17 - Geheimagent Lennet wittert Verrat
so naiv wie möglich an und stammelte: »Aber ich versichere Ihnen, daß...« Gleichzeitig schwang sein Bein nach vorne. Die Spitze seiner mit Eisen beschlagenen Schuhe traf Robert mitten aufs Schienbein. Der Mann taumelte rückwärts und stieß einen lauten Schmerzensschrei aus, der gar nicht zu ihm paßte. Sofort schloß Lennet die Tür. Das Schloß schnappte ein. Lennet drehte sich um und schaltete das Licht an.
»Jetzt wissen sie es sowieso. Wir brauchen uns also nicht mehr die Augen zu verderben!« Selima stand an der Tür zum Bad.
»Also deswegen haben Sie erst noch Schuhe angezogen!« murmelte sie vor sich hin.
»Ihnen bleibt tatsächlich nichts verborgen, mein Fräulein!«
»Ich habe gedacht, Sie würden mich ihnen ausliefern.«
»Tja, wenn man sich Fremden anvertraut, muß man schon mal mit einem Reinfall rechnen!«
»Was Robert da eben gesagt hat, stimmt: Ich mochte Sie von dem Augenblick an, als ich Sie das erste Mal gesehen habe.
Vielleicht hatte ich deshalb so viel Vertrauen zu Ihnen.«
»Na, dann machen Sie mal weiter so. Immerhin habe ich Ihnen ja schon einen Beweis meiner Zuverlässigkeit geliefert.«
»Aber Sie waren ungeschickt. Die wissen doch jetzt, daß ich hier bin!«
»Ist doch egal. Hier sind Sie jedenfalls in Sicherheit.« Sie wechselten Fragen und Antworten wie geübte Tennisspieler den Ball.
»So, und jetzt setzen Sie sich mal schön wieder in Ihren Sessel und erzählen mir Ihre Geschichte weiter.
Warum sollen wir beide nicht zur Polizei gehen und alles erzählen?«
»Jetzt mitten in der Nacht? Die Dienststellen sind doch um diese Zeit geschlossen!«
»Ich verspreche Ihnen, daß für uns eine geöffnet würde«, antwortete Lennet ein wenig selbstgefällig.
»Wer sind Sie?«
»Ein ganz normaler Steuerzahler, der eine wichtige Geschichte loswerden muß, und der weiß, an wen man sich am besten wendet. Soll ich anrufen?« Selima schüttelte den hübschen Kopf.
»Nein«, sagte sie, »ich kann nicht zur Polizei gehen!«
»Na schön«, gab Lennet zurück, »aber dann erklären Sie mir wenigstens, warum nicht!«
»Ich habe Ihnen doch gesagt: ich bin minderjährig.«
»Ja, aber die Falsopes sind nicht Ihr gesetzlicher Vormund, oder?«
»Außerdem habe ich keine Aufenthaltsgenehmigung.«
»Dagegen kann man was tun. Ich kenne da jemanden...«
»Ich habe mit den Falsopes gearbeitet: Botengänge erledigt, eingekauft und so weiter...«
»Haben Sie jemanden getötet?«
»Für wen halten Sie mich?«
»Waren Sie mal irgendwann dabei, wenn jemand getötet wurde?«
»Nie, ich schwöre es!«
»Haben Sie gestohlen?«
»Ich bin immer ehrlich gewesen, Lennet.«
»Na also, dann kann Ihnen gar nichts passieren.
Außerdem: wenn Sie der Justiz wertvolle Hinweise geben, können Sie jederzeit mit der Nachsicht des Gerichts rechnen. Ich verbürge mich dafür!« Selima senkte den Kopf, und Lennet nahm ihre Hand.
»Jetzt hören Sie mir mal zu, Selima. Sie sind zu mir gekommen, weil ich Ihnen helfen sollte, nicht wahr?« Das Mädchen nickte.
»Aber dann müssen Sie auch ein wenig offener sein, verstehen Sie das?«
»Ja, das verstehe ich.« Lennet wartete geduldig, bis sie den Mut fand, weiterzusprechen.
»Lennet, ich habe Ihnen nicht alles gesagt«, fing sie endlich an. Lennet nickte. Das hatte er vorher gewußt.
»Das können Sie ja jetzt nachholen«, sagte er.
»Ich habe zwar keinen Mord begangen, aber es kommt fast auf das gleiche raus. Frau Falsope hat mich gezwungen, eine Erklärung zu unterzeichnen, in der ich meine Schuld an den letzten Morden gestehe. Ich schwöre Ihnen, ich habe nichts damit zu tun, aber meine Unterschrift ist nun mal da! Ich habe auch keine Alibis für die fraglichen Zeiten. Außerdem läuft ein Bankkonto in der Schweiz auf meinen Namen. Nach den Morden haben Falsopes jeweils Geld eingezahlt, damit es so aussieht, als hätte ich kassiert. Für die ist das ja kein Risiko; ich kann an das Geld nicht dran, weil ich minderjährig bin. Und jetzt wollen Sie, daß ich zur Polizei gehe? Raten Sie mal, wie schnell die mein Geständnis vorliegen haben, daß ich zwei Industrielle und die Frau eines Staatsanwalts umgebracht habe?!« Allmählich wurde die Sache schwieriger als erwartet.
»Warum haben Sie denn unterschrieben?« fragte Lennet.
»Sie haben mich geschlagen«, antwortete sie einfach.
Lange dachte Lennet nach. Er schaute zum Telefon.
Er hatte eine Direktleitung zum FND, zum Französischen Nachrichtendienst; man mußte
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