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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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diesem Falle säße er sicher ganz vorn an der Felsenkante. Wenn wir uns weiter links, also rückwärts von ihm halten, kann er uns weder sehen noch hören. Sollte dennoch zufällig einer auf uns treffen, so machen wir ihn mit den Händen unschädlich, indem wir möglichst jedes Geräusch vermeiden. Ich habe zu diesem Zweck einige Riemen eingesteckt.“
    „Du weißt, daß auch ich stets solche bei mir habe; sie sind oft schnell vonnöten.“
    „Nur wenn wir es mit mehreren zu tun bekommen, greifen wir nach den Gewehren. Ich werde nur notgedrungen schießen, und selbst dann wollen wir nicht töten. Ein Schuß in das Knie wirft den grimmigsten Feind zu Boden. Also vorwärts!“
    Wir huschten voran und gaben uns Mühe, wenige Zweige zu berühren. Es war unsere Absicht, uns mehr links zu halten, aber wir waren noch nicht sehr weit gekommen, so hörten wir rechts von uns ein Geräusch, welches uns zum Stehen brachte.
    „Was mag das sein?“ flüsterte Halef.
    „Da wetzt einer sein Messer auf dem Stein. Welch eine Unvorsichtigkeit von ihm!“
    „Er ahnt ja nicht, daß wir auf den Gedanken kommen können, hier bergauf zu steigen. Gehen wir vorüber?“
    „Nein. Wir müssen wissen, wer es ist. Lege dich auf die Erde. Wir dürfen jetzt nur kriechen.“
    Wir schoben uns der Stelle entgegen, von welcher wir das Wetzen vernommen hatten, und gelangten bald in die Nähe der Felsenkante. Dort saß – Suef, der Spion, auf Posten und wetzte sein Messer mit einem Eifer an dem scharfen Gestein, als würde ihm diese Arbeit mit silbernen Piastern bezahlt. Er hatte uns den Rücken zugekehrt.
    Jedenfalls sollte er nach uns ausschauen; aber er hatte just diejenige Stelle gewählt, von welcher aus er uns erst dann bemerken konnte, wenn wir uns fast unter ihm befanden. Freilich, wären wir nur wenige Schritte weitergeritten, so hätte er uns gesehen.
    „Was tun?“ fragte Halef. „Lassen wir ihn ruhig sitzen?“
    „O nein! Hier steht Moos am Boden. Nimm eine gute Handvoll! Ich werde ihn hinten so beim Genick fassen, daß er den Mund aufsperren muß, ohne schreien zu können. Dann steckst du ihm das Moos hinein. Ich krieche voran. Sobald ich bis auf Manneslänge zu ihm gekommen bin, kannst du dich erheben und auf ihn losspringen.“
    Langsam und leise krochen wir unter den Büschen auf Suef zu. Gar nicht weit hinter ihm stand ein Baum, welchen ich als Deckung nahm, so daß der Stamm desselben sich genau zwischen mir und ihm befand.
    Jetzt erreichte ich den Baum. Noch zwei Sekunden, und ich war dem Späher so weit, wie erwähnt, nahe gekommen. Hinter mir richtete sich Halef auf, zum Sprung bereit. Aber der Kleine war ein Wüstensohn, nicht ein Indianer; er trat auf einen herabgefallenen, dürren Zweig – dieser knackte, und Suef fuhr mit dem Gesicht nach uns herum.
    Kein Maler vermag es, den Ausdruck des starren Entsetzens wiederzugeben, welchen die Züge des Spions annahmen, als er uns erblickte. Er wollte schreien, aber er hätte wohl keinen Ton hervorgebracht, auch wenn ihm von mir die Zeit dazu gelassen worden. Ich hatte mich augenblicklich zu ihm hingeschnellt und ihm die beiden Hände um den Hals gelegt. Er strampelte mit den Armen und Beinen und öffnete den Mund weit, um nach Luft zu schnappen. Im Nu war Halef da und steckte ihm das Moos zwischen die Zähne. Ich hielt noch eine Weile fest. Die Bewegungen ließen nach, und als ich nun die Hände von ihm nahm, war er besinnungslos.
    Ich hob ihn auf und trug ihn fort, zwischen die Büsche hinein. Sein Messer war ihm entfallen, die Flinte hatte neben ihm gelegen. Wo er sie herhatte, wußte ich nicht. Halef brachte beides nach.
    Wir lehnten ihn sitzend an einen Baumstamm und banden ihn so an denselben, daß dieser von seinen nach rückwärts gebogenen Armen umfangen wurde. Dann banden wir ihm noch den mehrfach zusammengelegten Zipfel seines Gewandes um den Mund, damit es ihm unmöglich wäre, das Moos mit der Zunge herauszustoßen. Wir mußten ihm das Schreien verleiden.
    „So!“ kicherte Halef leise. „Der ist sehr gut versorgt. Was nun weiter, Sihdi?“
    „Wir setzen unsern bisherigen Weg fort. Horch!“
    Es klang wie Schritte. Und wirklich, wir hörten jemand kommen. Der Betreffende schien sich der Stelle zu nähern, an welcher Suef gesessen hatte.
    „Wer mag es sein?“ raunte mir der Hadschi zu. Seine Augen funkelten vor Kampfeslust.
    „Keine Übereilung!“ gebot ich.
    Ich wand mich zwischen den Büschen hindurch und erblickte Bybar. Seine Riesengestalt stand neben

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