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170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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auf eine militärische Organisation? Gehörten sie einem Orden an? Was machten sie hier? Wollten sie sich einnisten oder machten nur Station und setzten ihren Weg bald fort?
    Sie waren bisher, das wusste sie von Suúna, nach Norden gegangen. Welches Ziel konnten sie haben? Welches Geheimnis umgab diesen Edelstein? Wohin beförderten sie ihn?
    Laut Quai hatten sich drei Halbwüchsige nachts aus dem Dorf geschlichen, um sich bei den »Hexen« umzuschauen.
    Pilze sammelnde Dörfler hatten tags darauf am Fuß eines Abgrundes zwei Leichen gefunden. Die Aas fressenden Vultuurs hatten sich schon über sie hergemacht; man hatte sie nur an den Kleidern erkannt. Der dritte Junge, Shaggai, war am Abend brabbelnd auf einem Baumstumpf sitzend aufgegriffen worden.
    Shaggai war nicht mehr bei Sinnen. Man hatte ihn niederschlagen und fesseln müssen. Er erkannte seine Eltern und Geschwister nicht mehr. Nach dem Erwachen hatte er sich im Boden eingraben wollen. Hüttenwänden traute er nicht.
    Man hatte ihn in die Grotte gebracht, in der Vorräte lagerten, die gekühlt werden mussten.
    Shaggais Vater war zum Hof des Fürsten unterwegs. Er wollte den Dienst eines Schamanen erbitten, der den Dämon austrieb, der sich offenbar in dem Jungen eingenistet hatte und mit dessen Zunge sprach.
    Als Aruula Shaggai erblickte, saß der im Licht einer einsamen Kerze an der Grottenwand. Er murmelte Unverständliches. Sein Blick war unstet, huschte von Quai über Suúna zu Aruula und versenkte sich wieder in eine jenseitige Welt.
    Aruula hörte ihm zu.
    »Ya na kadishtu nilgh'ri stell-bsna nyogtha… k'yarnak phlegetor l'ebumna syha'h n'ghft …«
    Quai sagte etwas, und Suúna übersetzte. »Vor einer Woche war er noch der Stolz seiner Familie. Jetzt ist er fort, und ein Geist hat von seiner Hülle Besitz ergriffen.«
    Aruula musterte Shaggai eingehend. Er war hübsch und schlank. Er hatte schulterlanges blauschwarzes Haar. Sein Gesicht war noch bartlos. Wenn er ausgewachsen war, würde er vermutlich Aiko Tsuyoshi gleichen.
    Aruula schätzte ihn auf fünfzehn oder sechzehn Jahre. Er wirkte bedauernswert, als er da hockte und leise vor sich hin murmelte. Seine Worte klangen finster und bedrohlich, wie Beschwörungsformeln, die Wesenheiten galten, die außer ihm niemand wahrnahm.
    Quai trat neben ihn. Als sie eine Hand auf seine Schulter legte, zuckte er zusammen. Quai redete beruhigend auf Shaggai ein. Während Suúna am Ausgang Position bezog, glitt Aruula an der Grottenwand entlang zu Boden.
    Sie setzte sich hin, zog die Beine an, beugte sich vor und schlang die Arme um ihre Knie.
    Ihr Blick tastete Shaggai ab. Sie schloss die Augen, konzentrierte sich und schickte ihren Geist auf die Reise.
    Sie hatte nur selten Gelegenheit, das, was ihr Lauschsinn abtastete, mit den eigenen Augen zu sehen. Meist setzte sie ihre Kräfte ein, wenn sie das Gefühl hatte, dass aus der Ferne Gefahren drohten.
    Diesmal hatte sie die Quelle im Visier. Sie war ihr so nahe, dass ihre innere Kraft diesmal einem Netz aus filigranen Seidenfäden ähnelte, die sich von ihrem Kopf lösten und auf den des Jungen zuschwebten. Aruulas Lauschsinn ertastete Rauschende Wipfel…
    Knirschenden Untergrund…
    Finstere Nacht…
    Schlurfende Schritte…
    Gerunzelte Stirn…
    Gebleckte Zähne…
    Finsteres Loch…
    Langes Messer…
    Grünes Licht…
    Brennendes Gestein.
    Kochende Felsen…
    Heißen Atem…
    Wehende Mäntel…
    Schreie in der Nacht. Blitze? »Was ist in dich gefahren, Ofrem?« Blitze. BLITZE. »Niemand kennt das Leid, spürt den Schmerz…« In der Nacht des Jägers … beißen den Letzten die Hunde … Keine Frau ward je geboren … Erbärmlich warn die Bürgerbeine … »Was, um alles in der Welt …?«
    Ein Sprung aus dem Nichts. Der Grüne Kosmos ist da…
    verdrängt den eigenen… dehnt sich bis an den Rand des Möglichen. Fegt beiseite den Einzigen und sein Eigentum …
    schaut hinaus durch seine Augen… erblickt der Welten Anderssein.
    Ein kurzer/heißer/stechender Schreck! Unter dem leisen Scharren der Kiesel weicht das Gewesene zurück…. sickert durch die Ritzen ins morsche Holz bleicher Knochen …
    Gütiger MacGyver, dachte Aruula, als ihr Geist auf eine Zwei-Sekunden-Lücke stieß. Es fühlt sich an, als wäre Shaggais Geist dort geschmolzen…
    Springendes Objekt.
    Klein?
    Körperlos?
    Aus hiesigen oder jenseitigen Welten?
    Kreischende Energien. Schmerzhafte Farben und Laute.
    Endlos die Röhre, durch die du rast. Bevor du einen Gedanken fassen kannst,

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