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1689 - Rendezvous auf Phegasta

Titel: 1689 - Rendezvous auf Phegasta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Fähigkeiten zur Verfügung stellten. „Sie haben andere Sitten als wir", antwortete er schließlich. „Aber sie sehen doch so aus wie ihr."
    Bull lächelte insgeheim. In Trajus wäre eine Welt zusammengebrochen, hätte er diese Worte gehört. Er war sehr stolz darauf, daß sich die Arkoniden im Aussehen von den Terranern unterschieden; er empfand die Terraner als häßlich und minderwertig, nicht so hoch entwickelt und ästhetisch wie die Arkoniden. Für Fünf und Sechs jedoch bestand kaum ein Unterschied; für sie waren alle humanoid. „Sie sehen zwar so aus wie wir, Fünf, aber sie leben ganz anders", sagte er. „Sie - nun, sie vertrauen mir nicht so sehr."
    „Was könntest du ihnen denn tun?" fragte Fünf. „Nichts", antwortete Bull wahrheitsgemäß. „Mach dir nicht zu viele Gedanken hierüber, Fünf, es ist für dich nur ein bedeutungsloses Ritual."
    „Es macht dir also nichts aus."
    „Nein." Das war gelogen. „Ich bin daran gewöhnt", fuhr Fünf fort. „Auf dem Raumfort habt ihr mich auch nie aus den Augen gelassen. Aber das war wohl, um mich zu beobachten."
    „Ganz genau."
    „Hier ist es genauso, und ich bemerke es kaum mehr. Es irritiert mich nur, weil du ebenfalls so behandelt wirst, obwohl du für sie uninteressant sein müßtest."
    „Aber ich war bei deiner Entstehung dabei."
    Darüber dachte Fünf eine Weile nach. „Und sie wollten dich nicht mitnehmen", sagte er dann. „Also bist du gar nicht als Freund hier, sondern als ..."
    „Ich sagte dir schon, daß du nicht darüber nachzudenken brauchst", unterbrach Bull. Es gefiel ihm nicht, zu welchen Schlüssen Fünf inzwischen von selbst kam, sobald er über ein Problem nachdachte. Wenn Trajus dahinterkam, würde das die Situation eventuell verschlechtern. „Es sind Rituale sehr alter Völker, die einfach beibehalten wurden, obwohl sie heute überholt sein mögen."
    „Aber..."
    „Fünf, bitte. Ich denke nicht darüber nach, also solltest auch du das nicht tun."
    „Ich halte es aber für wichtig." Fünf drehte den Kopf zu ihm und sah ihm voll in die Augen. „Alles, was mit dem Verhalten eines Menschen zu tun hat, interessiert mich."
    Bull begegnete offen dem seltsam funkelnden Blick aus den großen, vorstehenden Augen des Spindelwesens. Abgründe lagen hinter dem Grau dieser Augen, die sich täglich mehr auftaten und dadurch nur noch unergründlicher wurden. Nichts erinnerte mehr daran, wie blaß und glanzlos, geradezu eindimensional diese Augen einst gewesen waren. „Fünf, erinnerst du dich noch an die Zeit vorher?" fragte er. Vorher, wie das schon klang. Als ob es Jahrzehnte her wäre und nicht erst ein paar Tage. Und doch schien eine Ewigkeit dazwischen zu liegen. „Erinnerst du dich an das Raumfort? Du warst ganz anders. An nichts interessiert."
    „Das ist vorbei", sagte Fünf.
    Darauf fiel Bull nichts mehr ein.
     
    *
     
    Für Sechs schien es nichts Schöneres zu geben, als anderen Menschen dabei zuzusehen, wie ein Schiff gesteuert wurde; aus wie vielen unglaublich komplizierten Vorgängen etwas entstand, das für den Unbeteiligten so leicht und einfach wirkte. Sie sah den Arkoniden abwechselnd über die Schulter und ließ sich jedes kleinste und unwichtig erscheinende Detail erklären.
    Dann wieder stand sie vor dem Panorama-Holo und starrte versunken ins All. „Was für ein Wunder es doch ist, mit etwas so Zerbrechlichem durch dieses unendliche Labyrinth zu fliegen und genau zu wissen, wo man herauskommen wird", sagte sie. „Würde es dir Spaß machen, selbst eines Tages so ein Schiff zu fliegen und den Weg zu einem Stern zu suchen?" fragte Trajus lächelnd. „Spaß?" sagte sie verständnislos. „Nein. Ich habe bisher noch nicht verstehen können, was ihr unter >Spaß< oder >Freude< versteht. Aber ich weiß, daß ich so ein Schiff führen will, und ich sehe es auch gewissermaßen als meine Aufgabe an. Mich interessiert die Technik."
    Der Arkonide hatte ihr aufmerksam zugehört; seine Frage war provozierend gewesen, und Sechs hatte wie erwartet reagiert. Manchmal verhielten sich diese Wesen so normal, daß man fast vergessen konnte, woher sie stammten; das war jedoch sträflicher Leichtsinn.
    Sie taten nichts aus „Freude" heraus, weil sie kaum wußten, was das war. Sie konnten zwar kindliche Begeisterung zeigen, doch war das nur nachgeahmtes Verhalten. Die Spindelwesen besaßen kaum Emotionen. Sie handelten rein mechanisch, unter einem Zwang, etwas tun zu müssen, auch wenn sie den Grund dafür noch nicht herausgefunden

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