1697 - Aibons Echsenfalle
in dieser Zeit sehr wohl verlassen haben. Man hat Sie in einem Park mit dem Echsenkopf gesehen. Sie saßen auf einer Bank und lasen Zeitung, die Sie abonniert haben, Ihr Name und die Anschrift standen auf der Zeitung. Deshalb sind wir Ihnen auf die Spur gekommen.«
Fassungslos schaute uns der Mann an. »Ich – ich war also – man hat mich gesehen?«
»Das ist leider der Fall gewesen.«
»Und weiter?«
Suko lächelte. »Sie müssen es irgendwie geschafft haben, ungesehen zurück in Ihr Haus zu gelangen, oder Sie haben sich vorher wieder zurückverwandelt. Das ist auch nicht heute geschehen, sondern vor zwei Tagen. Sie sind nicht der Einzige gewesen, dem dies passiert ist. Da gibt es noch einen Leidensgenossen.«
»Wer ist das?«
Suko hob beide Arme. »Es tut mir leid, aber den Namen kennen wir nicht. Der Mann tauchte in einem Kaufhaus auf und erlebte in der Umkleidekabine seine Verwandlung.«
»Davon weiß ich nichts.«
»Das ist klar, das glauben wir Ihnen auch. Aber Sie und dieser andere Mann sind ein Problem. Das müssen Sie einsehen.«
Er senkte den Blick. »Ja, das weiß ich. Aber wie kann ich meinem Schicksal entrinnen? Das habe ich alles nicht gewollt, das müssen Sie mir glauben.«
»Ist schon klar«, sagte ich. »Es ist jedenfalls wichtig, dass wir Sie zunächst nicht allein lassen. Wir werden bei Ihnen bleiben und warten, bis es wieder zu dieser Verwandlung kommt. Können Sie sagen, in welchen zeitlichen Abständen das geschieht?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, das kann ich nicht sagen. Ich habe nur das Gefühl, dass die Zeitspannen immer kürzer werden und es darauf hinausläuft, dass ich irgendwann in dem Zustand bleibe und das normale Menschsein vergessen kann.«
Das war leider zu befürchten …
***
Es gab in diesem Haus auch ein Arbeitszimmer. In das hatte sich Dr. Eric Quinn förmlich hineingeschleppt. Unsere Hilfe hatte er abgelehnt. Er war buchstäblich die Treppe hoch gekrochen.
Suko und ich hatten ihn gehen lassen. Es war besser, dass er allein über sein Schicksal nachdachte. Sollte es neue Probleme geben, standen wir bereit, um ihm zu helfen.
Suko und ich hielten uns im unteren Bereich des Hauses auf. Im Moment waren wir ratlos. Wir hatten keinen genauen Plan, aber wir hatten uns vorgenommen, den Zeitpunkt der nächsten Verwandlung abzuwarten, und hofften, dass es nicht zu lange dauern würde.
Aibon!
Dieser Begriff ging mir unaufhörlich durch den Kopf. Wir wussten leider zu wenig, um irgendwelche Schlüsse ziehen zu können, gingen aber davon aus, dass die Magie des Landes es geschafft hatte, sich bis in unsere Welt auszubreiten.
Aber wer genau hatte das geschafft? Da ging mir ein Name nicht aus dem Kopf.
Guywano war derjenige, der in der Hierarchie dieses Druiden-Paradieses an erster Stelle stand. Er war der Chef der negativen Seite. Dort war Aibon kein Paradies mehr, sondern eine öde, leere und manchmal auch tödliche Landschaft. Daran gab es nichts zu rütteln. Wir hatten das Gebiet schon öfter als menschenfeindlich erlebt.
Suko stand am Fenster und schaute hinaus. Er drehte mir den Rücken zu und sagte: »Wohl fühlst du dich auch nicht, oder?«
»So ist es. Ich weiß nicht, wo wir ansetzen könnten. Wir haben Aibon zum Greifen nahe, aber wir kommen nicht heran. Genau das ist das Problem. Die Brücke ist noch hochgezogen, und ich weiß nicht, wie wir sie kippen können.«
»Durch Eric Quinn.«
Ich musste leise lachen. »Das sagst du so. Quinn ist verschlossen. Man kann ihn als Auster bezeichnen, und er wird sich auch nicht öffnen lassen.«
Suko drehte sich um. »Oder er weiß es wirklich nicht mehr. Kann das nicht auch der Fall sein?«
»Ja, durchaus.«
Suko hatte seine Hände in den Hosentaschen vergraben und schlenderte auf die Treppe zu. »Es ist meiner Ansicht nach kein Fehler, wenn wir noch mal mit ihm reden.«
Ich teilte seine Meinung.
Aber wie so oft kam uns etwas dazwischen. Erneut erklang die Melodie eines Telefons. Nur meldete sich kein Handy von uns, wir hörten den Klang eine Etage über uns, wo sich Eric Quinn aufhielt.
Suko und ich schauten uns an. Miteinander sprechen mussten wir nicht, denn wir verstanden uns ohne Worte.
Zugleich erreichten wir die erste Treppenstufe. Dort blieben wir stehen, allerdings nur für wenige Augenblicke, denn als wir Quinns Stimme hörten, setzten wir uns in Bewegung und schlichen die breite Treppe hinauf, in deren Mitte wir anhielten und lauschten.
Es war ein guter Platz, denn Quinn sprach nicht leise.
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