1678 - Im Brennpunkt der Spindeln
auch auf eine Kommunikation mit dem Nakken in seinem Dreizackschiff.
Sie huschte zu Kallia Nedrun hinüber, die diesmal ohne ihren Mann zugegen war. Myles nahm an einer Besprechung der Expeditionsleitung drüben in der BASIS teil. „Hast du schon einmal Angst gehabt?" fragte sie Kallia. Die Frau bestätigte, doch Mila fühlte sich mißverstanden. „Ich meine, nicht Angst, daß etwas schiefgehen könnte oder Angst wegen eines angreifenden Gegners. Es ist eine tiefere Angst, von der ich spreche." Sie schloß die Augen. „Bitte sei nicht böse. Aber da ist etwas, was mir angst macht. Was geschieht, wenn die Strukturen eine optimale Konstellation erhalten? Wenn die fünfdimensionalen Komponenten exakt zueinanderpassen? Stülpt sich dann die Große Leere über uns und unser ganzes bekanntes Universum und verdammt uns ebenfalls zur Leere? Leisten wir dem Verhängnis Vorschub, wovor die Wächter der Endlosen Grenze uns warnen?"
„Wir wissen es nicht. Aber darüber wird in der BASIS gerade diskutiert. Wenn du willst, dann warten wir das Ergebnis hier an Bord der LAMCIA ab."
„Einverstanden. Ich sage nur schnell meiner Schwester Bescheid."
Nadja blieb an Bord der Space-Jet und hielt sich zur Verfügung. Mila aber stand und saß abwechselnd. Sie ließ nicht erkennen, was sie dachte. Ihr Gesicht blieb verschlossen, aber sie beobachtete aufmerksam das Hologramm auf der rechten Seite der Zentralmulde, das die BASIS und die beleuchtete Oberseite des Diskus zeigte.
Als sich über dem Trägerschiff zusätzlich zu der HÜ-Staffel plötzlich das blaue Leuchten des Paratron-Schirmes zeigte, sprang Mila auf. „Schade", meinte sie. „Ich hätte es mir denken können. Voltago, du hast recht. Niemand ist bereit, ein Risiko einzugehen. Vielleicht ist es besser so."
Sie wollte mit hängendem Kopf zum Tunnel gehen, aber Kallia Nedrun hielt sie zurück. „Mila, du täuschst dich. Es ist genau das Gegenteil. Harold Nyman gibt dir mit dem Einschalten des Paratronschirms zu verstehen, daß die Expeditionsleitung und die Schiffsführung mit einer Fortsetzung des Experiments einverstanden sind."
Die junge Frau schubste Kallia von sich weg und kehrte zu ihrem ursprünglichen Platz zurück. „Also doch, dann frisch ans Werk", murmelte sie. „Nadja, ich weiß, daß du mich hörst. Alles wie bisher. Haluter, hört auf meine Anweisungen. Arcoana, haltet den Rechner bereit. Voltago? „ Der Kyberklon reagierte nicht. „Voltago?"
„Ich bin immer bei dir, Mila", klang es dumpf aus der Höhe. „Bist du nicht müde?"
Sie schüttelte trotzig den Kopf und konnte es kaum erwarten, daß die Space-Jet sich wieder entfernte und ihr die Möglichkeit gab, ihre Fähigkeit des Sehens von beiden Seiten anzuwenden.
Wieder verlor sie den Bezug zu ihrer Umgebung und registrierte nur die Spindeln, dazu das, was sie beinhalteten.
Und wieder unternahmen die Haluter auf ihre Anweisung hin eine Rochade, dann noch eine und dann eine dritte. Mila blieb dabei. Sie ließ immer die volle Zeit von viereinhalb Minuten verstreichen. Sie beobachtete und tastete sich mit ihrem Parasinn an die Veränderungen heran.
Ihr Mund sprudelte plötzlich eine endlos scheinende Reihe von Anweisungen hervor, und das Klappern von Colounshabas Kammklauen auf Pogeum steigerte sich zum rasenden Stakkato.
Niemand störte es, keiner nahm es wahr. Nicht einmal die Rückkehr von Myles Kantor fiel auf.
Schwester, ich spüre, der Zeitpunkt ist gekommen. Gib acht. Ich brauche jetzt viel Zeit. Gib sie mir!
Die Space-Jet kehrte zurück und gewährte ihr eine Erholungspause von zehn Minuten. Dann schickte Mila sie wieder auf den Weg.
Die Spindeln rochierten erneut, zwei weitere Umgruppierungen folgten. „Ja, so ist es gut. Icho, Koul, seht euch vor. Zieht euch zurück. Niemand weiß, was geschieht.
Colounshaba, nimm die LAMCIA in den Hyperraum, wenn du eine Gefahr siehst. Ich kann nichts gegen das tun, was sich draußen möglicherweise entwickelt. Voltago, warum sagst du nichts? Spürst du keine Bedrohung?"
Der Hyperclon schwieg. „Die optimale Konstellation. Ich weiß es, sehe es ganz deutlich. Colounshaba, rechne, was das Zeug hält. Nadja, noch einmal Pause. Und dann zum letzten Mal!"
Auf ihrer Stirn hatte sich Schweiß gebildet. Er rann über ihr Gesicht und an den Schläfen hinab zum Hals. Er bildete einen feuchten Rand am Kragen ihres Hemdes.
Sie stand verkrampft da, und ihre Halsmuskeln zuckten. „Ja", kam es über Milas Lippen. „Ich sehe sie. Sie sind vollkommen klar
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