17 - Das Konzil der Verdammten
Hut, er durfte keinen Argwohn erregen, wenn er aus dem Blickfeld der Menge entschwand. Zu seiner Rechten hatte er eine hohe Mauer, zur Linken die Villa. Die hatte auf dieser Seite zu ebener Erde keine Fenster, und die weiter oben blickten offensichtlich über die hohe Mauerbegrenzung hinweg.
Was sich Fidelma eigentlich von seinem Erkundungsgang erhoffte, war ihm nicht ganz klar. Glaubte sie, er würde auf Valretrade oder andere Frauen stoßen? Er würde sich jedenfalls so weit wie möglich vorwagen. Wenn der Durchgang hinten weiterging, könnte er die Villa umwandern, und fände er eine Tür offen, würde er einen Blick ins Innere werfen und, wenn nötig, erklären, er suche eine latrina . Der Pfad, auf dem er sich bewegte, bot nichts Aufsehenerregendes, lediglich etliche große Holzfässer standen herum. Plötzlich versperrte ihm ein fest verschlossenes Eisentor den Weg. Kurz davor führten links ein paar Steinstufen nach unten zu einer Tür im Kellergeschoss. Sie war aus Holz und mit Eisen beschlagen. Er wollte gerade hinuntergehen und sich die Sache näher betrachten, als er einen Schrei vernahm. Es war der Aufschrei eines Kindes, dem grobe Befehlstöne folgten. Gleich darauf nahten Schritte.
Im ersten Moment wusste er nicht, wohin. Zwar lag alles im Schatten, es gab aber nichts, wo er sich hätte verstecken können. Die einzig mögliche Rettung waren die Fässer. Er hastete zurück, duckte sich dahinter und hörte auch schon, wie die Eisenriegel zurückgeschoben und Ketten gelöst wurden. Eine barsche Stimme kommandierte herum. Die Schritte verstummten, ein Kind stöhnte, wurde derb zurechtgewiesen.
Von seinem Versteck aus konnte Eadulf beobachten, was vor sich ging. Das Kind sah er als Erstes, ein Junge von vielleicht acht oder neun Jahren. Hinter ihm zwei Nonnen in zerrissenen und schmutzigen Gewändern, gefolgt von einem Krieger mit gezogener Waffe, einem Kurzschwert, und danach ein weiterer Mann, den Rücken Eadulf zugekehrt.
Mit Schrecken stellte er fest, dass den Frauen und dem Jungen vorn die Hände gefesselt waren. Der Krieger stieß sie die Stufen hinunter zur Tür. Dort hämmerte er mehrfach und in einem bestimmten Rhythmus mit dem Griff seines Schwertes dagegen. Daraufhin wurde die Tür geöffnet, und die drei Gefangenen verschwanden im Dunkel.
Jetzt war der Mann etwas genauer von der Seite zu sehen. Zum Glück drehte er sich nicht ganz herum, denn dann hätte er Eadulf unweigerlich entdeckt. Doch auch so erkannte Eadulf ihn sofort.
Das letzte Mal hatte er ihn vor wenigen Monaten gesehen, und das war in An Uaimh gewesen an den Ufern des großen Flusses, der durch das sogenannte mittlere Königreich Midhe floss, das Gebiet des Hochkönigs. Fidelma verbannte ihn damals aus dem Königreich, und er hatte sich im Gehen umgewandt und gesagt: »Ich werde dich nicht vergessen, Fidelma von Cashel.« Und das war alles andere als freundlich gemeint.
Ausgerechnet Verbas, den Kaufmann von Peqini, hier in der Villa der Gräfin anzutreffen, war das Letzte, womit Eadulf gerechnet hatte.
Fidelma durchwanderte eine Folge kunstvoll angelegter kleiner Blumenparadiese, manche auch mit Hängepflanzen, alle säuberlich voneinander abgetrennt durch Rankenspalier oder Einzäunungen. Sitzmöglichkeiten aus Stein luden zum Verweilen ein, und Springbrunnen mit figürlichen Darstellungen, ins Licht der untergehenden Sonne getaucht, säumten die ganze Strecke. Ähnliche Gärten hatte Fidelma in Rom gesehen, aber nicht als Miniaturausgabe wie hier und gestalterisch auch nicht so vollendet. Es war eine Augenweide. Sie musste an die mehr natürlich belassenen und etwas verwilderten Gärten in ihrem Land denken und fragte sich, ob man es mit einer solchen Gestaltungsform auch in Cashel versuchen könnte. Vermutlich würden aber Pflanzen von hier in einem regenreicheren und kälteren Klima weniger gut gedeihen.
Sie bückte sich, um die Blütenvielfalt näher zu betrachten, da vernahm sie ein leises Rascheln hinter sich und hörte eine scharf akzentuierte Stimme auf Latein sagen: »Ach, Prinzessin Fidelma!«
Sie schreckte hoch und hatte die zu einem Lächeln verzerrte Gesichtsmaske von Gräfin Beretrude vor sich.
»Ich bitte um Verzeihung, wenn ich in deine Privatgärten eingedrungen bin«, begann sie. »Aber der Duft deiner Blumen und Kräuter hat mich verführt.«
Zu ihrem Erstaunen nahm es ihr die Gräfin nicht übel.
»Ich gönne mir das Vergnügen, viel Zeit in meinem Garten zu verbringen«, erklärte sie. »Ich habe viele
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