1678 - Das Selbstmord-Haus
seid ihr ja wieder.«
Mit diesen Worten empfing uns Glenda Perkins und hörte auch Sukos Antwort.
»Wieso? Hat man uns vermisst?«
»Ja!« Sie nickte uns zu. »Aber nicht ich, sondern Sir James.«
»Er hätte uns auch über Handy anrufen können«, beschwerte ich mich.
»Es ist wohl sehr wichtig.«
»Okay, dann gehen wir zu ihm.«
Diesmal nahm ich mir keinen Kaffee mit, sondern eine Flasche Wasser, die ich aus dem kleinen Kühlschrank holte, der ebenfalls im Vorzimmer stand. Sir James stand am Fenster, als wir sein Büro betraten. Er drehte sich langsam um und meinte: »Da sind Sie ja endlich.«
»Sorry, Sir, aber der Verkehr…«
»Geschenkt, John.«
Zu dritt nahmen wir Platz. Dann sagte unser Chef: »Ich habe Sie beide bewusst nicht unterwegs angerufen, weil ich die Dinge persönlich mit Ihnen besprechen möchte.« Er rückte mal wieder seine Brille zurecht und richtete den Blick auf uns. »Ich habe recherchiert und bin auch erfolgreich gewesen. Allerdings auf einem niedrigen Level.«
»Macht nichts, Sir. Wir wissen noch weniger.«
Der Superintendent ging auf meine Bemerkung nicht ein. »Es ist Folgendes«, sagte er, »dieser Ray Silver war für uns kein Unbekannter. Man kann ihn als einen Söldner im weitesten Sinne betrachten. Sie können ihn praktisch mieten. Er ist ein Mann für spezielle Fälle. Einer, der Probleme aus dem Weg räumt.«
»Mit Gewalt?«
»Davon gehe ich aus. Er stand zweimal unter Mordverdacht. Man konnte ihm nichts nachweisen, und so wurde er freigesprochen.«
»Ist er in diesem Fall denn eine Spur, durch die wir dem Tempel näher kommen?«, fragte Suko.
»Nein, das leider nicht. In unseren elektronischen Akten steht nichts über einen Job, den er angenommen hat. Das ist ein Schlag ins Wasser gewesen.«
»Und was haben Ihre weiteren Nachforschungen ergeben?«, wollte ich wissen. »Sie haben von den Bankern gesprochen und…«
»Ja, das habe ich, John. Und ich habe mich auch bemüht.« Er rückte seine Brille wieder in die richtige Position. »Aber es ist sehr kompliziert gewesen.«
»Warum?«
Er räusperte sich. »Ich habe mit zwei meiner Bekannten aus dem Klub gesprochen. Man kann sich mit ihnen über gewisse Dinge gut unterhalten, aber über ein bestimmtes Thema wollten sie nicht reden.«
»Sie meinen die Selbstmorde?«
»So ist es, John.«
»Und?«
Sir James schüttelte den Kopf. »Sie waren ihnen nicht unbekannt, aber über Hintergründe war man angeblich nicht informiert. Das wurde als sehr privat eingestuft. Man wies auch auf Fehlspekulationen hin, die sie zu einer derartigen Tat gezwungen haben könnten.«
Ich übernahm wieder das Wort. »Dabei hatte ich Ihnen doch von diesem Tempel erzählt. Haben Sie danach gefragt?«
»Ja.«
»Und welche Antworten wurden gegeben?«
»Keine. Von einem derartigen Tempel hatte niemand etwas gehört. Ob das stimmt, kann ich nicht sagen. Die Banker sind eine abgeschottete Gemeinschaft. Die City kapselt sich ab. Nur nichts nach außen dringen lassen, das das Image noch mehr belastet.«
Ich nickte und meinte: »Dann müssen wir mal nachdenken.«
Darauf gab mir Sir James eine andere Antwort. »Das werde ich auch tun. Ich habe mich über die Abfuhren geärgert. Ich werde jedenfalls nicht so leicht aufgeben. Ich bin überzeugt, dass mehr hinter diesen Selbstmorden steckt als nur ein Bankencrash. Das hat vielleicht gewisse Dinge beschleunigt, aber irgendwo im Hintergrund lauert bestimmt noch eine andere Macht.«
Dem konnten wir nicht widersprechen. Sir James wollte von uns wissen, welche Ideen wir hatten, und diesmal sprach Suko.
»Im Moment keine konkreten.«
»Das hört sich nicht gut an.«
»Sicher. Wir hatten uns auf diesen Silver verlassen. Das war ein Fehlschuss, und es kommt nun darauf an, dass wir diesen Tempel finden, von dem gesprochen wurde. Wir haben keine Ahnung, wo wir mit der Suche überhaupt anfangen sollen.«
»Das kann ich nachvollziehen.«
Suko winkte ab. »Wir werden den Tempel finden. Außerdem gibt es noch die Conollys. Sie suchen ebenfalls nach einer Spur. Bill hat ja auch gute Beziehungen, das wissen wir. Es kann sein, dass man sich ihm öffnet.«
»Das wäre zu wünschen.« Sir James schlug leicht mit der Handfläche auf den Schreibtisch. »Jedenfalls wünsche ich mir, dass dieser Fall aufgeklärt wird. Die normalen Kollegen kümmern sich nicht mehr darum.« Er lächelte. »Warum auch? Es sind ja nur Selbstmorde gewesen. Da muss man nicht nachforschen.«
Sir James war sauer, das sahen wir ihm an.
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