1680 - Gedanken des Grauens
sein, dass dieses alte Fundstück schon eine gewisse Rolle spielt.«
Der Professor schüttelte den Kopf und hob die Schultern an. Dann fand er seine Stimme wieder.
»Sie haben sich das gut überlegt?«
»Haben wir«, bestätigte Suko.
Noch zeigte Sanders eine gewisse Unsicherheit. Oder auch Nervosität. Er schluckte, ohne zu trinken. Er stand auf und es war zu sehen, dass er leicht zitterte.
»Wovor fürchten Sie sich?«, fragte ich ihn.
»Vor ihm.«
»Aber es ist nur ein Skelettschädel.«
»Ja, das weiß ich. Für mich ist er mehr. Es steckt etwas in ihm. Für mich ist oder hat er eine Botschaft, die allerdings nicht positiv ist.«
»Dann macht er Ihnen Angst?«
»Ja, Mr Sinclair, das macht er. Ich habe vor diesem toten Gegenstand Angst. Das ist so und dagegen kann ich leider nichts tun. Es ist möglich, dass auch Sie so etwas erleben werden. Das nur als eine Warnung.«
»Dennoch möchten wir das Fundstück gern sehen.«
»Ja, kommen Sie mit. Ich habe ihn nicht hier, sondern in einem Nebenraum.«
Der Professor schritt vor. Er ging langsam und leicht nach vorn gebeugt. Dabei starrte er gegen den Boden, als wäre er dabei, etwas zu suchen.
Die Tür, durch die wir gehen mussten, hatten wir zuvor nicht gesehen. Sie war recht schmal und musste von Sanders erst aufgeschlossen werden. Dahinter lag ein Raum ohne Fenster. Sanders schaltete das Licht ein, um die Dunkelheit zu vertreiben. Es gab nur einen Gegenstand, auf den unsere Blicke fielen. Das war ein Schrank, in dem normalerweise Kleidungsstücke hingen. Der Schlüssel lag auf dem Schrankdach. Jedenfalls griff der Professor dorthin, fand aber nicht das Gesuchte. Mit einer scharfen Bewegung drehte er sich zu uns um.
»Der Schlüssel ist weg!«, flüsterte er. »Immer hat er hier gelegen, doch jetzt finde ich ihn nicht mehr.«
»Haben Sie ihn vielleicht woanders hingelegt?«
»Nein, bestimmt nicht.«
Er wirkte ratlos. Ich ging auf ihn zu und drückte ihn etwas zur Seite. Dann schaute ich mir die Tür des Schrankes genauer an und stellte schnell fest, dass sie nicht abgeschlossen war.
Ohne Sanders zuvor zu informieren, zog ich die Tür auf. So war unser Blick in den Schrank frei.
Es war nur ein Regal zu sehen. Auf ihm hätte der Schädel liegen müssen, davon ging ich aus.
Er lag nicht mehr dort.
Das Regal war leer.
Jemand hatte das Fundstück gestohlen!
***
Das sah nicht nur ich, sondern auch Suko und der Professor, dem ich einen Blick zuwarf. Er blieb länger auf dem Mann haften, weil ich wissen wollte, ob Sanders wirklich überrascht war oder nicht.
Er musste es sein. Er stand da, ohne sich zu bewegen. Dabei stierte er in den offenen Schrank und war nicht mal in der Läge, Luft zu holen.
»Nein«, flüsterte er nach einer Weile. »Nein, das kann nicht wahr sein. Das glaube ich nicht. Er - er - kann nicht weg sein, ich habe ihn immer dort liegen sehen.«
»Wann zum letzten Mal?«, fragte ich.
»Nun ja, das ist schon einige Tage her. Ich gehe ja nicht jeden Tag hin, um ihn mir anzuschauen. Hinzu kommt, dass es kein Vergnügen ist, ihm nahe zu kommen. Ich habe Ihnen ja von dieser Aura erzählt, und das will ich nicht oft erleben.«
Wir verstanden es. Es blieb leider eine Tatsache, dass der Schädel verschwunden war. Jemand hatte ihn mitgenommen, und so fragte ich den Professor: »Wer könnte den Schädel gestohlen haben? Kommt Ihnen ein Verdacht?«
»Nein.«
So leicht gab ich nicht auf. »Adam Brooks vielleicht?«
»Auf keinen Fall, der kommt nicht an den Schrank heran, weil er keinen Schlüssel besitzt. Überhaupt ist dieser Raum für ihn tabu.«
»Und was ist mit Elisa Bancroft?«
»Sie auch nicht. Da bin ich mir sicher. Für sie ist der Raum hier ebenfalls tabu. Sie arbeitet auf einem anderen Gebiet. Erledigt Sekretariatsarbeiten. Kümmert sich um den Papierkram, der bei Importen immer wieder anfällt. Die kann man vergessen.«
Ich gab noch nicht auf. »Wer kommt denn sonst noch infrage? Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?«
»Nur drei feste.«
»Auch diesen Ludwig?«
»Ja. Ihn setze ich für die groben Dinge ein. Er räumt auf, er packt Kisten aus. Er hält auch das Haus in Ordnung und ist so etwas wie ein Mädchen für alles. Zu den Exponaten hier hat er keinen Zutritt. Wenn mal sehr viel zu tun ist, unterstützen mich Studenten von der Uni. Ansonsten arbeite ich allein.«
»Gut. Dann müssen wir uns also damit abfinden, dass der Schädel gestohlen wurde. Ich nehme an, von einer Person, die über ihn informiert ist. Was
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