachzukommen und Mazarin Treue zu schwören, schließt nicht aus, junger Mann, dass man die Fronten wechselt, je nachdem, wie der politische Wind weht. Ihr scheint mir ziemlich naiv zu sein. Colbert ist mächtig und wird wahrscheinlich noch mächtiger werden. An einem einzigen Tag, gestern, hat er erst Lully und dann Euren Molière wie zwei Pfannkuchen gewendet!«
    Gabriel war erschüttert. Seine Zukunft als Schauspieler in der berühmten Truppe stand auf dem Spiel. Mit einem Mal schien ihm sein Kindheitstraum zu entgleiten.
    »Da wir gerade bei den Neuigkeiten sind: Habt Ihr schon erfahren, dass der König von Frankreich eine neue Mätresse hat?«, nahm Isaac Bartet das Gespräch in einem Ton wieder auf, der scherzhaft klingen sollte. Gleichzeitig tat er so, als würde er die Erregung des jungen Mannes nicht bemerken. »Das erste Rendezvous hat gestern Abend in größter Verschwiegenheit in Versailles stattgefunden.«
    Bei diesen Worten erbleichte Gabriel, was Bartet offensichtlich nicht entging.
    »Ich habe die junge Frau selbst gesehen, wie sie mit unserem prächtigen Souverän zu einem intimen Abendessen zusammentraf. Die kleine La Vallière hat Mut. Kaum am Hofe eingeführt, und schon ist sie ganz oben.«
    »Wisst Ihr, was Ihr da sagt?«, brauste Gabriel auf und packte den anderen beim Arm. Der Spitzel hatte eine so heftige Reaktion nicht erwartet, war von der Wirkung seiner Worte aber begeistert.
    »Gemach, junger Mann, gemach! Selbstverständlich weiß ich, was ich sage, da ich es mit eigenen Augen gesehen habe! Seid Ihr etwa eifersüchtig? Vielleicht kennt Ihr Mademoiselle de La Vallière?«, fragte Bartet. »Sollte das der Fall sein, so nehmt bitte meine Entschuldigung an, für den Fall, dass Euch mein Auftreten ihr gegenüber taktlos erschien.«
    Gabriel besann sich und ließ den Arm seines Gegenübers los. Niedergeschlagen und von dem doppelten Verrat bitter enttäuscht, verschwand er ohne ein weiteres Wort im großen Vestibül und zog sich in sein Zimmer zurück. Während er noch über das Gehörte nachdachte und sich fragte, was er nun tun sollte, wühlte er in seinen Sachen, bis er die lederne Mappe in der Hand hielt. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihm, dass sich über der immensen Baustelle in den Schlossgärten der Tag neigte. Er öffnete die Mappe und schaute noch einmal auf die Dokumente, welche die Unterschrift seines Vaters trugen. Tränen schossen ihm in die Augen. Er eilte aus seinem Zimmer, aus dem Schloss, hin zu dem Versteck, das er kurz zuvor entdeckt hatte. In seinem Inneren brodelte maßlose Wut. Ich verstecke

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