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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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hat.«
    Als d’Orbay sah, dass er taumelte, wollte er ihn stützen, doch Pontbriand machte sich los.
    »Ihr wart mein Schüler und ich Euer Meister. Doch jetzt bin ich nur noch eine Last, und Ihr seid einer der Meister   …«
    Noch einmal streckte François d’Orbay seinen Arm nach André de Pontbriand aus, und diesmal ließ er sich vom Baumeister stützen.
    Als sie ihren Spaziergang zwischen den Gräbern wiederaufnahmen, war zum ersten Mal an diesem Morgen die Sonne zu sehen, ein von Helligkeit umrahmter bleicher Kranz, der sich schwach hinter den weißlichen Nebelschleiern abzeichnete.

Schloss von Vaux-le-Vicomte
    Mittwoch, 16.   März, fünf Uhr nachmittags
    Isaac Bartet wusste alles. Es war seine Aufgabe, alles zu wissen. Der Mann war vor vielen Jahren in den Dienst des Kardinals Mazarin getreten und bei delikaten Angelegenheiten für ihn als Spion tätig gewesen. Seit einiger Zeit arbeitete er außerdem heimlich für den Oberintendanten und hatte so bis zu Mazarins Tod ein doppeltes Spiel gespielt, das auf dem empfindlichen Gleichgewicht gesammelter und an den Ersten Minister sowie an Fouquet weitergegebener Informationen beruhte. Gehorsam wartete er im kleinen Salon, der die zwei Flügel des Schlosses von Vaux-le-Vicomte trennte und gerade erst ausgestaltet wurde, auf den Herrn des Hauses. Fouquet hatte von ihm eine vollständige Überprüfung Gabriel de Pontbriands verlangt. Der Spion hatte schnell und wie immer effizient gearbeitet. Er hatte die Herkunft des jungen Mannes ermittelt und seine Verbindung zu Louise de La Vallière entdeckt, ohne allerdings mit Sicherheit sagen zu können, ob sie seine Mätresse war. Und er hatte vor allen Dingen erfahren, dass Colberts Polizei, angeführt von Charles Perrault, den Schauspieler überwachte und ihn verdächtigte, auf die eine oder andere Weise in den Diebstahl im Palais Mazarin verwickelt zu sein. Dank der Verbindungen, die er in ganz Paris hatte, war Bartet auch hinter das Geheimnis von Gabriels Angreifern gekommen. Er wusste, dass die Devoten den Ehevertragzwischen Anna von Österreich und Mazarin an sich bringen wollten und daher ohne jeden Zweifel die Urheber des Feuers in der Bibliothek des Kardinals waren. Wie die Polizei, so glaubten auch sie, dass Gabriel in die Sache verwickelt war. Zufrieden mit dem Ergebnis seiner Nachforschungen, war Isaac Bartet nach Vaux gekommen, um Fouquet in dieser Sache Bericht zu erstatten, aber auch, um ihn von den neuesten Machenschaften Colberts in Kenntnis zu setzen.
     
    Gabriel kehrte von einem langen Spaziergang um das Anwesen herum zurück. Er hatte ein paar kümmerliche Sonnenstrahlen ausgenutzt, die nach Tagen unaufhörlichen Regens durch die Wolken gebrochen waren.
    Sein Aufenthalt in Vaux hatte ihm die Gelegenheit verschafft, nach den Ereignissen des vergangenen Monats Bilanz zu ziehen. Gabriel hatte versucht, die Gefahr einzuschätzen, in der er sich befand, wenn er die Dokumente aus der granatfarbenen Ledermappe behielt. Denn zweifelsohne waren es die Einbrecher aus der Bibliothek des Kardinals, die sie verloren hatten. Die Unterschrift seines eigenen Vaters auf den Dokumenten ließ ihm noch immer keine Ruhe. Nach wie vor war er war fest entschlossen, hinter das Geheimnis des Codes zu kommen – in der verzweifelten Hoffnung, denjenigen wiederzufinden, der ihm seit seiner Kindheit so sehr gefehlt hatte. Etwas tief in seinem Innern sagte dem jungen Mann, dass André de Pontbriand vielleicht gar nicht tot war. Dass er vaterlos in Amboise aufgewachsen war, warf unzählige Fragen auf, desgleichen die Reaktion eines jeden Familienmitglieds, wenn der kleine Gabriel sie nach seinem verschwundenen Vater fragte.
    Gedankenverloren war er bei seinem Spaziergang bis zum Mühlbach gelangt, der durch den Besitz floss. Als er an dernoch nicht ganz fertiggestellten Herkules-Statue vorüberging, welche die Gärten überragte und den Zugang zum Kanalisationsnetz verdeckte, wurde er neugierig und öffnete die Falltür, die zu dem ausgeklügelten Wasserverteilungsnetz für die verschiedenen Bassins führte. Er hatte seine Erkundung fortgesetzt, war die enge Eisenleiter hinabgestiegen und hatte sich die Anlage genauestens angesehen. Dabei hatte Gabriel das ideale Versteck für die granatfarbene Ledermappe gefunden, die er nicht länger in seinem Zimmer im Schloss aufbewahren wollte. Wenn ich den dicken Stein da löse und dahinter ein bisschen Lehm entferne, erhalte ich genug Platz, um die Mappe sicher zu verwahren, dachte er,

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