1697 - Aibons Echsenfalle
geholt. Bevor wir das flache Boot enterten, schauten wir uns noch mal um. Man konnte nicht vorsichtig genug sein, doch in dieser Umgebung und auch am Rand der Senke war niemand zu sehen, der uns hätte gefährlich werden können.
Suko wollte sich nicht bücken, um den Nachen ins Wasser zu schieben. Er nahm den rechten Fuß zu Hilfe. Nach einem leichten Druck löste sich das Boot vom Ufer und glitt schwerfällig auf die Wasserfläche.
Suko hielt es fest. Dann überwand er mit einem langen Schritt die Distanz und stand auf dem Nachen, den er auch mithilfe der Stange anhielt.
»Jetzt du, John. Aber tritt nicht daneben.«
»Ich werde mich bemühen.«
Bei Suko hatte der Nachen leicht geschwankt. Das verstärkte sich jetzt, als er unser beider Gewicht spürte. Er sank leicht ein, doch die Bordwände waren hoch genug, sodass nichts von diesem trüb-grauen Wasser überschwappte.
»Alles okay?«, fragte Suko.
»Gleich. Ich will mich nur hinknien.«
»Tu das.«
Jetzt fühlte ich mich besser. Obwohl keine Wellen den Nachen ins Wanken brachten, war es für mich nicht einfach, das Gleichgewicht zu halten. Suko hatte es da besser. Er konnte sich mit der Stange abstützen, durch die er auch das Boot führte.
Ich kniete und sagte: »Fahr los!«
***
Darauf hatte Suko gewartet. Er musste sich vorkommen wie ein Gondoliere für Arme. Aber er machte es gut. Er drückte die Stange in den Grund des Sees, der tatsächlich nicht so tief war, sodass die Stange auf Widerstand traf.
»Wie ist der Boden?«, fragte ich.
»Ziemlich weich und schlammig. Aber es geht.«
Bisher hatten wir den See ohne Wellen erlebt. Von nun an änderte sich das. Um den Nachen herum gab es einige Wellen, und mir kamen sie vor, als würden sie sich träger bewegen als bei normalem Wasser. So kam mir in den Sinn zu fragen, ob dieses Wasser nicht doch eine andere Zusammensetzung hatte. Nachfühlen wollte ich nicht.
Ich war derjenige, der die Umgebung im Auge behielt, und das beschränkte sich nicht nur auf die Insel.
So ein Nachen zu bewegen war schon ein Unterschied zu einem normalen Ruderboot. Das Gefährt schien sich gegen die Bewegungen zu stemmen. Es schien überhaupt nicht zu wollen, und Suko musste schon einiges an Kraft aufwenden.
Aber wir kamen voran. Meter um Meter schoben wir uns an die Insel heran, wo man sehnsüchtig auf uns wartete. Suko stand breitbeinig hinter mir. Er gab keinen Kommentar ab und arbeitete unverdrossen weiter. Die Wellen hatten zwar zugenommen, aber sie schwappten nicht über, und so blieben unsere Füße trocken.
Mit einem normalen Kahn hätten wir das Ziel sicherlich längst erreicht, so aber lag erst die Hälfte der Strecke hinter uns. Mein Denken schwankte zwischen Optimismus und Pessimismus. Wir hatten es noch nicht geschafft, und weiterhin ging ich davon aus, dass dieser See nicht unbedingt harmlos war. Nichts auf dieser Seite des Landes Aibon war ungefährlich.
Und ich behielt recht!
Eigentlich fing alles ganz harmlos an. Nach wie vor behielt ich die Wasserfläche unter Kontrolle, und da fiel mir auf, dass sich die graue Masse an der linken Seite stärker bewegte. Das lag nicht an Sukos Bewegungen durch die Stange, diese Wellen blieben irgendwie gleich. Die Bewegungen hatten einen anderen Grund, denn etwas tat sich unter der Wasseroberfläche.
Mir war nicht eben wohl zumute, als ich sah, was sich dort abspielte. Ich machte Suko darauf aufmerksam, der sofort reagierte, hinschaute und die Stange aus dem Wasser zog.
»Ich sehe nichts, abgesehen von den anderen Wellen.«
»Genau das meine ich.« Nach dieser Antwort wechselte ich den Blick und schaute in die Gegenrichtung.
Auch da bewegte sich das Wasser!
Wir saßen in der Falle. Davon biss keine Maus den Faden ab. Und es kam noch etwas hinzu, das mir überhaupt nicht gefiel. Keiner von uns sah, was sich unter der Oberfläche abspielte. Wir mussten davon ausgehen, dass sich fremde Wesen dort versteckt hielten, die nicht eben unsere Freunde waren.
»Okay, John, kann sein, dass wir es bis zur Insel schaffen!«, sagte Suko und fing wieder an zu staken.
Ich blieb weiterhin knien, zog aber meine Beretta, denn wehren wollte ich mich.
Von zwei Seiten kam etwas auf uns zu. Es zeigte sich noch immer nicht. Nur die Bewegungen des Wassers deuteten an, dass es diese Angreifer gab.
Sie schlichen heran. Aus Wellen waren Kreise geworden, deren Ausläufer fast unser Boot erreichten, so nahe waren sie schon.
Ich wechselte ständig die Blickrichtung – und entdeckte das
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