17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
ausdrücklich bemerkte, nur für die kurze Dauer meiner jetzigen Anwesenheit.
Dann erzählte ich, wie wir uns der beiden Abu-Ferhanaraber bemächtigt hatten. Sie wurden auf die Kamele gebunden, um mitgenommen zu werden. Der Raub so edler Pferde wird mit dem Tod bestraft, doch aus Freude über unseren Besuch versprachen mir Amad el Ghandur, Hadschi Halef und der alte Malek, daß die Ahndung eine weniger schwere sein solle.
Jetzt brachen wir nach dem Weideplatz der Haddedihn auf. Ein Bote wurde vorausgeschickt, um die dort Befindlichen über unser Kommen zu unterrichten.
Wir hatten gegen drei Stunden zu reiten. Nach Verlauf dieser Zeit sahen wir eine große Wolke von Reitern, welche uns entgegengaloppiert kam. Sie stürmten mit großem Geschrei herbei, umringten uns und drangen von allen Seiten auf uns ein, so daß es den Anschein hatte, als ob sie uns niederrennen wollten. Sie jagten durcheinander, schrien Heil und Willkommen, rühmten meine Taten und schossen dabei im Jagen ihre Flinten ab, wobei außerordentlich viel Pulver verschwendet wurde. Aus diesem letzteren Grund wird so ein Empfang, so eine Fantasie, La'b el Barud, Pulverspiel, genannt.
Es dauerte ohne Unterbrechung fort, bis wir die Zelte des Lagers erblickten. Von dorther tönte uns der Willkommgesang der Frauen und Mädchen entgegen. Sie hatten sich am Eingang des Zeltdorfes aufgestellt. An ihrer Spitze standen diejenigen Frauen, mit denen ich früher in Berührung gekommen war, voran die einstige Gebieterin des Scheiks Mohammed Emin mit ihren beiden Nebenfrauen, die ich bei meiner ersten Ankunft mit dem ‚heiligen‘ Wasser des Zem-Zem aus Mekka besprengt hatte. Die ehemalige Gebieterin war damals noch jung gewesen, aber unter dem Kummer über den Tod des Scheiks rasch gealtert. Lippen und Augenbrauen waren nicht mehr gefärbt; kein Schönheitspflästerchen lag auf Stirn und Wangen, und auch die großen, goldenen Ringe fehlten, welche ihr von der Nase und den Ohren herabgehangen hatten. Ihr Nacken, ihre Knöchel, Arm- und Handgelenke waren frei von den Silberringen, Korallenstücken, Perlen, bunten Steinen und assyrischen Zylindern, welche sie früher geschmückt hatten. Neben ihr stand Amscha, die Heldin, noch immer so ernst und stolz, wie ich sie in der Steppe von Dschidda getroffen hatte, und zu ihrer Rechten Hanneh, Halefs Weib, die ‚Lieblichste der Frauen, die Sonne unter den Sternen des weiblichen Geschlechts‘. Sie dünkte mir noch ebenso jung und schön zu sein wie damals, als wir sie meinem braven Hadschi vermählten; ihre dunklen Augen waren mit sichtlicher Zuneigung und Ehrerbietung auf mich gerichtet.
Als wir unter Sang und Klang in die breite Zeltstraße eingeritten waren, blieben wir halten und stiegen ab und wurden in das größte, beste Zelt geführt, welches schnell für uns zubereitet worden war, nachdem der Bote unsere Ankunft gemeldet hatte. Hier stand Wasser zu unserer Reinigung. Während wir uns wuschen, meinte der Lord:
„Was man gleich tun kann, soll man nicht aufschieben, Sir. Wann wollt Ihr Eure Geschenke verteilen?“
„Meine Geschenke? – Ich habe keine.“
„Unsinn! Habt sie ja gesehen und mit eingekauft.“
„Aber nicht bezahlt; sie gehören Euch.“
„Möchte wissen! Sie gehören denen, für die sie bestimmt sind. Gebt sie ihnen!“
„Das zu tun ist Eure Sache.“
„Macht keine solchen Einwände! Wie kann ich, David Lindsay, diese arabischen Ladies beschenken!“
„Wenn Ihr nicht dürftet, wäre es mir auch verboten.“
„Pshaw! Was Ihr tut, das hat Schick. So etwas steht Euch besser an als mir. Möchte doch wissen, was ich dazu sagen sollte, wie ich mich dabei ausdrücken würde! Will doch lieber einen Löwen jagen als einer Lady ein Geschenk überreichen! Wenn ihr mir das nicht abnehmen wollt, so werfe ich die dummen Sachen weg!“
Es waren keine dummen Sachen, sondern im Gegenteil recht nützliche, schöne und meist auch kostspielige Gegenstände. Ich entschied:
„Nun wohl, so will ich es für Euch tun, Sir; aber mit fremden Federn schmücke ich mich nicht; ich werde also Euern Namen nennen.“
„Nennt wen Ihr wollt, meinetwegen den König von Portugal oder auch den Kaiser von Lappland und Kaffaria, wenn nur jeder und jede bekommt, was er oder sie bekommen soll. Mich aber laßt damit in Ruhe.“
Bald drang ein prächtiger Bratengeruch in unser Zelt. Ich ließ Halef kommen und übergab ihm die Geschenke zum Verteilen. Er selbst erhielt zwei schöne Revolver und ein großes, seidenes
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