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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denn seine ungeheure Größe überraschte mich so, daß ich kaum atmen konnte. Jemand schrie mir zu, doch zu schießen. Wo sich derselbe befand, das sah ich nicht, ich hörte ihn nur; aber die Worte gaben mir die Besinnung zurück. Eben als der Bär die Tatzen nach mir ausstreckte, gab ich ihm die Kugel, erhielt aber von ihm einen solchen Stoß, daß ich zur Tür heraus und zu Boden flog. Als ich wieder aufsprang, stand er vor mir. Ich hatte keine Kugel mehr; an das Messer dachte ich nicht. Ich wollte mich mit dem Kolben wehren; da aber kamst du.“
    „Wohl zur rechten Zeit!“
    „Ja, denn ich bin überzeugt, daß mein Gewehr an seinem Schädel zersprungen wäre. Dann hätte er mich zerrissen. O, Sihdi, ich habe dir das Leben zu verdanken!“
    Er ergriff meine Hand und zog sie an seine Brust.
    „Laß das gut sein. Du hättest ebenso gehandelt, wären unsere Rollen vertauscht gewesen.“
    „Ja, aber ich zweifle sehr, daß es mir gelungen wäre, dieses Raubtier mit dem Messer zu erlegen. Du hast schon früher Bären getötet, graue Bären, welche noch weit größer und gefährlicher sind, als dieser hier; ich aber nicht. Dieses Raubtier ist wirklich größer als ein Löwe.“
    „Massiger, ja. Der Körper, welcher da hinten liegt, muß derjenige des alten Mübarek sein. Wahrscheinlich ist er tot. Der letzte Fieberanfall hat ihn herausgetrieben. Aber es befremdet mich, daß er so schnell zusammengebrochen ist.“
    „Der Bär stand bei ihm. Sollte dieser ihn getötet haben?“
    „Möglich. Jetzt wollen wir zunächst nach den anderen sehen.“
    Wir traten in die Stube. Das Licht, durch welches dieselbe erleuchtet wurde, kam von oben herab. Als ich emporblickte, sah ich den Konakdschy und die beiden Wirtsleute oben auf den Deckenstangen hocken. Sie hatten brennende Späne in den Händen.
    „Du selbst kommst auch, Herr?“ fragte der erstere. „Wo ist der Bär?“
    „Er liegt vor der Tür.“
    „Allah, Allah!“
    Sie kletterten an dem bereits beschriebenen Balken herab, holten unten tief Atem, und der Wirt sagte:
    „Siehst du, daß wir vor ihm nicht sicher waren! Er kam herein. Welch ein Ungetüm! Er war fast so groß wie ein Ochse.“
    „Ihr hattet doch eure Waffen da oben – warum habt ihr nicht geschossen?“
    „Daß wir dumm wären! Dadurch hätten wir ihn ja auf uns aufmerksam gemacht, und er wäre zu uns herauf geklettert. Ein Bär klettert besser als ein Mensch. Weißt du das noch nicht?“
    „Ich weiß es. Also ihr schösset nicht, aber meinen Hadschi habt ihr aufgefordert, zu schießen?“
    „Natürlich! Er wollte das Tier ja erlegen; wir hatten uns keine so verwegene Tat vorgenommen, und“ – fügte er mit pfiffiger Miene hinzu – „wenn er den Bär angriff, so dachte dieser nicht an uns!“
    „Sehr klug, aber auch sehr feig von euch! Wo ist der Mübarek?“
    „Draußen. Das Fieber packte ihn, und er rannte fort. Hätte der Alte nicht dabei die Tür geöffnet, so wäre es dem Bären unmöglich gewesen, hereinzukommen. Wo mag der Unvorsichtige sein?“
    „Er liegt tot draußen. Wir wollen das ausgelöschte Feuer wieder anzünden.“
    Sie folgten uns hinaus, aber sie getrauten sich nicht, zu dem Raubtier zu treten. Sie wollten, bevor sie es wagten, erst das Feuer wieder anzünden, um zu sehen, ob der Bär auch wirklich tot sei. Halef ging, um Osco und Omar zu holen.
    Auch diese beiden konnten kaum Worte finden, ihr Erstaunen über die Größe des Tieres auszudrücken. Petz war von der Schnauze bis zur Schwanzwurzel gewiß zwei Meter lang. Vier Zentner wog er sicher. Drei Männer mußten sich anstrengen, um ihn bis in die Nähe des Feuers zu schleifen.
    Unterdessen nahm ich einen brennenden Ast und ging zu dem Mübarek. Halef folgte mir. Der Alte war nicht an seiner Wunde gestorben, obgleich auch diese ihm nur eine kurze Frist gelassen hätte. Sein Kopf lag tief im Genick, und seine Brust war, sozusagen, ein Brei von Fleisch, Blut und zerschlagenen Rippen. Der Bär hatte ihm das Genick gebrochen und dann die Brust aufgerissen, war aber durch den Schuß Halefs vertrieben worden.
    Wir sagten kein Wort und kehrten zum Feuer zurück. Dort meldete Halef, was wir gesehen hatten, und erzählte dann, auf welche Weise der Bär erlegt worden war.
    In Anbetracht der Größe des Tieres wollten selbst Osco und Omar es nur schwer glauben, daß ich gewagt hatte, es nur mit dem Messer anzugreifen. Bei den andern behielt der Eigennutz noch vor dem Staunen die Oberhand. Der Kohlenhändler befühlte den Bären

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