Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Stunden in das zweite Dorf. Erst hinter demselben gab es Feld, dann wieder Wald. Zuweilen hörten wir zur linken Hand Wasser rauschen. Das war ein Nebenfluß des vereinigten Drin. Den Namen habe ich vergessen.
    Nun kam der Mond herauf, und wir konnten ziemlich gut sehen. Wir befanden uns in einer wilden Gebirgslandschaft. Felsenwände und Zacken überall, drohende Baumriesen, feuchte Luft und hohles Rauschen der Wipfel, deren Schatten der Mond uns in den phantastischsten Gestalten über den Weg warf.
    Und was war das für ein Weg! Da sollten Wagen fahren können? Unsere Pferde stolperten jeden Augenblick über große Steine oder traten in jähe Löcher hinein. So ging es weiter und immer weiter, bis es kälter wurde und der Morgenwind sich aus seinem Bett erhob. Wir erfuhren von dem Führer, daß wir uns mitten in den Kerubibergen, einer sehr berüchtigten Gegend, befanden. In einer Stunde sollte der Newera-Khan zu erreichen sein.
    Auf meine Frage, warum die dortige Gegend den Namen Newera, Verräter, trage, erhielt ich die Auskunft, daß sich in dem ebenen Gestein oft sehr lange und sehr tiefe Risse zeigen. Ein Reiter dürfe dort sein Pferd ja nicht in Galopp fallenlassen, weil das Tier nicht schnell genug anzuhalten vermöge, wenn sich plötzlich vor seinen Hufen ein solcher Spalt öffne. Viele Menschen seien dadurch um das Leben gekommen. Überdies gehe die Sage, daß es in jener Gegend Leute gebe, welche ihre Opfer in solche Schlünde zu stürzen pflegen. Das war keine beruhigende Mitteilung.
    Nach einer halben Stunde begann der Morgen zu grauen. Ich überlegte mir, daß unser Führer uns in Newera-Khan vielleicht nur hinderlich sein könne, und bot ihm dreißig Piaster anstatt der versprochenen zwanzig, falls er gleich umkehre. Er war einverstanden und ritt schnell davon, als er das Geld empfangen hatte. Es mochte ihm in unserer Gesellschaft nicht allzu wohl gewesen sein. Wir hatten fast gar nicht gesprochen und ihn mit sehr merklichem Mißtrauen behandelt.
    Plötzlich hörte der Wald auf. Weit, weithin Ebene, welche nur aus hartem Felsen zu bestehen schien, der mit schlüpfrigem Moos bekleidet war. Ein Baum war gar nicht, ein Busch oder Strauch nur selten zu sehen. In der Ferne lag ein dunkler Punkt. Durch das Fernrohr erkannte ich ihn als einen Gebäude-Komplex. Das war jedenfalls der gesuchte Khan.
    Unser Weg erschien als dunkle Linie, die durch das Grün des Felsenmooses gezogen war. Dann gelangten wir an eine Stelle, wo eine Spur nach links abzweigte. Ich stieg ab und untersuchte sie. Es war da ein von mehreren Reitern begleiteter Wagen gefahren. Die Flechten, welche von den Hufen und Rädern niedergedrückt worden, lagen noch fest am Boden. Sie hatten noch nicht Zeit gefunden, sich wieder aufzurichten. Der Wagen konnte erst vor wenigen Minuten da gefahren sein. Aber zu sehen war er nicht, denn grad die Richtung, die er eingeschlagen hatte, wurde uns durch eine dünne Reihe von Büschen verdeckt.
    Es stieg eine Angst in mir auf, von der ich mir aber nichts merken ließ. Ich sprang in den Sattel und jagte dem Khan zu, gefolgt von meinen Begleitern, welche sich mein Benehmen nicht erklären konnten. Als wir bei demselben anlangten, sahen wir, daß er aus mehreren Gebäuden bestand, deren Aussehen keineswegs einladend war. Vor der Tür des Wohnhauses standen zwei schwere, beladene und mit Planen überdeckte Ochsenwagen. Ein dritter Wagen hatte auch dagestanden, war aber jetzt fort.
    „Halef geht mit hinein“, sagte ich. „Die andern bleiben da. Seht nach, ob eure Sattelgurte fest angezogen sind. Vielleicht gibt es einen Gewaltritt.“
    „Sollten das die Wagen sein, mit denen meine Frau fährt?“ fragte Galingré höchst besorgt.
    Ich antwortete ihm nicht und trat mit Halef durch die offene Tür. Da dieselbe nicht verriegelt war, mußten die Bewohner bereits wach sein. In der Stube saßen zwei kräftige Kerle an einem Tisch beim Schnaps. An einem andern Tisch befand sich eine ganze Familie vor einer vollen Suppenschüssel. Die Familie bestand aus einem langen, starken Mann, zwei Burschen, einer Frau und vermutlich einer Magd. Der Mann stand aufrecht, als wir eintraten; es schien, als sei er vor Schreck vom Sitz aufgefahren, als er uns draußen gesehen hatte. Ich wendete mich in barschem Ton an ihn:
    „Dieses Haus ist der Newera-Khan?“
    „Ja“, antwortete er.
    „Wem gehören die beiden Wagen, welche draußen stehen?“
    „Leuten aus Skutari.“
    „Wie heißen sie?“
    „Ich habe es mir nicht

Weitere Kostenlose Bücher