1689 - Rendezvous auf Phegasta
gegenseitig im Arm zu halten und die Wärme des anderen zu spüren.
Vielleicht später einmal.
Die Gegenwart holte Bull wieder ein. Er wandte sich von der Aussicht ab, um über das Plateau zurückzugehen und den Gleiter zu rufen.
Auf halbem Weg jedoch blieb er stehen, denn er hatte unerwartet Besuch bekommen. Ein zweiter Gleiter war gelandet und hatte die beiden Spindelwesen abgesetzt. Sie waren die Felsen heraufgeklettert und kamen auf ihn zu. „Wir müssen mit dir reden, Reginald Bull", sagte Fünf.
Sein Tonfall und die Art, wie er sich bewegte, ließen keinen Zweifel daran, daß dies kein Freundschaftsbesuch war.
Bull lief es eiskalt den Rücken hinunter, und seine Gedanken überschlugen sich
11.
Viele Vorwürfe „Ist etwas geschehen?" fragte Reginald Bull so harmlos wie möglich, nachdem ihn die beiden Spindelwesen erreicht hatten. „Allerdings", sagte Sechs: Ihr Tonfall klang hart und kalt. Beide Spindelwesen gaben sich abweisend und unnahbar. Die freundliche Maske, die sie sonst gezeigt hatten, war völlig hinter einer unbewegten, emotionslosen Miene verschwunden. Ihr wahres Gesicht? „Wir haben es herausgefunden", fuhr Fünf fort. „Wo die anderen sind? Das freut mich." Reginald Bull gab sich weiterhin völlig unschuldig, während er überlegte, was die Wesen nun wirklich herausgefunden hatten und welche Konsequenzen sie daraus zogen. „Nein, das haben wir nicht herausgefunden", sagte nun Sechs. „Reginald Bull, du weißt, daß ich mich sehr für Technik interessiere und dafür eine Begabung habe. Diese Begabung half mir vor einiger Zeit, mit Sieben Kontakt aufzunehmen. Und diese Begabung beantwortete uns heute nun die zentrale Frage: wer wir sind."
Bull spürte, wie sich auf seiner Stirn feine Schweißperlen bildeten; sein Kopf wurde heiß, seine Füße eiskalt. Sie hatten es herausgefunden. Sie wußten, wer sie waren. Das Schlimmste war geschehen. „Fünf hat mir dabei geholfen", sprach Sechs weiter. „Die Informationen, die Trajus uns zur Verfügung stellte, waren zensiert, das ist uns schnell klargeworden. Das meiste davon wußten wir bereits. Aber es mußte mehr geben. Fünf hat versucht, aus Trajus herauszubekommen, wer wir genau sind. Da er ebenso ausweichend wie du antwortete, mußte diese Information irgendwo in den Datenspeichern vorhanden sein."
„Nachdem ihr euer Interesse an unseren Spielereien verloren hattet, konnten wir dazu übergehen, nach dem zu suchen, was uns wirklich interessierte", sagte Fünf. „Und schließlich gelang es uns, den Code des hiesigen Zentralsyntrons zu knacken."
Bull schloß die Augen, um die Worte besser auf sich einwirken zu lassen. „Es war sehr interessant, was uns alles vor Augen kam. Zum Beispiel diese Expedition zu einem Gebiet, das ihr die Große Leere nennt. Interessantes wurde dort vorgefunden. Unter anderem sogenannte Spindeln und deren fehlende Segmente, die ihr mitgenommen habt, um damit herumzuexperimentieren. Das war für uns die allerwichtigste Tatsache: daß wir aus der Zusammenfügung jeweils einer solchen Spindel und ihres Segments hervorgingen."
„Und nicht nur wir", warf Sechs ein, „sondern auch unsere Artgenossen, von denen ihr uns erzählt habt. Doch das ist noch nicht alles. Wir wissen, daß ihr weitere acht Spindeln und Segmente besitzt, die wie alle anderen von diesen von euch so genannten Sampler-Planeten an der Großen Leere stammen. Diese Sätze habt ihr noch nicht zusammengefügt und daraus weitere ... Spindelwesen entstehen lassen."
Bull öffnete die Augen wieder. Die beiden hatten eine Menge herausgefunden, und das viel zu früh, aber möglicherweise wußten sie nicht alles. Sie sprachen beispielsweise nicht darüber, daß die Terraner einst zwanzig Spindeln und Segmente besessen hatten, von denen zwei von der FAMUG entführt und vernichtet sowie drei durch falsche Handhabung zerstört worden waren. „Es ist uns vollkommen klar, daß das immer noch nicht alle Informationen sind, die wir benötigen", bestätigte Fünf Bulls Vermutung. „Wir beide spüren, daß da etwas fehlt, etwas Wichtiges. Aber immerhin wissen wir jetzt, wer wir sind."
„Ihr hättet es ohnehin erfahren", sagte Bull leise. „Tatsächlich? Wann?" Fünfs Stimme bekam zum ersten Mal eine Tonfärbung, sie klang verachtungsvoll und bitter. „Es hat euch nicht bekümmert, wie sehr wir darunter litten, nicht zu wissen, wer wir sind und woher wir kamen! Obwohl ihr euch ständig so sehr darauf beruft, Gefühle zu besitzen, Mitleid und
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