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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beritten sein müssen. Er selbst will sie anführen, und da muß ihm dieser Prachthengst überaus willkommen sein.“
    „Einen Einfall im Großen? Ist das nicht sehr gefährlich?“
    „Nicht so sehr, wie es den Anschein hat. Jetzt gärt es überall. Man spricht nicht mehr von Räubern, sondern von Patrioten. Das Handwerk hat den politischen Turban aufgesetzt. Wer nach dem Besitz anderer trachtet, der gibt an, sein Volk frei und unabhängig machen zu wollen. Doch ich bin nicht gekommen, um mit dir über diese Angelegenheit zu sprechen, sondern ich habe einen andern Auftrag des Schut auszurichten. Ist die Höhle jetzt leer?“
    „Ja.“
    „Und du hast auch für die nächste Zeit keinen Bewohner derselben zu erwarten?“
    „Nein. Eigentlich war beabsichtigt, diesen Deutschen mit seinen drei Begleitern hineinzulocken; aber dies ist nicht mehr nötig, da sie jetzt am Teufelsfelsen getötet werden, und wenn wir es getan hätten, so wäre die Sache in zwei oder drei Stunden vorüber gewesen. Ich hätte den Meiler da hinter uns angebrannt; der Rauch wäre in die Höhle geströmt, und sie hätten ersticken müssen.“
    „Aber der Rauch bleibt so lange drin, daß tagelang niemand hinein kann?“
    „O nein. Er zieht oben durch die hohle Eiche ab. Wenn ich die Tür hier unten öffne, entsteht ein so wirksamer Zug, daß bereits nach einigen Stunden keine Spur von dem Rauch zu bemerken ist.“
    „Das ist ja ganz prächtig eingerichtet! Also du brauchst die Höhle auf keinen Fall?“
    „Nein.“
    „Das wird dem Schut sehr lieb sein. Wir haben nämlich einen Fremden geangelt, welcher hier einquartiert werden soll, um sich dann loszukaufen. Dieser soll hier aufgehoben werden.“
    „Wieder einmal? Ist denn bei euch im Karaul kein Platz?“
    „Nein. Da steckt jetzt ein Kaufmann aus Skutari, welcher durch Hamd el Amasat in unsere Falle geliefert worden ist. Seine Familie wird nachkommen, so daß er uns sein ganzes Vermögen lassen wird. Hamd el Amasat hat diese Familie bereits früher gekannt, und es ist ein Geniestreich von ihm, sich dieses Kaufmanns bemächtigt zu haben.“
    Was ich hier hörte, war mehr wert als Geld. Da, an dem alten Meiler erfuhr ich ja alles, was sich mir bisher von Tag zu Tag in immer weitere Ferne gerückt hatte!
    Also der Schut war wirklich jener persische Pferdehändler Kara Nirwan und wohnte in Rugova. Dort gab es einen Karaul, also einen alten Wart- oder Wachtturm, in welchem ein Kaufmann aus Skutari, jedenfalls Galingré, gefangen saß, damit ihm sein ganzes Vermögen abgenommen werden könne. Und seine Verwandten sollten nachkommen, jedenfalls durch eine satanische List herbeigelockt. Das war ein echter Skipetarenstreich!
    Und ein Einfall nach Serbien war geplant, bei welchem der Schut meinen Rih reiten sollte! Zum Glück befand sich der Hengst noch in meinem Besitz, und ich verspürte gar keine Lust, ihn mir nehmen und mich töten zu lassen.
    Weiter kam ich in meinen Betrachtungen nicht, denn ich hörte etwas, was meine größte Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, etwas, was ich eigentlich hätte für unmöglich halten sollen. Der Köhler fragte nämlich:
    „Lohnt es sich denn auch, denjenigen hier bei mir aufzunehmen, welchen ihr mir schicken wollt?“
    „Gewiß. Der Mann scheint ungeheuer reich zu sein.“
    „Du nanntest ihn einen Fremden. So wohnt er also nicht hier in dem Land der Arnauten?“
    „Nein, er ist ein Ausländer, ein Inglis.“
    „Ah, die sind freilich stets reich. Habt ihr ihn schon in eurer Gewalt?“
    „Noch nicht, aber er ist uns sicher. Er wohnt in Konak zu Rugova und scheint dort auf jemand zu warten, der aber gar nicht kommen will. Er ist mit gemieteten Pferden und Dienern gekommen und hat sogar einen Dragoman bei sich, dem er täglich dreißig Piaster und alle seine Bedürfnisse bezahlt. Dieser Mensch ist eine lächerliche Gestalt. Er ist sehr lang und dürr, trägt zwei blaue Fenster vor den Augen, hat einen Mund wie ein Köpek balyghy (Haifisch) und eine Nase, welche jeder Beschreibung spottet. Sie ist unendlich lang und wie ein Chyjar (Gurke) gestaltet und scheint überdies vor kurzem mit einer Jumruk Halebi (Aleppobeule) behaftet gewesen zu sein. Er lebt wie ein Großsultan, und niemand kann ihm die Speisen kostbar genug zubereiten. Wenn er seinen Beutel öffnet, so sieht man nur Goldstücke flimmern; aber dennoch kleidet er sich wie ein Spaßmacher aus den Nebelbildern. Sein Anzug ist ganz grau, und auf dem Kopf hat er einen grauen Hut, welcher so hoch ist wie

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