1670 - Der Psychonauten-Gott
ihr nichts anderes übrig geblieben, und so wartete sie darauf, was passieren würde.
Der leichte Druck hinter ihrer Stirn, wollte nicht weichen. Es war immer vorhanden und erinnerte sie an das, was geschehen war und was ihr noch bevorstand. Sie wollte nicht glauben, dass bereits das Ende der Fahnenstange erreicht war. Es ging weiter. Dieser Professor hatte etwas mit ihr vor. Zwar hatte er nicht genau gesagt, was sie erwartete, doch den Psychonauten-Gott hatte er nicht unerwähnt gelassen. Gott? Nein, eher ein Götze!
Dagmar hatte ihn einmal im Spiegel gesehen, und diesen Anblick würde sie nicht vergessen. Dieses kalte metallische Gesicht, die beiden bösen normalen Augen, zu dem das dritte, das kalte, das alles beherrschende Auge noch hinzukam. Es war nicht mit dem dritten Auge zu vergleichen, mit dem sie bestückt war. Das Auge des Götzen war anders. Es vereinigte das Böse einer alten Epoche und auch ein schon unheimliches Wissen. Sie wusste nicht, wo sich der Götze befand. Vielleicht schwebte er irgendwo zwischen Raum und Zeit, und dieser Professor hatte den Weg gefunden, zu ihm zu gelangen.
Es ging Dagmar Hansen körperlich nicht schlecht. Essen und Trinken standen bereit. Sie konnte nur das Zimmer mit den schrägen Wänden nicht verlassen, das über der dritten Etage unter dem Dach lag.
Das Fenster ließ sich nicht öffnen. Und außen vor der Scheibe standen zudem noch drei Stäbe. So war sie zu einer Gefangenen im goldenen Käfig geworden. Immer wieder hatte sie hinausgeschaut und die Elbe gesehen, die sich wie ein graues Band durch das Flussbett in Richtung Nordsee wälzte. Der Fluss bedeutete die Freiheit, die sie leider nicht hatte.
Allerdings war ihr auch klar, dass ihr Partner Harry nicht aufgeben würde, nach ihr zu suchen. Klar, er war verzweifelt, aber sie wusste auch, dass er es schaffte, seine Verzweiflung abzuschütteln und wieder normal zu denken.
Harry hatte Freunde, auch wenn sie im Ausland lebten. Aber es gab da einen John Sinclair, und sie ging davon aus, dass Harry ihn alarmieren würde. Es kam nur darauf an, dass sie schnell genug waren, bevor die große Sitzung begann, die der Professor durchführen wollte.
Das alles würde hier im Haus stattfinden, wobei Dagmar nicht wusste, wie es wirklich hier aussah. Auch von ihrem Leidensgenossen, einem Pfarrer, hatte sie nichts mehr gesehen, und das bedrückte sie schon.
Es gab eine Tür, die hatte von innen zwar eine Klinke, ließ sich aber nicht öffnen, weil sie verschlossen war. Das hatte Dagmar schon einige Male ausprobiert. Doch jetzt wurde sie geöffnet. Dagmar, die in einem Sessel nahe des Fensters gesessen hatte, nahm eine gespannte Haltung an, als jemand die Tür aufstieß. Es war Gerd Olsen.
Der Mann, der fast so aussah wie der Schauspieler Hugh Grant und mit seinem Charme sicherlich viele Menschen bezauberte. Der allerdings auch ein anderes Gesicht hatte, und das hatte Dagmar leider kennengelernt.
Auch jetzt lächelte er nicht, als er in Begleitung einer seiner Leute den Raum betrat. Der Mann trug weiße Kleidung und sah aus wie jemand, der in einem Wellness-Hotel seinem Job nachging. Er blieb hinter dem Professor an der Tür stehen. Gerd Olsen hatte nichts gesagt. Er war eingetreten und kam sofort danach auf Dagmar zu.
Die schaute ihn an, wollte auch eine Frage stellen, aber der Schlag war schneller. Damit hatte sie nicht gerechnet. Die flache Hand klatschte gegen ihre linke Wange und schleuderte sie nach rechts. So heftig, dass sie beinahe über die Sessellehne gekippt wäre.
Sie war völlig perplex, denn mit einer solchen Aktion hatte sie nicht gerechnet. Ihre Wange brannte, als würden Feuerzungen darüber hinweg streichen. Dagmar presste die Lippen zusammen, um einen Schrei zu unterdrücken. Diese Blöße wollte sie sich dem Mann gegenüber nicht geben. Dagmar bewegte sich langsam, um wieder zurück in die normale Sitzposition zu gelangen. Durch den Schlag war ihre Sicht ein wenig unscharf geworden. Es lag am Tränenwasser, das in ihre Augen getreten war. Gerd Olsen stand vor ihr.
Er war der Chef, der Boss, und das drückte auch seine Haltung aus. Die Arme hatte er angewinkelt und die Fäuste in die Seiten gestemmt. Sein Blick war eisig, mit dem er Dagmar betrachtete, die spürte, dass allmählich so etwas wie ein Gefühl des Hasses in ihr hochstieg.
Dagmar griff ohne Vorwarnung an.
Der Mann stand nahe genug, um ihm eine Faust in den Unterleib rammen zu können. Damit hatte er nicht gerechnet. Dagmar traf die
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