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17 - Geheimagent Lennet wittert Verrat

17 - Geheimagent Lennet wittert Verrat

Titel: 17 - Geheimagent Lennet wittert Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Volkoff
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Unterschlupf. Doch da Lennet keinerlei Anhaltspunkte für die mittlerweile verflossene Zeit besaß, konnte er sich ebensogut in einer Mine in Lothringen oder an der Grenze nach Belgien befinden.
    Aber eines konnte Lennet dennoch tun: er konnte sich die kleinstmögliche verflossene Zeitspanne ausrechnen.
    Das war insofern wichtig, als er jede Aussage verweigern oder zumindest seinem Feind Lügen auftischen mußte, bis es ungefähr neun Uhr war. Darum hatte Montferrand gebeten.
    Er war um Viertel nach drei entführt worden, das wußte er genau. Angenommen, das Bergwerk war das nächste  erreichbare, das heißt, eines in der Gegend von Caen, dann hätte die Fahrt etwa eine halbe Stunde gedauert. Noch eine halbe Stunde rechnete er, bis er in den Blindschacht transportiert worden war, wo er sich jetzt befand. Es mußte also mindestens vier Uhr fünfzehn sein, oder, um eine gerade Zeit zu haben, vier Uhr. Er mußte also noch wenigstens fünf Stunden aushalten.
    Das ging! Im übrigen verließ sich Lennet voll und ganz auf seinen Chef. Er zweifelte keine Sekunde daran, daß seine  Entführung von den Agenten des FND beobachtet worden war, die dann bestimmt auch dem Fahrzeug gefolgt waren, das ihn abtransportiert hatte. Der FND würde niemals einen seiner Agenten im Stich lassen, getreu der Devise: jeder für sich und alle für jeden.
    Aber wenn unsere Leute nun doch zu spät gekommen sind?  Na ja, das ist eben Berufsrisiko. Aber eine posthume  Auszeichung ist mir dann jedenfalls sicher.
    In diesem Augenblick wurde Lennet in seinen Betrachtungen gestört. Eine ganze Rattenfamilie spazierte seelenruhig und ohne jede Angst durch sein Verlies und verschwand hinter dem Gebälk. Kaum hatten die Ratten ihr »trautes Heim« aufgesucht, da ließ sich eine Natter, die um einen der Balken gerollt war, auf den Boden fallen und schlängelte sich in den Schacht, in dem der Förderkorb hing.
    »Prima«, sagte Lennet laut, »wenigstens hab ich Gesellschaft in dem Loch hier!«  Er wurde allmählich nervös. Ihm war kalt, und er machte einige Gymnastikübungen, um sich ein bißchen aufzuwärmen.
    Aber die schlaflose Nacht, der Hunger und der Durst, die mit jeder Minute schlimmer wurden, die Anwesenheit von Ratten und Schlangen - Nattern, das wußte er, sind zwar überhaupt nicht gefährlich, aber trotzdem... -, dann die absolute Stille, die in der Mine herrschte, die Dunkelheit und das Bewußtsein, daß über dem Holzgerüst meterhoch die Erde lag, all das führte dazu, daß er sich immer unwohler fühlte. Plötzlich fielen ihm wieder die Bücher ein, die er als Junge gelesen hatte und wo die Rede war von Bergleuten, die in schlagenden Wettern gestorben waren oder langsam erstickt in eingestürzten Schächten, wo kein Sauerstoff mehr eindrang...
    »Junge, Junge«, rief er sich selbst zur Vernunft, »jetzt mach aber mal halblang!« Er begann, lauthals Wanderlieder zu singen.
    Ihr dumpfes Echo erfüllte den Raum.
    Plötzlich hörte er ein Geräusch. Lennet sprang an den Rand des Lochs. Langsam kam die Plattform auf ihn zu.
    Was würde der Förderkorb bringen? Kerkermeister?  Folterknechte? Lennet trat vom Rand des Schachts zurück. Da er keine Fesseln trug, machte er sich bereit, seinen Feind anzugreifen.
    Langsam kam der Förderkorb höher. Das Kabel wickelte sich auf die Rolle im Gebälk. Nur das leise Knirschen und Scheuern war zu hören.
    Lennet hatte sich nicht getäuscht: die Plattform war  tatsächlich das Dach eines Förderkorbes. Endlich tauchte die ganze Kabine aus dem Schacht. Sie sah aus wie ein Käfig aus Eisenstangen. Der Käfig war leer.
    Oben angekommen, hielt der Förderkorb an.
    Was soll ich denn jetzt machen? überlegte Lennet.
    Das ist doch ganz offensichtlich eine Einladung. Ich kann natürlich Zeit schinden, wenn ich einfach hierbleibe. Außerdem bin ich hier sicher. Andrerseits besteht mein Auftrag - wenn ich den Chef richtig verstanden habe - darin, herauszubekommen, was unser Feind von uns will. Und wenn ich meine Zeit hier mit Nagetieren und Reptilien totschlage, kriege ich das nie raus.
    Einladung somit also angenommen! Er öffnete das Gitter, das dem Förderkorb als Tür diente, und stieg ein. Sofort setzte sich der Aufzug in Bewegung. Er kam an zwei stillgelegten Flözen vorbei, ehe der Korb anhielt. Nach Lennets Schätzung mußte das der tiefste Punkt des Schachts sein. Rechts und links erstreckten sich leergeschürfte Flöze. Lennet öffnete das Gitter wieder und stieg aus. Der Schacht war mindestens

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