17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
vorhin passiert haben, die Felsen so eng beisammen, daß nur zwei Reiter nebeneinander Platz haben. Das ist eine Pforte, welche uns gefährlich werden kann.“
„Wieso?“ fragte der Scheik.
„Wenn die Kurden sie besetzen, können wir nicht von hier fort.“
„Und wenn wir sie besetzten, können sie nicht herauf!“ meinte er in überlegenem Ton.
„Das klingt sehr schön, ist es aber nicht. Ob wir oder sie diese Enge besetzen und ob wir sie nicht herauf oder sie uns nicht hinunter lassen, daß bleibt sich sehr gleich: wir können eben nicht fort.“
„So verjagen wir sie!“
„Das würde ja eben den Kampf geben, den wir vermeiden wollen.“
„Nun, dann bleiben wir hier oben, bis ihnen die Zeit so lang wird, daß sie sich fortmachen!“
„Wird ihnen gar nicht einfallen, dies zu tun. Erstens werden sie bleiben, weil sie sich rächen wollen, und zweitens treibt sie die Not nicht fort, wie sie uns forttreiben würde.“
„Uns? – Welche Not?“
„Der Hunger. Wasser gibt es freilich; aber was sollen wir essen? Gibt es ein Wild hier oben auf der kahlen Felsenplatte? Nein. Und unser Proviant ist dermaßen zusammengeschwunden, daß ich nachher noch fortgehen muß, um irgendein Fleisch zu schießen.“
„Du malst das so schlimm aus, weil es deine Gewohnheit ist, an alles mögliche Üble, was kommen kann, vorher zu denken. Ich sehe nicht so schwarz wie du, denn ich habe zwanzig tapfere Krieger bei mir, welche, falls wir angegriffen werden, diese Höhe wie eine Festung verteidigen werden. Und was den Proviant betrifft, so werde ich diese Männer jetzt alle auf die Jagd senden. Wir haben damals sehr reichlich Wild gefunden, und es wird wohl jetzt auch nicht weniger davon vorhanden sein.“
„Ich bitte dich, dies nicht zu tun.“
„Warum?“
„Weil es eine große Unvorsichtigkeit sein würde. Wir dürfen hier so wenig Spuren wie möglich machen; wenn aber zwanzig Männer nach allen Richtungen hier herum- und auseinanderlaufen, so müssen die Kurden, wenn sie kommen, sofort auf uns aufmerksam werden.“
„Sie werden uns auch ohnedies bemerken. Du bist, wie ich schon wiederholt gesagt habe, viel zu ängstlich.“
„Hier ist es besser, ängstlich als vertrauensselig zu sein. Ich bitte dich wirklich dringend, heute nicht hier zu bleiben! Wir müssen uns einen Lagerplatz suchen, wo wir verborgen sind und den Zugang zu dieser Höhe beobachten können.“
„Bestürme mich nicht mit dieser Bitte; ich kann sie dir nicht erfüllen. Ich gehöre hier zu meinem Vater. Wenn ihr nicht hier oben bleiben wollt, so geht, wohin ihr wollt!“
„Wir bleiben, wir bleiben!“ riefen die Haddedihn einmütig.
„Hörst du es?“ fragte Amad el Ghandur. „Sie bleiben bei mir; du aber hast deinen Willen und kannst dir einen anderen Lagerplatz suchen. Halef und sein Sohn werden sich wahrscheinlich zu dir halten.“
„Davon bin ich überzeugt, denn der Hadschi weiß, daß meine Ansicht eine wohlbegründete ist. Aber was könnte es nützen, wenn wir uns von euch trennten? Wir brächten uns in Sicherheit, während ihr euch in Gefahr befändet; das würde uns als Feigheit ausgelegt werden können, und um dies zu vermeiden, werden wir bleiben. Aber wenn dann eintrifft, was ich dir vorausgesagt habe, so wirf die Schuld ja nicht auf uns.“
Ich nahm meinen Henrystutzen, um mich zum Jagen zu entfernen. Als der Lord dies sah, fragte er:
„Wohin, Sir?“
„Fleisch schießen.“
„Well, gehe auch mit.“
„Es wäre mir lieber, wenn Ihr hier bliebt.“
„Aus welch einem Grund?“
„Weil so wenig wie möglich Spuren verursacht werden dürfen.“
„Auf eine mehr kommt es doch wohl nicht an. Was macht Ihr übrigens für ein Gesicht. Ihr ärgert Euch wohl über die Haddedihn?“
„Ja.“
„Warum? Habe bemerkt, daß Ihr Euch mit dem Scheik strittet, konnte das Gerede aber nicht verstehen.“
„Ich bin darüber unwillig, daß sie hier oben bleiben wollen, während ich es unten im dichten Wald für sicherer für uns halte.“
„Wohl wegen der Bebbehkurden?“
„Ja.“
„Laßt Euch das nicht anfechten! Ob wir hier oben oder dort unten mit ihren Köpfen zusammenrennen, das ist ja ganz egal.“
„Nicht ganz, Mylord. Übrigens ist es ausgemacht worden, daß wir uns vor Feindseligkeiten möglichst hüten wollen.“
„Well, habe nichts dagegen gehabt. Aber wenn diese Kurden einmal kommen und mit uns anbinden wollen, so habe ich auch noch eine Rechnung mit ihnen auszugleichen. Diese Gentlemen haben mich um zwei
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