1671 - Chaos-Kämpfer
Krücke aus meiner Zeit nicht zu vergleichen. Ein starker Ast, dessen oberes Ende breiter war, sodass sich der alte Mann dort abstützen konnte. Ich half ihm aus dem Bett. Sein Fuß war nackt, was er auch nicht ändern wollte. Die Gehhilfe reichte bis unter seine Achselhöhle. Einen Meter konnte er sich so bewegen, das war es dann auch.
In diesem Fall war er nicht allein. Ich stützte ihn, und er wollte wissen, wohin wir gingen.
»Ich dachte an die Tür…«
»Ja, das ist gut.«
Ich schleppte ihn weiter. Die Haustür hatte ich nicht ganz zugezogen und hätte sie ihm gern geöffnet, wenn er sich nicht umgedreht und gegen die Wand gelehnt hätte.
»Was ist los?«
Sein Blick flackerte. »Sie sind da!«
»Die Chaos-Kämpfer?«
»Ja, die Gespenster und Geister.«
Ich konnte es noch nicht recht glauben, aber ich hörte Sekunden später den Schrei und wusste, dass sich Dan Santos in Schwierigkeiten befand…
***
Dan Santos hatte sich in seinen BMW zurückgezogen, aber das war nicht mit dem Rückzug der Schnecke in ihr Gehäuse zu vergleichen. Diese Sicherheit gab ihm das Auto nicht. Zudem war es kein fester Kasten, sondern eine Karosserie mit viel Glas, was leichter zu zerstören war als ein Schutz aus Metall. Santos schwitzte. Er sprach mit sich selbst. Er zitterte am ganzen Leib. Er wusste auch nicht, wohin er schauen sollte. Seine Angreifer hatten ihn regelrecht umzingelt. Sie glitten um den BMW herum und er sah sie zwar als Geistwesen oder Gespenster, aber sie waren so unheimlich deutlich vorhanden.
Ihre Gesichter waren nicht als normal menschlich anzusehen. Von ihnen strahlte etwas ab, das einem Angst einjagen konnte. Immer wieder huschten sie auf den Wagen zu. Sie prallten gegen ihn, ohne dass er etwas hörte. Dann wichen sie wieder zurück, um sich erneut zu formieren.
Es war eine wilde Jagd, die den Wagen umwirbelte. Er hatte den Eindruck, einen wahren Sturmwind zu erleben, und er fragte sich, wie lange er das noch durchhalten konnte, bevor die andere Seite ihn endgültig hatte. Irgendwann würden sie es schaffen, die Scheiben einzuschlagen, dann war es mit ihm vorbei.
Fratzen von Männern und Frauen fuhren auf die Scheiben zu. Waffen wurden gezückt und damit zugestoßen. Zum Glück befanden sie sich noch in einem anderen Zustand, aber das musste auch nicht für immer so bleiben.
Nicht nur an seinem Auto waren sie interessiert. Sie huschten auch über die Straße oder glitten sogar an den schiefen Wänden der Häuser hoch.
Und wo steckte Sinclair?
Das war die Frage, die er sich immer drängender stellte. Er hätte schon längst zurück sein müssen. Stattdessen hielt er sich in dem einen Haus auf, als wäre das was Besonderes. Allmählich dachte er immer stärker daran, dass es letztendlich um ihn ging. Und wenn er noch eine Chance haben wollte, dann musste er weg. Er atmete heftig. Sein Herz schlug wie verrückt. Es gab keine Stelle mehr an seinem Körper, die nicht von einem Schweißfilm bedeckt war.
Fliehen oder nicht?
Er wäre geflohen, aber dann fing er an, logisch zu denken, auch wenn es ihm schwerfiel. Was hätte er durch die Flucht gewonnen? Nichts, denn er wäre weiterhin in dieser Zeit geblieben, und sich das vorzustellen war für ihn grauenhaft. Nein, dann lieber die andere Möglichkeit. Es brachte ihm nichts ein, wenn er näher an das Haus heranfuhr. Sinclair würde ihn auch von seinem Standort aus hören können. Es kostete ihn schon eine gewisse Überwindung, in einer derartigen Lage die Seitenscheiben nach unten fahren zu lassen. Damit bot er den Gestalten einen Zugang ins Innere des Wagens, aber das war ihm egal.
Die Scheibe sirrte nach unten. Er stoppte sie auf der Hälfte, sah die Gestalten auf sie zufliegen und schrie so laut er konnte in die Stille hinein…
***
Der Schrei war für mich das Alarmsignal, mich um Dan Santos zu kümmern. Ich war nahe an der Tür, riss sie auf und ließ den alten Mann mit seiner Krücke allein. Ich rannte nach draußen.
Natürlich war es noch immer dunkel. So schnell ging die Nacht nicht vorbei. Doch jetzt war sie voller Leben, wenn man das so sagen konnte. Ich sah die Gestalten, die ich schon aus dem Restaurant her kannte, und sie hatten es tatsächlich auf meinen Begleiter abgesehen. Um sich bemerkbar zu machen, hatte er eine Scheibe nach unten fahren lassen, und ich sah, dass sich das Zentrum des Kampfes beim BMW befand.
Die feinstofflichen Gestalten umkreisten der Wagen. Sie sahen schrecklich aus. Das waren Menschen, denen man das
Weitere Kostenlose Bücher