1670 - Der Psychonauten-Gott
einer mit grauen Platten belegten Fläche, die etwas tiefer lag, sodass wir eine Stufe hinabgehen mussten.
»Auch wenn ich von dieser Uschi Werner über Dagmar nichts erfahren habe, glaube ich fest daran, dass sie sich hier irgendwo aufhält. Das sieht alles toll aus, aber für mich ist das die reine Tünche. Hinter der strahlenden Heiterkeit verbirgt sich das Grauen. Ich glaube nicht, dass diese Patienten zuvor in alles eingeweiht wurden. Sie kommen als normale Menschen her und werden als was entlassen?«
»Keine Ahnung.«
»Genau, John. Aber das werden wir ändern.«
Wir hatten die Terrasse erreicht, auf der niemand saß. Leere Stühle, leere Tische. Wir gingen auf die Tür zu, die uns ins Haus bringen sollte.
Sie war nicht geschlossen. Ein Keil hielt sie offen. Durch die große Scheibe schauten wir in das Innere des Hauses. Da sahen wir so etwas wie einen Aufenthaltsraum. Regale standen an den Wänden. Sie waren mit Büchern gefüllt und bequeme Sessel luden zum Verweilen ein.
Wir gingen hinein und waren von einer tiefen Stille umgeben. Hier war es kühler als im Freien. Die Bücher interessierten uns nicht. Dafür der Weg zum anderen Ausgang. Auch dort gab es eine Tür, die nicht verschlossen war. Ich hatte sie zuerst erreicht und warf einen Blick durch den Spalt. Ein Gang lag vor mir. Alles sehr hell. Kacheln an den Wänden und auch Fliesen auf dem Boden, von denen ein schwacher Grauschimmer abging.
Hinter mir stand Harry und wollte wissen, was ich entdeckt hatte. »Einen Flur.«
»Wo führt er hin?«
»Werden wir gleich sehen. Komm!«
Wir schlüpften in den Flur, der weiter vor uns eine Besonderheit aufwies. Es gab eine Treppe, die nach oben führte, aber wir entdeckten auch die matte Metalltür eines Lifts. Und der Gang führte an der Treppe vorbei. Er endete dort, wo Stufen begannen, über die wir in die unteren Regionen des Hauses gelangen konnten.
Ein Schild an der Wand wies daraufhin, wo dieser Weg endete. In die Wellness Oase.
»Ist das was für uns?«, fragte Harry.
»Ich denke schon.« Keller waren immer interessant. Egal, ob sie in eine Wellness Oase verwandelt worden waren oder aus düsteren Verliesen bestanden. Wir gingen Steinstufen hinab, und schon nach kurzer Zeit nahmen wir den typischen Geruch wahr, der all diesen Wellness-Tempeln zu eigen war. Es war auch nie kühl, sondern immer etwas schwül.
Zu hören war nichts. Offenbar hatte kein Gast Lust, sich in dieser Oase zu tummeln. Wir hörten kein Klatschen der Wellen und konnten uns am Ende der Treppe entscheiden, in welche Richtung wir gehen sollten. Rechts ging es zum Pool. Links zur Sauna und den Ruheräumen, die dazugehörten.
»Und jetzt, John? Sollen wir uns trennen?«
»Nein, nein, lass uns lieber zusammenbleiben.«
»Okay.«
Niemand hielt uns auf, dennoch hatte ich ein komisches Gefühl. Ich spürte das Kribbeln auf meinem Rücken, als ich den Blick durch den Raum schweifen ließ. Ein recht großer Pool lag vor uns. Keine Welle schwappte auf der glatten Oberfläche. Das Wasser hatte eine blaugrüne Farbe, die von den Fliesen stammte. An den Wänden sahen wir die in blassen Farben gemalten Motive aus der römischen Mythologie. An einer Seite des Pools standen die Ruhebänke dicht nebeneinander. Dicke Handtücher lagen darauf. Badeschlappen standen bereit. Ein schmaler Durchgang führte zu den Duschen.
»Ich denke, wir sollten nach oben fahren. Hier finden wir keinen Professor.«
»Das denke ich auch.«
Und dann geschah etwas, womit keiner von uns gerechnet hatte. Hinter uns hörten wir leise Schritte. Wir drehten uns um und sahen zwei in Weiß gekleidete Männer auf uns zukommen. Sie wirkten wie Schwimmlehrer, aber das waren sie bestimmt nicht, da musste ich nur in ihre Gesichter schauen, und zugleich trat etwas ein, womit ich nun wirklich nicht gerechnet hatte.
Mein Kreuz meldete sich!
Vorbei war es mit der Lockerheit. Ich stand voll unter Spannung, sagte aber nichts, sondern ließ die beiden Männer näher kommen.
»Die sehen aus, als könnten sie keinen Spaß vertragen«, flüsterte mir Harry zu.
»Womit du wohl recht hast.«
Die beiden gingen leicht schaukelnd, als könnten sie vor lauter Kraft kaum laufen. Weiße Shirts, weiße Hosen, weiße Schuhe, so sah ihr uniformiertes Outfit aus. Dann blieben sie stehen. Natürlich nicht weit von uns entfernt. Sie verschränkten die Arme vor der Brust, und diese Haltung bewies uns, dass sie uns den Weg versperren wollten.
Sonnenbraune Gesichter. Augen, deren Pupillen
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