1697 - Aibons Echsenfalle
anderes Bild sahen. Der Himmel über unseren Köpfen blieb in seiner Eintönigkeit gleich, aber die Beschaffenheit des Untergrunds veränderte sich nun.
Man konnte den Eindruck gewinnen, dass der Boden allmählich weicher wurde. Wir sahen auch verkrüppelte Sträucher, die sich farblich kaum vom Untergrund abhoben, aber die Vorboten zu etwas Neuem waren, und das bekamen wir wenig später zu Gesicht.
Von uns befand sich eine breite Senke oder ein Tal. Man konnte auch von einer Schüssel im Gelände sprechen, die allerdings nicht leer war, denn in der Mitte breitete sich nicht nur ein Gewässer aus, es gab auch die dazugehörige Vegetation, und dies ließ uns alles das, was wir bisher gesehen hatten, vergessen.
Eine grüne Oase inmitten dieser lebensfeindlichen Umgebung. Das überraschte uns beide, und so hielten wir erst mal an, um uns einen Überblick zu verschaffen.
Der See war der Mittelpunkt. Er war auch recht groß, und in der Mitte war sogar noch Platz für eine Insel, die tatsächlich begrünt war.
»Das ist fast wie im Märchen«, sagte ich.
»Ja, wir sind ja auch in einem märchenähnlichen Land.«
Dagegen konnte ich nichts sagen. Dafür ließ ich meinen Blick über die Wasserfläche gleiten. Das Wasser sah grau aus. Es wehte zudem kein Wind, und deshalb gab es auch keine Wellen.
Aber es war ein anderes Grau als das, was wir von der See her kannten. Irgendwie schmutziger, und natürlich war das Wasser dieses Sees auch nicht so klar, dass man bis auf den Grund hätte schauen können.
Der Weg zum Ufer war ebenfalls mit Gras bedeckt. Es sah auch hier nicht kräftig aus und seine Farbe war zudem verblichen, aber es gab nicht mehr diese kahle Trockenheit.
Und die Vegetation auf der Insel sah noch intensiver aus. Da konnte man fast schon von einem richtigen Grün sprechen. Es gab einen Teppich aus hohen Gräsern, und zur Inselmitte hin wuchsen sogar einige Bäume, die allerdings recht niedrig waren.
Ich fragte Suko: »Ist das unser Ziel?«
Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Aber ich muss immer noch an Quinn und Monroe denken, und ich frage mich, warum wir sie noch nicht gesehen haben. Denk an die Verwandlung, John. Sie sind infiziert. Der Echsenfluch oder die Echsenfalle, wie immer du es auch nennen willst, hat sie voll getroffen.«
»Richtig.«
»Dann lass uns mal ans Wasser gehen.«
»In dem nichts herumschwimmt?«
Suko bedachte mich mit einem Seitenblick. »Glaubst du das?«
»Nur solange ich nicht vom Gegenteil überzeugt bin. Der See ist ein sehr gutes Versteck.«
»Besonders für irgendwelche Echsen.«
Ich nickte. »Du nimmst mir das Wort aus dem Mund.«
Wir schritten dem Gewässer entgegen. Je näher wir kamen, umso dichter wurde die Vegetation. Sie sah auch frischer aus, deshalb mussten wir annehmen, dass das Wasser normal und nicht vergiftet war.
Kein Lüftchen bewegte sich, und vor uns lag der See mit seiner Insel wie ein starres Gemälde.
Unser Weg führte leicht abwärts. Das allerdings hörte auf, als wir uns dem Ufer näherten. Dort konnten wir normal stehen und auf den See schauen.
Nichts war zu hören. Kein Anrollen irgendwelcher Wellen, kein Klatschen beim Auslaufen. Das Wasser lag dort wie Blei.
Ich ging einige Schritte nach rechts, um einen anderen Blickwinkel zu haben. Der Untergrund blieb weich, war aber nicht feucht, sodass ich keine Trittstellen hinterließ.
Das Ufer war bewachsen. Gräser oder Schilf ragten aus dem flachen Wasser hervor. Ich sah einen losen Stein, hob ihn an und schleuderte ihn ins Wasser.
Zu hören war ein Platschen, das einen satten Laut hinterließ. Nur wenige Tropfen spritzten in die Höhe. Man konnte den Eindruck haben, dass dieses Wasser weniger flüssig war als normal.
Auf der Insel bewegte sich nichts. Ob sie bewohnt war, sah ich auch nicht. Da wuchs die Natur so dicht und hoch, dass sie mir die Sicht nahm.
»John, komm mal her!«
Sukos Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich drehte mich nach links und sah ihn winken. Auf dem Weg zu ihm sah ich, dass er mit dem ausgestreckten rechten Arm nach vorn auf das Ufer deutete. Dort wuchs das Gras nicht mehr so dicht. Es gab eine Lücke, und dort lagen die Gräser platt gedrückt auf dem Boden.
Dann sah ich, was Suko mir hatte zeigen wollen. Hier am Ufer und direkt vor unseren Füßen lag ein Boot aus Holz.
»Das ist es doch – oder?«
Ich gab so schnell keine Antwort und sah mir das Boot genauer an. Man konnte hier von einem Nachen sprechen, einem schwerfälligen Wasserfahrzeug, das
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