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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gerächt; darum ist jeder Haddedihn, den sie in ihre Gewalt bekommen können, ihrer Blutrache verfallen. Wir werden uns vor ihnen hüten müssen.“
    „Ja, das werden wir. Aber bedenke, daß wir ihnen in der jetzigen Jahreszeit leicht ausweichen können und von den andern Kurdenstämmen, durch deren Gebiet wir kommen, nichts zu fürchten haben. Wir werden zudem zwanzig tapfere Männer sein, und da du mit deinen Gewehren bei uns bist, so ist es grad so gut, als ob wir hundert wären.“
    Da erhob sich mein kleiner Hadschi Halef Omar von seinem Sitz, versuchte, die dreizehn Haare seines dünnen Schnurrbartes martialisch in der Luft zu wirbeln, räusperte sich, was er stets tat, wenn er im Begriff stand, eine seiner großen, berühmten Reden zu halten, und sprach:
    „Hört, ihr Männer, ihr Tapferen, ihr Unüberwindlichen; ich will zu euch reden! Es war am zwölften Tag des Monats Haziran, den mein lieber und berühmter Effendi Kara Ben Nemsi Emir aber Juni nennt, an welchem Mohammed Emin, der große Scheik der Haddedihn, im Kampf gegen die Bebbehkurden gefallen ist. Sein Ruhm erklingt in allen Ländern der Erde, denn wir haben siegreich an seiner Seite gestritten, wobei mein guter Sihdi einen Lanzenstich, und ich einen Schuß in den rechten Oberschenkel erhielt. Wir haben beschlossen, diesen Todestag feierlich zu begehen, indem wir zum Grabe des Scheiks reiten und an demselben unsere Andacht verrichten. Wir wollen dabei keineswegs Blut vergießen, denn der Tod Mohammed Emins ist schon gerächt worden, und ich habe von meinem Sihdi gelernt, meine Gnade und Barmherzigkeit über meine Feinde walten zu lassen. Unser Ritt soll ein Ritt der Andacht und des Friedens sein. Darum bitte ich euch, denselben so einzurichten, daß wir jede Begegnung mit Leuten, die uns nicht freundlich gesinnt sind, vermeiden und den großen Hadschi Kara Ben Nemsi unsern Führer sein lassen. Er wird uns so leiten, daß jeder Kampf vermieden wird. Indem ich dies sage, glaube ich nicht, von einem von euch für feig gehalten zu werden. Ich wäre bereit, sofort auf Tod und Leben mit ihm zu kämpfen!“
    Er setzte sich wieder nieder, und ich antwortete:
    „Es kann keinem von uns einfallen, den braven Hadschi Halef Omar, welcher seine Tapferkeit so oft erwiesen hat, für mutlos zu halten. Er hat mir aus der Seele gesprochen; unser Ritt soll ein friedlicher sein. Die große Ehre aber, eurer Anführer zu sein, darf ich nicht für mich beanspruchen; ein jeder von euch ist ein ebenso tapferer, erfahrener und umsichtiger Krieger, und Amad el Ghandur ist euer Scheik; ich jedoch bin euer Gast und stelle mich ihm gern unter.“
    Darauf gingen die Haddedihn aber nicht ein; alle widersprachen mir, und Amad el Ghandur machte die entscheidende Bemerkung:
    „Sihdi, du hörst, daß keiner von uns auf diesen deinen Vorschlag eingehen will. Du bist damals unser Führer gewesen und sollst es auch jetzt wieder sein.“
    „Ich bin aber doch fremd in diesem Land, und du kennst es viel besser als ich.“
    „Nein, du bist hier nicht mehr fremd, und dein Verstand findet sogar die Wege aller Gegenden, in denen du noch nie gewesen bist; wir haben das so oft gesehen und erfahren. Rede uns also nicht darein; du sollst uns wieder führen.“
    Damit war dieser Punkt abgemacht, denn ich widersprach nicht mehr, weil ich dachte, daß es allerdings besser sei, wenn die leicht erregbaren Beduinen mir und nicht ihren eigenen Eingebungen zu folgen hatten.
    Die andern weniger wichtigen Punkte waren bald auch besprochen, und wir kamen zu dem Entschluß, übermorgen früh aufzubrechen. Freilich wollten die Haddedihn die Reise viel lieber zur Zeit des Asr, des Nachmittagsgebetes, antreten, weil dies die Stunde ist, in welcher alle strenggläubigen Mohammedaner ihre Reisen zu beginnen pflegen, doch stimmten sie mir endlich bei, nachdem ich ihnen bewiesen hatte, daß wir nicht in der Lage waren, einen Dreivierteltag zu versäumen. Wir hatten uns im Gegenteil sehr zu sputen, wenn wir am Todestag Mohammeds an seinem Grab eintreffen wollten.
    Omar Ben Sadek befand sich auch unter denen, welche für diesen Ritt bestimmt waren; er hätte sich auf keinen Fall davon abhalten lassen und war geradezu begeistert darüber, wieder einmal einen solchen Zug mit mir unternehmen zu können. Es braucht wohl kaum erwähnt zu werden, daß er und sein Weib Sahama auch sehr reichlich beschenkt worden waren.
    Halef bat mich, in dieser Nacht in meiner Seite schlafen zu können; ich gewährte es dem treuen

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