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170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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sprang aus der Hängematte.
    Sie war im Nu angezogen. Schon huschte sie ans Fenster, blickte hinaus und kniff die Augen zusammen.
    Die Baumwipfel wurden von einer leichten Brise bewegt.
    Der Wald endete kurz vor der Bergkuppe. Irgendwo dort oben – in der Dunkelheit so gut wie unsichtbar – ragte das Kloster auf…
    Nach der gespenstischen Begegnung mit Shaggai hatte Aruula sich lange mit Suúna über die Fremden unterhalten.
    Nach allem, was sie in der schillernden Aura des Jungen gesehen hatte, konnte sie jedem Menschen nur abraten, sich in die Nähe dieser Leute zu begeben.
    »Auch ich bin aus hartem Holz geschnitzt«, hatte Suúna lachend erwidert. Aruula sah ihre ausgestreckte Hand noch jetzt auf die blauschwarzen Schießeisen deuten. »Bei unserer Begegnung mit Abduls Bande hast du doch gesehen, was meine Waffen anrichten können.«
    Ich weiß seit Jahren, was solche Waffen anrichten können.
    Ich habe Waffen in Aktion gesehen, von der du nicht mal weißt, dass sie existieren. »Ich weiß, wie Schusswaffen wirken. Aber gegen Geister wirken sie nicht.«
    »Geister?« Suúnas Stirn runzelte sich. »Du glaubst an solchen Quatsch, Aruula?«
    »Geist im Sinne von Intelligenz«, erwiderte Aruula. »Ich rede nicht von Gespenstern.«
    »Hm, interessant.« Suúna hatte sie leicht erstaunt angeschaut. »Wer bist du eigentlich? Wo kommst du her?«
    Dann, mit prüfend zusammengekniffenen Augen: »Wo gehst du hin?«
    Vor Aruulas geistigem Auge manifestierte sich ein brennender Felsen, dessen Umfang sie nicht abschätzen konnte. Sie wusste nicht im Geringsten, wo er sich befand.
    Eine namenlose Kraft, die auf ihre Sinne einwirkte, leitete sie seit vielen Monaten in seine Richtung.
    »Die Hafenstadt Yangonn ist… war bisher mein Ziel.«
    »Du weichst mir aus.«
    Aruula seufzte. »Ich bin nur eine Abenteurerin. Ich stehe nicht im Sold irgendeiner Macht, vor der du dich fürchten musst. Ich bin niemand, den man kennt. Ich ziehe seit Jahren von hier nach dort.«
    Suúnas Blick blieb voller Argwohn. »Bist du eine Söldnerin?«, fragte sie.
    »Eigentlich nicht.« Aruula schüttelte den Kopf. »Aber ich kann ganz gut mit dem Schwert umgehen.«
    »Du hast dich nie nach meinen Schusswaffen erkundigt. Du tust so, als seien sie das Normalste auf der Welt. Und obwohl du dir Mühe gibst, als einfache Frau aufzutreten, sprichst du manchmal Wörter aus, die mir sagen, dass du mehr bist als du vorgibst.«
    Das hat Maddrax mich gelehrt: Mehr sein als scheinen kann oft nützlich sein. »Ich bin ziemlich weit herumgekommen. Deine Schießeisen mögen hier Raritäten sein, in anderen Gegenden der Welt sind sie es nicht. Ich habe solche Waffen schon oft gesehen.«
    »Wo?«
    Aruula breitete die Arme aus. »In Euree. In den Städten von Landán bis Moska. In Meeraka. Dort existieren Kulturen, von denen man hier nichts weiß.«
    Suúna lächelte. »Wie kommt es, dass du so viel von der Welt gesehen hast, wo du doch höchstens zwei oder drei Jahre älter bist als ich?«
    Oh? Für so jung hält sie mich? Aruula war entzückt.
    »Ich bin oft geflogen«, sagte sie. Sie hatte plötzlich große Lust, mit etwas Besonderem zu prahlen.
    »Etwa mit einem Zeppelin?«
    Aruula machte große Augen. »Woher weißt du, was das ist?« Ihre Verblüffung war grenzenlos.
    »Nun, bei uns haben höhere Töchter eine Bildung.« Suúnas Gekicher wirkte überheblich.
    Nun ärgerte Aruula sich über ihre Angeberei. Sie wechselte schnell das Thema. »Ich rate dir dringend, deinen Plan zu vergessen. Ich kann nicht ausschließen, dass die Fremden über Geistesgaben verfügen, mit denen sie dich zu Orguudoo schicken, bevor du deine tollen Kracher auch nur gezogen hast.«
    Suúnas Lachen war im ganzen Raum zu hören. »Ich hab zu viel riskiert, um jetzt aufzugeben. Hast du vergessen, dass Abdul hinter mir her ist? Ich kann nicht auf den Edelstein verzichten. Ich brauche ihn! Wenn ich ihn habe, zerlege ich ihn in tausend Splitter und gehe dorthin, wo ein Königreich auf mich wartet.«
    »Tut mir Leid«, hatte Aruula gesagt. »Auch wenn du mir das Leben gerettet hast: Ich kann deinen Plan nicht mehr unterstützen.«
    »Ich nehme es dir nicht übel«, hatte Suúna geantwortet, »denn ich kann dich verstehen.«
    Warum ist sie heute Nacht zum Kloster aufgebrochen ?
    Misstraut sie mir? Wirke ich so, als sei mir an Reichtum gelegen? Oder weiß sie etwa Dinge, von denen ich keine Ahnung habe?
    Aruula trat seufzend vom Fenster zurück. Sie fragte sich, wann der Mensch angefangen

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