1663 - Die neue Hölle
war kreidebleich und er zitterte am ganzen Körper. Bis sich jemand in sein Blickfeld schob. Es war ein heller Schatten, der das Licht durchwanderte und allmählich ins Blickfeld des jungen Mannes geriet. Das war er.
Johnny riss seinen Mund auf. Das nackte Entsetzen packte ihn. Er hatte die Gestalt schon vergessen, aber jetzt schwebte sie vor und über ihm, eingehüllt in dieses weißblaue Licht, das ihn wie ein riesiger Umhang umgab.
Johnny fiel nichts mehr ein. Er hätte so gern etwas gesagt, aber er brachte kein Wort über die Lippen. Sein Kopf war leer.
Die Schmerzen in seinem Nacken waren verschwunden.
Eines jedoch stand für ihn fest.
Die Gestalt, die er vor sich sah, hatte ihm das Leben gerettet. Es war der Engelfresser, und das musste er erst mal verkraften. Er hat es nicht zugelassen, dass ich sterbe, dachte Johnny. Er hat mir gezeigt, wer hier das Sagen hat.
Der Engelfresser berührte den Flechtboden nicht. Auch weiterhin hielt er den Kopf gesenkt und schaute auf ihn nieder. Noch drang kein Wort aus seinem Mund. Es sah auch nicht danach aus, dass er etwas sagen wollte.
Johnny schaffte es ebenfalls nicht. Er sah das menschliche Gesicht, das ihm in diesem Moment sogar sympathisch war. Da zeigte sich nichts Böses, keine Verzerrung, kein grausamer Blick, der in den Augen lag. Man musste sich vor ihm nicht fürchten. Aber Johnny wusste es anders. Er hatte gesehen, wie der Engel vernichtet worden war, und wahrscheinlich würde das Gleiche jetzt mit ihm geschehen. Welchen Grund hätte der Engelfresser haben sollen, Johnny am Leben zu lassen? Dann sprach er ihn an. Plötzlich war die Stille vorbei, und Johnny hörte seinen Namen, und das von einer Stimme abgegeben, die so anders war, so voll und zugleich von einer besonderen Weichheit geprägt, sodass sie Vertrauen erwecken konnte.
»Du bist nicht tot, Johnny!«
Im Liegen deutete der Angesprochene ein Nicken an.
»Und weißt du, wem du das zu verdanken hast?«
»Sicher. Dir.«
»Das ist richtig. Ich hätte es auch zulassen können, dass sie dich vernichten. Aber ich habe es nicht getan. Sie sollten dein Blut nicht trinken.«
Johnny hatte sich wieder so weit erholt, dass er normal antworten konnte.
»Es sind doch keine Vampire.«
»Das stimmt. Es ist Mallmanns Erbe. Es sind die Halbvampire. Sie geifern nach dem Blut der Menschen, sie wollen es trinken, aber sie haben keine spitzen Hauer, die sie als normale Blutsauger ausgewiesen hätten. Sie hätten das Blut aus deinen Wunden geschlürft und sich daran gelabt. Ist das nicht einmalig?«
»Warum sagst du mir das?« Johnny fand die Kraft, sich aufzurichten. Er setzte sich hin.
»Weil du wissen sollst, dass du keine Chance hast. Nicht die geringste. Du bist jetzt in meiner Gewalt. Ich habe mich für dich als Trumpf entschieden, als einen Joker, kann man auch sagen.«
»Wie sollte ich ein Trumpf für dich sein?«
Der Engelfresser wurde leicht unwirsch. »Hör auf, so zu reden. Denk lieber über die Menschen nach, die du sehr gut kennst. Deine Eltern und auch über einen gewissen John Sinclair. Dann ist es gar nicht so schwer, dir selbst die Antwort auf deine Frage zu geben.«
Ja, das traf zu. Johnny hatte auch schon vorher daran gedacht, aber seine Gedanken für sich behalten. Jetzt sah die Lage anders aus. Da musste er sie off erliegen und leider zugeben, dass der Engelfresser recht hatte. Er konnte es aber nicht aussprechen und beließ es bei einem Nicken.
»Schön, dass du dies zugibst. Sinclair wird bestimmt Spaß haben, wenn er hört, wo du dich befindest. Diese Welt hier hat mal Engeln gehört aber ich habe sie der Reihe nach vernichtet. Es gibt sie nicht mehr, aber ich bin dabei, neue Bewohner für diese Welt zu rekrutieren. Zwei davon hast du gesehen. Ich fange damit an, meine Truppe aufzubauen. Und sie soll nicht nur in einer Dimension agieren, sondern in zweien. Einmal hier und dann in der normalen Welt, wo sie sich die Höllenboten nennen. Das Netz ist gespannt. Jetzt brauche ich nur noch die entsprechende Beute, und ich bin sicher, dass ich sie dank deiner Hilfe auch bekommen werde.«
In Johnny regte sich Widerstand. So war er erzogen worden. Sich nichts gefallen lassen, die Dinge nicht so hinnehmen, wie sie ihm aufgezwungen werden sollten. Erst nachfragen, den Gründen nachgehen und sich dann entscheiden. Das hatte er auch hier nicht vergessen.
»Und wenn ich nicht will?«
Der Engelfresser gab keine Antwort. Er war wohl zu überrascht und flüsterte dann:
»Du wagst es
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