17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
Augenbrauen hochgezogen, aber alle, die Kit und Nell gut kannten, wussten, dass sie füreinander bestimmt waren.
Während Nell leise lächelnd auf uns zukam, entdeckte ich in Kits Augen ein neugieriges Flackern.
» Ist es wahr«, fragte er, » dass sich William in Mae Bowen verliebt hat?«
» Natürlich ist es wahr«, sagte Nell heiter. » Weil er nicht nach ihr gesucht hat, hat er sie gefunden. Sie weiß es noch nicht, aber er ist ihr Ritter in glänzender Rüstung.« Sie seufzte zufrieden und verschränkte ihre Hand mit Kits. » Zusammen werden sie jeden Drachen besiegen.«
Nell wirkte oftmals wie von einem anderen Stern, aber hinter ihrer magischen Art verbarg sich ein messerscharfer Verstand. Meines Erachtens besaß sie ein hohes Maß an Intuition, das es ihr erlaubte, menschliches Verhalten mit unheimlicher Treffsicherheit vorauszusagen. Bill hingegen behauptete , dass sie tatsächlich von einem anderen Stern stamme. Wie auch immer, jedenfalls verstand Nell die Menschen weit besser als ich.
» Wenn das so ist, dann sollten William und Amelia besser ihre Schwerter wetzen«, sagte ich. » Denn Drachen gibt es im Dorf einige.« Ich erzählte, welche Gefahr von den emsigen Mägden ausging, von der Bedrohung durch die Bowenisten, von unserer Suche nach Gamaliels geheimen Aufzeichnungen und davon, wie Amelia Stein und Bein geschworen hatte, sich nicht wieder zu vermählen. » Also, ein Märchen hört sich anders an, Nell«, schloss ich. » Die Geschichte ist viel komplizierter.«
» Märchen sind auch kompliziert«, erwiderte Nell unbeirrbar, » und haben dennoch immer ein Happyend. Und für William und Amelia wird es auch eines geben, du wirst schon sehen.«
» Und was dieses Manuskript betrifft«, sagte Emma, die wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehrte, » so haben Derek und ich kein altes Pergamentdokument gefunden, als wir das Herrenhaus renovierten. Und wir haben uns jeden Winkel vorgenommen.«
» Schade«, sagte ich. » Ich dachte, du hättest die nächste Seite gefunden und an deiner Kühlschranktür befestigt.«
» Das könnte dir so passen«, erwiderte Emma mit einem ironischen Lächeln.
» Aber der Name Mistress Meg sagt mir etwas.« Kit fuhr sich mit der Hand durch sein graues Haar. » Mein Stiefvater hat mir immer gruslige Geschichten über eine Hexe namens Mad Maggie erzählt, die durch den Wald schlich und unschuldige Kinder in Stücke hackte. Ich dachte, sein Kindermädchen hätte dieses Schreckgespenst erfunden, aber vielleicht geht die Figur ja auf Mistress Meg zurück.«
» Und dein Stiefvater ist hier auf Anscombe Manor aufgewachsen.« Ich sah ihn aufgeregt an.
» Kit auch«, sagte Emma. » Es war hundert Jahre lang in Besitz der Anscombes, bevor Derek und ich es kauften.«
» War das Kindermädchen deines Stiefvaters auch von hier?«, fragte ich Kit.
» Ich glaube schon. Warum? Spielt das eine Rolle?«
» Mad Maggie ist eine auf Finch beschränkte Legende. Nur Leute, die hier geboren wurden und innerhalb der Gemeindegrenzen von St. George’s aufwuchsen, kennen sie.«
» Du wurdest in Chicago geboren und bist dort aufgewachsen, Lori«, wandte Emma ein, » wie hast du denn von Mad Maggie erfahren?«
» Von Tante Dimity«, erwiderte ich ohne das geringste Zögern, weil ich mit drei von den fünf Menschen sprach, die von dem blauen Notizbuch wussten.
Kit nickte. » Dimity war eine waschechte Einheimische.«
» Sie ist es noch immer«, warf Nell ein.
» Also haben wir es mit zwei Hexen zu tun«, sagte Emma und kehrte abermals auf den Boden der Tatsachen zurück. » Mit einer fiktionalen und einer wirklichen, und beide wohnten im umliegenden Wald.«
» Mad Maggie muss eine verzerrte Version von Mistress Meg sein«, sagte ich nachdenklich. » Jedenfalls hoffe ich, dass sie verzerrt ist. Ich wäre doch sehr enttäuscht, wenn die nächste Seite uns erzählen würde, dass Mistress Meg eines Tages mit einer Axt Amok lief und Hackfleisch aus den Kindern des Dorfes machte.« Ich wandte mich Kit zu. » Erinnerst du dich noch an Einzelheiten der Geschichte über Mad Maggie?«
» Wenn ich mich richtig entsinne, wuchsen ihr Ziegenhörner am Kopf. Aber um ehrlich zu sein, habe ich mich bemüht, diese Horrorgeschichten zu vergessen. Ich bekam Albträume davon.«
Das Geräusch von über das Kopfsteinpflaster trappelnden Pferdehufen erinnerte Emma, Kit und Nell an ihre Pflichten. Das Anscombe Riding Center war ein Familienbetrieb, und auf alle drei warteten Reitschüler. Also gingen sie
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