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1665 - Boccus Traum

Titel: 1665 - Boccus Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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besonders großen Pilz aus einer Nische und stopfte ihn in den Mund. Wenn die Magie der Pilze die Dämonen weckte, dann gab sie ihm auch die Kraft, die Götter zu holen. Er mußte nur laut genug nach ihnen rufen. „Laut" bedeutete natürlich nicht, daß er sich die Seele aus dem Leib schrie, sondern daß er sich stark genug konzentrierte. Nur wollten ihm die Dämonen der Unterwelt dazu keine Zeit lassen. Ihre großen Hände krochen auf ihren Fingern hinter ihm her, wohin er auch floh. Die Schlangenarme wurden immer länger, er konnte ihr Ende gar nicht mehr sehen.
    Sie sahen ekelhaft aus, schleimig und glatt, und sie leuchteten von innen heraus, noch dazu giftgelb. Aber alles leuchtete auf einmal - der Boden, die Wände, die Decke, Steine und Moose, Flechten und Adern von Erzen, und überall Pilze, Pilze, Pilze!
    Violettes Licht erfüllte das Labyrinth der Unterwelt. Die Luft war warm und dicht, fast wie Wasser. Um Boccus Kopf herum trieben kleine, strahlende Wölkchen. Der Nasran wich weiter zurück, immer weiter, bis es plötzlich kein Weiter mehr gab. Er steckte in einem toten Gang fest, und die dämonischen Hände bogen um die letzte Ecke und krochen auf ihn zu.
    Weiter, immer weiter. Ganz langsam, er konnte ihnen nicht entgehen.
    Es sei denn...
    Boccu atmete tief ein und schloß die Augen. Er war stark, sagte er sich. Er war den Göttern durch den Verzehr der Pilze jetzt sehr nahe. Er durfte die Dämonen nicht fürchten, sondern mußte nach oben schauen. Er mußte die Götter rufen, dann konnte ihm gar nichts geschehen. Und Attan! Attan kam sicher. Boccu war so leicht. Er spürte, wie er mit den Wölkchen aus rosa Licht trieb.
    Aber immer noch reichte seine Kraft nicht ganz aus, um sich ...
    Er tastete die Wand ab, an die er sich drückte, und fand einen Pilz. Er hatte ganz einfach gewußt, wo er wuchs. Er aß ihn, und dann explodierte alles in seinem Kopf.
    Boccu verlor den Boden unter den Füßen und fiel. Aber er landete nicht in den gierigen Händen der Dämonen, sondern auf weichem Fels, der ihn wieder in die Höhe schleuderte. Dazu schlugen Riesen auf ihren mächtigen Trommeln, und die Götter öffneten das Labyrinth und schickten ihr Licht geradewegs aus dem Himmel. Attan war plötzlich wieder da, sein Geistvogel, und er rief ihn und nahm ihn und führte ihn hinaus, empor ins Freie, in die Lüfte ...
    Das Bersten und Krachen um ihn herum klang für Boccu weiterhin wie die Pauken der Riesen, die seine Welt einmal aufgetürmt hatten, und das Mahlen und Knirschen von Felsen, die von Urgewalten gegeneinander verschoben wurden, war die Musik, mit der tausend Elfen und Feen die Götter erfreuten. Sie ließen ihn, den kleinen Nasran, an ihrem göttlichen Glanz teilhaben, und höher stieg er zu ihnen auf, immer höher.
    Etwas prasselte erquickend auf seine Haut. Die Götter warfen himmlischen goldenen Sternenstaub auf ihn herab, und das gefiel ihm. Es prickelte, es erfrischte, es machte den Flug zu einem unbeschreiblichen Erlebnis.
    Boccu stieg immer höher. Wenn er dabei stolperte und sich den Leib blutig schrammte, dann war das für ihn das Schaukeln von einer Wolke auf die andere. Wenn neben ihm eine Felswand explodierte und in Trümmer fiel, erbebte die Welt voller Freude. Wenn ihn ein Stein traf, der von oben herabfiel, dann war es eine Schwinge des Geistvogels, die ihn sanft streifte. Und irgendwann hörte die himmlische Musik auf, die Riesen legten ihre Trommelstöcke beiseite. Die Götter schlössen den Himmel, verwöhnten ihn aber weiterhin mit dem goldenen Staub, der jetzt noch heftiger auf ihn herabprasselte.
    Attan war weiterhin bei ihm. Er begleitete ihn auf seinem Flug durch die Lüfte und führte ihn zu den fernen Ländern, die er ihm schon gezeigt hatte, und zum Weiten Land, dem Ziel seiner Wünsche und geheimen Sehnsüchte.
    Die Luft unter seinem runden Bauch war fest wie das Land, stellte Boccu nach einer ganzen Weile verwundert fest. Er hatte sich das immer anders vorgestellt. Er flog und flog, und seine Flügel teilten die Lüfte wie Wasser...
    Wie den Schlamm einer Pfütze, in die er gefallen war ...
    Boccu schlug die Augen auf. Da sah er, daß er in einer Pfütze lag und daß es in Strömen regnete.
     
    *
     
    Also war alles nur ein Traum gewesen. Ein typischer Pilztraum, aber so stark, wie ihn sicher noch nie ein Nasran gehabt hatte, auch kein Häuptling. Boccu saß zerknirscht am Rand der tümpelgroßen Matschpfütze, aus der er sich mit Mühe herausgezogen hatte.
    Jede Bewegung hatte

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