1677 - Durchgang zur Spiegelwelt
nicht?" fragte Nadja aufsässig. „Du bist nicht unser Kommandant."
„Ich habe Gründe. Etwas stimmt hier nicht."
„Das ist reichlich schwach. Du mußt mich sowieso irgendwo absetzen, damit du mit Mila die Spindel bergen kannst."
„Ja. Ich orte dimensionale Verzerrungen. Das hier... Nummer dreizehn ist kein Planet im üblichen Sinn. Es handelt sich vielmehr um die Spiegelung vieler Orte des Universums."
Was für ein Unsinn. Er glaubt wohl, daß er uns mit Phrasen abspeisen kann. „Haltet euch fest. Wir tun jetzt den ersten Schritt. Auf Nummer dreizehn ist der längste Weg genausoweit wie der kürzeste. Ihr könnt jeden Ort mit einem einzigen Schritt erreichen. Deshalb warne ich euch: keine Alleingänge!"
„Wir bleiben bei dir", versicherte Mila.
Ja, bleib du nur bei deinem Kyberklon. Genieße du nur deine Unabhängigkeit.
Voltago zog sie einen einzigen Schritt weit mit sich. Und von einer Sekunde zur anderen verschwand die Bodenvertiefung. Sie kamen erneut inmitten einer Senke heraus, so, wie wahrscheinlich jeder Ort auf Dreizehn als der Grund einer Senke erschien.
Am Berghang öffnete sich eine Art Sichtfenster, eine Schneise, die den Blick in eine wundervolle grüne Landschaft freigab. Diesmal fand Nadja Zeit, den Anblick in sich aufzunehmen. Kein Gelee über den Pupillen, kein Verschwimmen gegen das Licht.
Ein faszinierend schöner Park.
Nadja hatte selten solche Ästhetik gesehen und nie vorher den Drang verspürt, daß sie unbedingt die Gärtner kennenlernen müßte. Wenn es sich überhaupt um einen Garten handelte, wenn nicht alles Natur war. Im Hintergrund, kilometerweit entfernt, öffnete sich die Hufeisenform einer leeren Stadt. Und die Öffnung wiederum deutete auf das einzige Gebäude, das sie genau erkennen konnte. Es paßte nicht in diese Landschaft. Nadja starrte das Ding lange an, weil sie zu spüren glaubte, daß sich tote Seelen durch das Material bewegten, daß der Stahl selbst lebendig war und sie anschaute. Über die Dimensionen hinweg, vielleicht aus einer unbekannten Zeit. „Unsinn ...", murmelte sie kaum hörbar. „Das kann nicht wahr sein..."
Das Gebäude leuchtete aus sich selbst heraus. Es ähnelte einem halbierten, riesenhaften Ei, war bestimmt über 150 Meter hoch und verdunkelte die Sonne. Die Sonne! Ich kann die Korona sehen! So kommt also das Licht in diesen Hohlplaneten. „Was soll das sein?" fragte Mila mit Respekt in der Stimme. „Der Dom Kesdschan", antwortete der Kyberklon. Seine nachtschwarze Gestalt stand ohne Bewegung da. „Eine Spiegelung vom Planeten Khrat, aus der Galaxis Norgan-Tur. Ich wollte, ich könnte einen einzigen Schritt tun und wäre dort. Im Inneren des Doms hat Perry Rhodan damals seine Ritterweihe erhalten."
Nadja hielt sekundenlang den Atem an. Es gab nicht viele Menschen, die jemals vom Planeten Khrat gehört hatten, doch sie gehörte ebenso wie ihre Schwester dazu. Unzählige Lügen und Legenden rankten sich um den Dom Kesdschan. In Wahrheit wußte niemand, wozu der Dom den Kosmokraten wirklich diente. Außer als Instrument, mit dem befreundeten Wesen und Superintelligenzen gewisse Machtmittel zur Verfügung gestellt wurden. „Es ist, als wäre dieses Bauwerk lebendig", flüsterte sie. „Ich spüre es. -Du auch, Mila?"
„Ja..."
„Was ihr spürt, sind die Seelen der gestorbenen Ritter. Wann immer ein Ritter der Tiefe das Leben verliert, geht er als Bewußtsein in den Dom ein. Egal, wo er stirbt, selbst wenn es eine Milliarde Lichtjahre entfernt ist. Eines Tages 'kommen auch Atlan und Perry Rhodan her."
„Ist es möglich, näher hinzugehen?"
„Nein!"
Voltago wandte sich mit einem heftigen Ruck ab. Es war das erstemal, daß er fast so etwas wie Gefühl zeigte. „Ich und Mila bergen jetzt die Spindel. Denken wir daran, daß wir auf Noman erwartet werden. Du, Nadja, bewegst dich um keinen Preis von der Stelle."
„Schon gut."
Nadja ließ Voltagos Hand los, während Mila fester zugriff. Und dann taten die beiden einen einzigen Schritt. Sie waren verschwunden. Viereinhalb Minuten, Schwester. Seht zu, daß ihr euer Pyramidenprisma bergt.
Nadja starrte durch die Schneise auf den Dom, dann wieder auf die geordnete Parklandschaft des Planeten. Aus der weit entfernten Stadt, das sah sie plötzlich, bewegte sich eine Prozession von etwa hundert Wesen auf den Dom Kesdschan zu. Die meisten waren humanoid, doch es befanden sich auch viele darunter, die auf ein menschliches Auge völlig fremd wirkten.
Nadja spürte, daß etwas den Stahl
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