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1665 - Boccus Traum

Titel: 1665 - Boccus Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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große Spalten. Vor langer Zeit, so hieß es, sollte dabei auch der Talkessel der Nasran entstanden sein. Ein Teil des Gebirges sei einfach in die Tiefe gesunken, und zurück war dieses Loch geblieben. Ein großer Schutzgeist wachte seither darüber, daß bei einem neuen Beben nicht die Felswände ringsum einstürzten und das ganze Dorf unter sich begruben.
    Boccu saß lustlos zwischen zwei großen Steinen auf dem feuchtwarmen Boden und wartete darauf, daß ihm etwas einfiel. Er dachte nicht im Traum daran, für Vullum Pilze zu pflücken. Wenn er welche fand, würde er sie ganz bestimmt selbst essen.
    Zu viert hatten sie ihn zum Eingang der Unterwelt gebracht, und zu viert hielten sie da oben jetzt Wache. Boccu hätte sich wehren können, aber darauf hatte er genauso verzichtet wie auf jedes Wort der Reue. Es gab nichts zu bereuen, und Vullum und den anderen Dummköpfen etwas erklären zu wollen - das war etwa so, als ob man versuchte, den Wind festhalten.
    Nein, Boccu tat ihnen nicht den Gefallen, sich zu erniedrigen. Es mochte ja sein, daß er in ihren Augen merkwürdig war, aber was gingen sie ihn alle an? Wer von ihnen hatte einen mitleidvollen Blick für ihn gehabt, ein Wort des Trostes, nachdem er fast ertrunken war?
    Diese Nacht hatte ihm endgültig klargemacht, wie anders er war. Und er hatte sich geschworen, daß ihn seine Stammesgenossen nie wiedersehen sollten. Er würde schon einen Weg zur Flucht finden, bevor er seine Strafzeit verbüßt hatte. Und dann hielt ihn nichts mehr in diesem Land.
    Er, Boccu, würde die Grenzen überschreiten und die anderen Länder kennenlernen, die dahinter lagen. Ob mit oder ohne Geistvogel.
    Selbst die Erinnerung an das schwarze Nichts, das Attan verschlungen und nach ihm gegriffen hatte, verlor mehr von ihrem Schrecken. Er hatte es nicht wieder gespürt, dieses Schreckliche, und vielleicht war alles überhaupt nur ein böser Traum gewesen.
    Boccu sah im Dämmerlicht einen faustgroßen Pilz, gerade noch in Reichweite seiner Ärmchen. Er riß ihn aus der Felsmulde, wo er in fauligem Moos gewachsen war, und schob ihn in den Mund.
    Der Pilz schmeckte nach gar nichts. Erst wenn er mit Kräutern gebraten wurde, konnte man ihn genießen.
    Das Häuptlingsgehabe mit den Pilzen war genauso albern wie das mit den Göttern, mit denen Vullum angeblich sprach. Boccu war sicher, daß Vullum nur dummes Zeug redete. Jeder Nasran konnte, wenn er es richtig anstellte, einen Geistführer aus dem Himmel anrufen. Dann erschien ihm ein solcher Geist in der Form eines Tieres. Das mußte nicht immer ein Vogel sein. Boccus Geistführer war eben ein Geistvogel, weil Boccu ein neugieriger, unternehmungslustiger Nasran war und in die Welt hinauswollte, Vullums Geistführer mußte ein dicker, fetter Wurm sein, genauso dumm wie der Alte selbst.
    Die richtigen Götter sprachen nicht zu den Nasran. Sie hörten nur zu, wenn man sie anflehte, und antworteten durch Taten. Sie schickten den Regen und die Sonne, wenn sie gebraucht wurden und die Nasran es sich verdient hatten. Sie schickten aber auch Plagen und Not oder sogar das Ersehnte zur falschen Zeit. Dann, so hieß es, waren sie ungnädig gestimmt, weil die Nasran böse gewesen waren.
    Götter und Geister - wer wollte sie schon kennen oder gar verstehen? Manchmal kam es Boccu so vor, als legten sich die Häuptlinge ihre Deutungen immer so zurecht, wie sie ihnen gerade paßten.
    Pah! Boccu war den Göttern und Geistern bestimmt viel näher als Vullum, dieser Dummkopf!
    Er fand noch einen Pilz, pflückte ihn und aß.
    Ganz bestimmt. Er konnte einen Geistführer beschwören, ohne sich dazu groß anstrengen zu müssen. Er konnte bestimmt auch einen Gott dazu bringen, ihm einen Weg ins Freie zu schaffen, und zwar an den Wachen vorbei.
    Ihm war plötzlich so warm. Er fühlte sich leicht, als ob er fliegen könne. Aber es reichte noch nicht. Das Land hielt ihn nach wie vor fest.
    Boccu lachte still, als er so dachte. Das war die Wirkung der Pilze. Es gefiel ihm, bis er den Blick nach unten richtete.
    Der Dritte stieß einen Schrei aus und stemmte sich an der Wand hoch. Der Boden tat sich auf. Überall erschienen große Hände mit langen Fingern und langen Armen, die aussahen wie Schlangen. Sie bewegten sich tastend, wollten nach ihm greifen. „Ihr bekommt mich nicht!" kreischte er und lief schwankend aus der Höhle in den nächstbesten Gang hinein. „Fort mit euch, ihr Dämonen! Die Götter sind mit mir. Sie beschützen mich! Wartet! Da!"
    Er riß einen

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