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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Nicht schlagen!“
    Indem ich diese Worte rief, versetzte ich ihm zugleich einen Stoß, daß er weit zur Seite taumelte. Das Tier machte eine halbe Wendung gegen mich, sperrte den Rachen auf und stieß einen langgezogenen Wutschrei aus, welcher weder Heulen noch Brüllen, sondern beides zugleich zu nennen war. Ich fühlte den heißen, stinkenden Atem dieses Rachens, als ich an dem Bären vorüberschnellte. Eine blitzschnelle Schwenkung – er griff nach mir, traf aber nur Luft, da ich mich bereits nicht mehr vor ihm befand, sondern an seiner rechten Seite stand. Mit der Linken ihn bei den Troddeln des Hinterkopfes packend, holte ich mit der rechten weit aus und stieß ihm das Messer ein – zweimal bis an das Heft zwischen die bekannten beiden Rippen.
    Das war so schnell geschehen, daß er die beiden tödlichen Stiche empfangen hatte, bevor sein Brüllen verklungen war.
    Er warf sich auf den Hinterpranken nach mir, nach rechts herum, aber seine Tatze streifte mich bloß ganz unschädlich an der Schulter. Natürlich hatte ich das Messer nicht stecken lassen, sondern es wieder herausgezogen. Zwei Sprünge nach rückwärts brachten mich aus der Nähe der Krallen. Dort blieb ich stehen, das Auge auf das Tier gerichtet und den Arm zum abermaligen Stoß erhoben, wenn dies notwendig werden sollte.
    Aber der Bär folgte mir nicht. Mit weit aufgerissenem, geiferndem Rachen stand er völlig bewegungslos – die kleinen, funkelnden Augen unsäglich grimmig auf mich gerichtet. Dann schlossen sie sich langsam und versuchten vergeblich, sich abermals weit zu öffnen. Ein Zittern durchlief den gewaltigen Körper; dann sank derselbe erst auf die Vorderbeine, welche – den Boden scharrend – festen Halt nehmen wollten, aber vergeblich, und fiel dann langsam und zuckend auf die Seite.
    Ein leises, rollendes Brummen drang noch aus dem sich schließenden Maul; die Beine streckten sich aus – der Bär war tot.
    „Allah, akbar!“ rief Halef, welcher auf seiner Stelle erstarrt zu sein schien. „Allah ist groß, und dieser Bär ist fast ebenso groß. Ist er tot, Sihdi?“
    „Ich denke es.“
    „Das war schrecklich!“
    „Danke Gott tausendmal, daß es so glücklich abgelaufen ist!“
    „Ja, Allah sei Preis und Ehre gebracht! So gar groß hatte ich mir einen Bären doch nicht vorgestellt. Er ist ja größer als ein Löwe, welcher doch das mächtigste der Raubtiere ist!“
    Er wollte sich dem Tiere nähern.
    „Bleib!“ gebot ich ihm. „Noch dürfen wir nicht sicher sein, daß er wirklich tot ist. Ich will prüfen.“
    Ich trat zu dem Tier, hielt ihm den Revolver an das geschlossene Auge und drückte zweimal ab. Es regte sich nicht.
    „Jetzt kannst du herbeikommen und ihn betrachten. Ist er nicht viel, viel länger als du?“ fragte ich den Hadschi.
    „Ja, ich glaube, er ist sogar noch länger, als du bist, Sihdi. Ich sage dir: ich habe nicht gezittert, als ich ihm gegenüberstand; aber das Herz drohte doch, mir stehenzubleiben. Ich hatte nur noch eine einzige Kugel.“
    „Wo war die andere hin?“
    „Die hatte ich ihm draußen zugesandt, als ich ihn zuerst erblickte. Er trollte vom Schuppen fort und nach der Haustür zu, in welcher er verschwand. Ich werde ihn nicht getroffen haben. Die zweite Kugel aber ist ihm ganz sicher in die Brust gedrungen, denn er stand nur zwei Schritte weit, und zwar aufgerichtet vor mir. Ich konnte also genau zielen.“
    „Erzähle kurz, wie alles geschehen ist.“
    „Nun, ich rannte natürlich nach dem Schuppen, denn ich hatte Oscos Gewehr an dem Knall erkannt und konnte also annehmen, daß der Bär zu den Pferden wollte. Ich hatte den Schuppen noch nicht erreicht, da hörte ich von seitwärts her einen Schrei, kümmerte mich aber nicht darum. Am Schuppen angekommen, sah ich, daß zwei Bretter eingebrochen seien, und erfuhr von Osco und Omar, der Bär habe das getan. Ich rannte also weiter. Da lag ein dunkler Körper am Boden und ein größerer stand dabei. Das mußte das Tier sein. Ich blieb stehen, zielte und schoß. Der Bär trollte fort, nach der Tür zu, und ich sprang hinter ihm her. Er ging in das Haus und ich folgte ihm. Als ich die offene Tür erreichte, sah ich ihn drin stehen. Er beschnupperte das Lager des Mübarek.“
    „Tat er diesem nichts?“
    „Ich sah den Alten gar nicht – er war verschwunden. Ich sah nur den Bären, und dieser sah mich. Er drehte sich augenblicklich um, kam auf mich zu und richtete sich empor. Ich hatte vor Schreck vergessen, gleich zu schießen,

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