1669 - Der Kyberklon
noch antworten konnte, schien sich das Etwas, das hinter dem Torbogen lauerte, auf sie zu stürzen. Alles wurde anders, bekam eine bedrohliche Komponente. „Voltago!" rief Mila verzweifelt.
Sie merkte, daß irgendeine Kraft sie von dem Kyberklon wegzuzerren drohte. Sie verlor ihren Halt in der Wirklichkeit. „Bring mich weg von hier", bat sie. „Nicht dorthin, das ist gefährlich."
Voltago irrte wie ein Orientierungsloser durch die Alptraumlandschaft. Er stolperte gegen ein amorphes Ding, versank sogar in ihm. Erst Milas verzweifelter Aufschrei brachte ihn dazu, die Richtung ändern.
Sie hatten die sichere Zeitspanne überschritten. Wie lange schon?
Mila übergab sich. Es floß aus ihr wie ein Wasserfall, der alles Gift aus ihr schwemmte, das sich durch den zu langen Aufenthalt in dieser feindlichen Alptraumlandschaft angesammelt hatte. Aber es war nicht nur ihr Magen, der sich entleert hatte. Es war ihr überforderter Geist, der sich gegen die immense Belastung auflehnte und sich zu befreien versuchte.
Voltago raste wie ein Wahnsinniger immer tiefer in das irreale Labyrinth hinein. Er gelangte in Bereiche, die Mila völlig fremd erschienen.
Und dann stieß er gegen ein Hindernis, ohne es rechtzeitig zu bemerken. Er trat etwas los, das aussah wie ein Kristall. Das Ding rollte, während es sich nur scheinbar weiter verformte, davon. Es strahlte derart intensiv, daß Mila davon geblendet wurde.
In ihrer Verzweiflung schrie sie Kürzel der Kommandosprache für Voltago hinaus, wie sie ihr in den Sinn kamen. Aber es war hoffnungslos. Ihr Geist war durch die auf sie einstürmenden Impulse bereits verstört.
Mila empfand es als Erlösung, als dumpfe Schwärze sich über sie senkte und ihre Sinne betäubte. Mit einem letzten Gedanken fragte sie sich, warum sie sich so hartnäckig gegen diese Erlösung gewehrt hatte. Nun war alles so einfach. Keine Schmerzen, keine Angst konnten sie erreichen, nur noch Stille..
*
„Was hast du mir nur angetan, Schwester!" Nadjas anklagende Worte aus dem Helmempfänger holten sie allmählich ins Bewußtsein zurück. „Mach das nie wieder! Ich verlange, daß du sofort nach oben kommst!"
„Wir haben es gerade noch geschafft", meldete sich Voltago über ihr. Er trug sie noch immer in den Armen. „Es ist jetzt vorbei. Und es hat sich nicht gelohnt. Wir haben versagt. „ Sofort war Mila hellwach. Sie wußte, daß sie diese rasche Regenerierung ihrem Zellaktivator zu verdanken hatte. Sie begann sich langsam zu erinnern.
Und in ihrer Erinnerung sah sie alle vorangegangenen Geschehnisse ohne den Schleier und die verzerrenden Effekte ihrer Fähigkeit. Alles stellte sich aus dieser neuen Sichtweise auf einmal anders dar. „Wir haben etwas bewirkt, Voltago", widersprach Mila, während sie sich aus seinen Armen löste. „Ich weiß nicht genau, was und wie, ob gewollt oder ungewollt, wir es bewerkstelligt haben. Aber wir haben etwas ausgelöst und auf diese Weise die fremde Ordnung wiederhergestellt."
„Wovon sprichst du, Mila?" fragte der Kyberklon, er klang erstaunlich besorgt. „Ich kann es dir in Worten nicht erklären", gestand die junge Frau. „Aber ich sehe vor meinem geistigen Auge alles klar. Ich kann es dir zeigen, Voltago. Bring mich noch einmal zum zweiten Level, dann führe ich dich zu der Stelle."
Mila achtete nicht auf die Proteste ihrer Schwester. „Voltago, bitte!" flehte sie. „Es ist wichtig."
Mila wirkte verzweifelt, als hänge ihr Leben davon ab, noch einmal in die Tiefe zurückzukehren. Als Voltago immer noch zögerte, fuhr sie fort: „Du weißt, daß du jene Objekte, die ich sah und dir übermittelte, zwar berühren, aber nicht bewegen konntest. Als besäßen sie so etwas wie eine Zwitterkonsistenz zwischen materiell und immateriell. Bei unserer überstürzten Flucht ist etwas Unglaubliches passiert. Du hast etwas losgetreten und im Laufen - gewissermaßen mit einem Tritt - in Bewegung versetzt. Du hast etwas bewegt, Voltago! Begreifst du die Konsequenz, die sich aus dieser Tatsache ergibt? Dieses Ding, dieser Kristall oder was es auch ist - dieser Gegenstand ist so materiell, daß du ihn anfassen und bergen kannst!"
Voltago war unter ihren Worten wie zur Statue erstarrt. Dann kam plötzlich Bewegung in ihn.
*
Die beiden Ereignisse passierten fast gleichzeitig.
Bwosy kündigte an, daß Mtary und Gmonety mit vierzig Gish an Bord der ODIN kommen würden. Und Mariaan ten Segura meldete von Shaft, daß Mila und Voltago aus dem Schacht
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