1670 - Der Psychonauten-Gott
denke da an einen Geistlichen aus Bayern und an eine junge rothaarige Frau, die…«
»Ja!«
Nach diesem einen Wort standen wir wie auf dem Sprung. Das merkte die Frau. Sie ließ sich etwas Zeit mit der konkreten Antwort. »Sie haben recht, meine Herren, ich habe hier wirklich einen Priester gesehen, aber nicht gewusst, dass er die Klinik besuchen Will. Ich dachte mir, dass er gerufen worden war, weil es einem Patienten schlecht ging. So etwas passiert schon mal.«
»Aber Ihnen geht es gut?«
Sie nickte mir zu. »Das sehen Sie doch. Ich heiße übrigens Uschi Werner.«
Unsere Namen wollte sie gar nicht wissen. Ich tat ihr gegenüber verwundert. »Wenn es Ihnen doch so gut geht, warum sind Sie dann hier?«
»Weil ich neue Erfahrungen sammeln möchte. Tiefenpsychologie, verstehen Sie?«
»Nicht wirklich.«
»Es ist auch nicht leicht zu erklären, aber wer hier ist, der kann erfahren, dass die Vergangenheit viel für ihn bereithält. Dass die Menschen damals viel schlauer gewesen sind und dass ihr Wissen leider verkrüppelt ist.«
»Und das soll wieder hervorgeholt werden?«
»Genau. Aber so weit seid ihr noch nicht.«
»Gibt es auch ein Ziel?«
»Ja.« Plötzlich überzog sich ihr Gesicht mit einer leichten Röte. »Wir arbeiten darauf hin, unser drittes Auge zurückzubekommen. Das ist der Grund unseres Hierseins.«
Eigentlich brauchte diese Uschi Werner nichts mehr zu erklären. Wenn wir bisher daran gezweifelt hatten, den richtigen Weg zu gehen, dann hatten wir jetzt die Bestätigung.
»Dann bedanke ich mich bei Ihnen für die Auskünfte«, erklärte Harry so charmant wie möglich.
Die Frau bedachte ihn mit einem Augenaufschlag. »Wieso bedanken? Sie sind doch auch hier, um neue Wege zu finden, denke ich.«
»Ja, das schon«, gab Harry zu, »aber wir stehen erst am Beginn und wollen uns mit dem Professor über Einzelheiten unterhalten. Es ist ja doch ein gewagter Schritt. Da hat man das Gefühl, das normale Leben zu verlassen.«
»Das stimmt, Herr - ahm -Herr…«
»Mein Name ist Stahl - Harry Stahl.«
Frau Werner fing an zu kichern. Dann sagte sie: »Pardon, aber das hat sich beinahe angehört wie Bond -James Bond.«
»Die Rolle hat man mir leider nicht angeboten.« Harry sprach noch weiter, was mich nicht beeindruckte. Ich hatte Zeit, mich ein wenig umzuschauen, sodass es nicht auffiel. Die im Freien sitzenden Menschen erweckten nicht unbedingt mein Interesse. Zudem hatte ich sie schon gesehen. Die Balkone an der Rückseite waren interessanter. Weiß gestrichen, vom hellen Licht erfasst, konnte man den Eindruck bekommen, in einem Mittelmeerland zu sein. Wer hier lebte, der sah auf der einen Seite zum Fluss hin und auf der anderen in den Garten.
Einige Male war mir schon das Blitzen aufgefallen. Hin und wieder war es aufgezuckt, und dafür gab es nur eine Erklärung. Da mussten die Strahlen der Sonne auf etwas Helles,, Gläsernes gefallen sein. Allerdings ging ich nicht von einer Fensterscheibe aus, denn die bewegte sich nicht. Es war durchaus möglich, dass auf dem Balkon jemand stand, der ein Fernglas vor seine Augen hielt und in den Garten schaute. Unser Besuch schien aufgefallen zu sein.
»Und Sie meinen, dass wir mit dem Professor sprechen können?«, fragte Harry noch mal.
»Ich denke schon, er ist ein offener Mensch. Im Moment haben wir Zeit. Erst in einigen Stunden werden wir uns versammeln und gemeinsam versuchen, uns an das dritte Auge zu erinnern.« Sie fixierte unsere Stirnen. »Auch wenn es nicht so aussieht, meine Herren, denken Sie daran, dass auch hinter Ihren Stirnen das uralte Geheimnis verborgen liegt. Machen Sie den Test. Stellen Sie sich dem, der mehr weiß.«
»Sie meinen den Professor?«
»Auch.«
Harry runzelte die Stirn. »Was meinen Sie damit? Gibt es noch jemand anderen?«
Uschi Werner legte den Kopf zurück und lachte. »Lassen Sie sich überraschen.«
»Denke, das werden wir auch.«
Es war genug gesagt worden. Wir verabschiedeten uns von der auskunftsfreudigen Frau und machten uns wieder auf den Weg. Allerdings gingen wir nicht zu unserem Wagen zurück. Hätten wir das getan, dann hätte der Besuch hier keinen Sinn gehabt. Für uns war wichtiger, an unser Ziel zu gelangen, und das hieß Gerd Olsen. Durch den normalen Eingang hatten wir das Haus nicht betreten können. Wir gingen allerdings davon aus, dass es noch einen zweiten hier an der Rückseite gab. Der Weg, der über den Rasen führte, war nicht zu übersehen. Es war auch zu sehen, wo er endete. An
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