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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und hast also acht Piaster zu zahlen.“
    „So sage mir doch einmal, wer du bist!“
    „Ich bin der Feriki ameje daïr eminlikün (‚Chefgeneral der öffentlichen Sicherheit‘) dieses Ortes.“
    „Da bist du freilich ein bedeutender Mann. Aber wie dann, wenn ich mich zu zahlen weigere?“
    „So pfände ich euch.“
    „Wer aber hat den Befehl gegeben, von jedem Fremden diese Steuer zu erheben?“
    „Ich und der Kiaja.“
    „Befindet er sich auch hier?“
    „Ja, dort steht er.“
    Er deutete auf den Würdevollen, mit welchem er vorhin gesprochen hatte und der jetzt seinen Blick erwartungsvoll auf mich gerichtet hielt.
    „Rufe ihn einmal her!“ gebot ich.
    „Wozu? Was ich sage, das hat zu geschehen, und zwar sofort, sonst –“
    Er machte mit dem Säbel eine drohende Bewegung.
    „Still!“ antwortete ich ihm. „Du gefällst mir außerordentlich, denn du hast denselben Grundsatz, wie ich: Was ich sage, das hat zu geschehen. Ich zahle die Steuer nicht.“
    „So nehmen wir euch so viel von euren Sachen, daß wir gedeckt sind!“
    „Das würde euch schwer werden.“
    „Oho! Wir haben erfahren, wer ihr seid. Wenn ihr euch nicht fügt, so bekommt ihr die Peitsche!“
    „Halte deine Zunge im Zaum, denn ich bin gewohnt, mit Achtung und Ehrerbietung behandelt zu werden. Die Steuer zahle ich nicht; aber ich sehe, daß du ein armer Teufel bist, und so will ich dir aus Güte zwei Piaster schenken!“
    Ich griff schon in die Tasche, um ihm dieses Bakschisch zu geben, zog aber die Hand wieder zurück, denn er hob den Säbel empor, fuchtelte mir mit demselben vor dem Gesicht herum und rief:
    „Ein Bakschisch etwa? Mir, der ich der Bekdschi und Kajyrdschy (Bewahrer und Behüter) dieser Gemeinde bin? Das ist eine Beleidigung, welche ich auf das strengste bestrafen muß. Die Steuer wird verdoppelt werden. Und wie soll ich dich behandeln? Mit Achtung und Ehrerbietung? Du bist ein Tschapkyn (Lump), vor dem ich nicht eine Spur von Achtung haben darf. Du stehst so tief, so tief unter mir, daß ich dich gar nicht sehe, denn –“
    „Schweig!“ unterbrach ich ihn. „Wenn du mich nicht sehen kannst, so wirst du mich fühlen. Hebe dich von dannen, sonst erhältst du die Peitsche!“
    „Was?“ brüllte er. „Die Peitsche? Das sagst du mir, dem Mann von Geltung und Gewicht, während du eine tote Ratte und eine verhungerte Maus bist gegen mich. Hier stehe ich, und hier ist mein Säbel! Wer verbietet es mir, dich zu erstechen? Es würde ein Spitzbube weniger auf der Erde sein. Du samt deinen Begleitern –“
    Er wurde abermals unterbrochen. Halef legte ihm die Hand auf die Achsel mit den Worten:
    „Schweig nun endlich, sonst macht der Effendi Ernst, und du bekommst die Steuer dorthin ausgezahlt, wo du sie nicht wegnehmen kannst.“
    Da versetzte der ‚Ortswachtmeister‘ dem Hadschi einen Stoß, daß dieser einige Schritte zurücktaumelte und schrie ihn an:
    „Wurm! Wagst du es wirklich, den obersten Beamten dieser Ortschaft zu berühren? Das ist ein Verbrechen, welches augenblicklich bestraft werden muß. Nicht ich bin es, sondern du bist es, der die Peitsche erhalten wird. Herbei, Kiaja, herbei ihr Männer! Haltet dieses Männlein fest! Er soll die Hiebe mit seiner eigenen Peitsche empfangen.“
    Der Kiaja hob schon den Fuß, um näherzukommen, aber er zog ihn schnell zurück. Der Blick, welchen ich ihm zuwarf, schien ihm nicht zu gefallen. Sein Beispiel bewirkte, daß auch keiner der andern der Aufforderung des ‚Chefgenerals der öffentlichen Sicherheit‘ gehorchte.
    „Sihdi, soll ich?“ fragte Halef.
    „Ja“, nickte ich ihm zu.
    Es genügte ein Wink von ihm zu Osco und Omar. Im nächsten Augenblick lag der Mann an der Erde, mit dem Rücken nach oben. Osco hielt ihn an den Schultern nieder, und Omar kniete ihm auf den Beinen. Der Bursche schrie, aber Halef überschrie ihn:
    „Seht her, ihr Männer und Frauen, wie wir diesem Besitzer großer Worte die Steuer bezahlen! Er erhält sie zunächst; dann aber wird jeder drankommen, der es wagen sollte, ihm beizuspringen; der Kiaja gleich zuerst! Wieviel soll er erhalten, Effendi?“
    „Acht Piaster hat er verlangt.“
    Ich setzte nichts hinzu, doch ersah Halef aus meiner Miene, daß er gnädig verfahren sollte. Er verabreichte ihm also acht Hiebe, und zwar nur der Form wegen. Schmerzen konnten diese acht gelinden Streiche gar nicht erwecken; dennoch machten sie einen gewaltigen Eindruck. Gleich beim ersten Hieb war der ‚Chefgeneral‘ still geworden. Jetzt,

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