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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mißtrauisch betrachtete:
    „Aber, Herr, hast du auch Geld? Verschenken kann ich nichts.“
    „Ich habe Geld.“
    „Und wirst du mich bezahlen?“
    „Natürlich.“
    „Das ist nicht so natürlich, wie du meinst. Ich bin eine Christin und darf dieses Fleisch essen. Auch an andere, wenn sie Christen sind, darf ich davon verkaufen. Aber wenn ich einem Moslem davon ablasse, begehe ich einen Fehler und werde Strafe anstatt des Geldes erhalten.“
    „Ich bin kein Mohammedaner, sondern ein Christ.“
    „Und doch bist du ein so schlech –“
    Sie hielt inne. Sie hatte sagen wollen ‚schlechter Kerl‘, besann sich aber noch zur rechten Zeit und fügte schnell hinzu:
    „Ich will es wagen, dir zu glauben. Komm also mit und schneide dir selbst so viel ab wie du haben willst.“
    Ich nahm eine Wurst von vielleicht dreiviertel Kilo und dazu ein Stück Schinken, welches ein halbes Kilo wiegen mochte. Sie verlangte fünf Piaster dafür, also ungefähr neunzig Pfennig. Als ich ihr drei Piaster mehr gab, sah sie mich höchst verwundert an.
    „Das soll ich wirklich behalten?“ fragte sie zweifelnd.
    „Ja. Dafür werde ich mir aber irgend etwas erbitten, in das ich diese Sachen einwickeln kann.“
    „Ja, was soll das sein? Etwa ein Kiaghad (Papier)?“
    „Das paßt am besten dazu; aber es darf nicht schmutzig sein.“
    „Es ist nicht schmutzig, denn wir haben keins. Wo soll hier im Dorf ein Stück Papier zu finden sein? Ich werde dir etwas anderes geben. Wir haben da ein Gömlek (Hemd) meines Mannes liegen, welches er nicht mehr trägt. Davon will ich dir ein Stück abreißen.“
    Sie langte in eine Ecke, in welcher allerlei Gerümpel lag, und zog ein Ding hervor, welches wie ein Lappen aussah, mit dem man lange Jahre hindurch rauchige Lampenzylinder und schmutziges Topfgeschirr geputzt hat. Davon riß sie einen Fetzen ab, wickelte Wurst und Schinken hinein und reichte mir dann das Paket mit den Worten hin:
    „Hier nimm, und labe dich daran. Ich bin in der ganzen Gegend als die geschickteste Tuzlama (Einpöklerin) bekannt. Du wirst wohl selten so etwas Wohlschmeckendes gegessen haben.“
    „Das glaube ich dir“, antwortete ich verbindlich. „Alles, was ich hier sehe, hat die Farbe und den Geruch des Pökelfleisches, und du selbst bist so appetitlich, als hättest du mit dem Schinken in der Salzlake gelegen und dann in der Esse gehangen. Ich beneide den Gefährten deines Lebens.“
    „O Herr, sage nicht gar zu viel!“ rief sie geschmeichelt. „Es gibt noch Schönere im Lande, als ich bin.“
    „Dennoch scheide ich von dir mit dem Bewußtsein, daß ich mich gern deiner erinnern werde. Möge dein Leben duftig und glänzend sein, wie die Schwarte deines Schinkens!“
    Als ich nun wieder hinaustrat, beeilte ich mich, das Päckchen los zu werden, indem ich es in Halefs Satteltasche steckte. Niemand außer dem Hadschi bemerkte es. Die andern hatten ihr Augenmerk auf die Bewohner des Dorfes gerichtet, welche neugierig nach und nach herbeigekommen waren.
    Der Mensch, welcher bei unserm Nahen aufgesprungen und schreiend davongelaufen war, stand bei einem andern, der sich ein sehr würdevolles Aussehen gab. Beide sprachen eifrig miteinander. Eben als ich meine Eßwaren glücklich geborgen hatte, trat der erstere zu dem Konakdschy, unserm Führer, und begann mit ihm eine leise, aber sehr eifrige Verhandlung. Dann wendete er sich an mich, stemmte die Spitze seines Säbels auf die Erde, stützte die Hände auf den Griff, schnitt die Miene eines Pascha von drei Roßschweifen und fragte:
    „Du bist ein Fremder?“
    „Ja“, antwortete ich freundlich.
    „Und reitest bei uns durch?“
    „Ich beabsichtige es allerdings“, sagte ich noch viel freundlicher.
    „So kennst du deine Pflicht?“
    „Welche meinst du?“
    Das klang geradezu herzlich. Der Mann machte mir Spaß. Aber je freundlicher ich wurde, desto grimmiger ward sein Gesicht. Er gab sich die größte Mühe, einen imponierenden Eindruck zu machen.
    „Du hast die Abgabe zu entrichten“, erklärte er mir.
    „Eine Steuer? Wieso denn?“
    „Jeder Fremde, welcher durch unser Dorf kommt, hat sie zu zahlen.“
    „Warum? Machen Fremde euch einen Schaden, den sie zu vergüten haben?“
    „Du hast gar nicht zu fragen, sondern zu zahlen.“
    „Wieviel denn?“
    „Für die Person zwei Piaster. Ihr seid vier Fremde, denn der Konakdschy kann nicht gerechnet werden, da er uns bekannt und ein Kind des Landes ist; du aber bist der Anführer dieser Leute, wie er mir sagte,

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