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170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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dabei.
    Der Raum war leer. Er hatte einen Ausgang.
    Die Tür war unverschlossen. Suúna öffnete sie und blickte in einen Säulengang hinaus. Hier hörte man die Schritte besser.
    Sie griff in eine Tasche ihres Beinkleids und zog das Binocular heraus. Schon suchten ihre scharfen Augen nach Quellen der Gefahr: Wachen, die in den Säulengängen unter ihr patrouillierten.
    Suúna zählte drei. Eine Wache in jedem Gang. Die im Innenhof waren aufgrund des dort wuchernden Urwaldes nicht zu erkennen. Dafür sah sie fünf Planwagen, die vor den dunklen Gebäuden abgestellt waren, und hörte das leise Schnauben etlicher Moolees, die sich an der saftigen Vegetation gütlich taten, die in dem riesigen Innenhof wuchs.
    Dass das Fallgitter bewacht wurde, hatte sie schon bei der ersten Umrundung der Festung gesehen.
    Früher – so hatte Quai gesagt – war das Kloster immer offen gewesen. Seit dem rätselhaften Tod der jungen Männer und dem Irrsinn Shaggais war alles anders. Die Fremden hatten das Gemäuer einfach in Besitz genommen.
    Ob sie länger bleiben wollten? Niemand wusste es.
    Suúna wartete, bis der für ihren Säulengang zuständige Posten sich näherte.
    Es lag in der Natur der Sache, dass die vermummte Gestalt dem Innenhof mehr Beachtung schenkte als den Türen, an denen sie vorbeikam. Deswegen fuhr sie erst herum, als Suúna sich auf sie stürzte.
    Zu spät. Krack. Schon traf Hartgummi einen Hinterkopf.
    Ein dumpfes Ächzen. Suúna fing die zu Boden sinkende Gestalt auf und schleifte sie in den Raum, aus dem sie gekommen war. Sie legte sie auf den Boden und zog ihr den Kapuzenumhang aus.
    Das Haar der Besinnungslosen war kurz und kraus, ihr Gesicht schwarz und grob geschnitzt. Um sicherzugehen, dass sie es mit einer Frau zu tun hatte, öffnete Suúna ihr Hemd und hielt nach einem Busen Ausschau. Der Jäger, der die Fremden beim Baden beobachtet hatte, hatte nicht gelogen.
    Suúna wollte die Frau fesseln und knebeln, als ihr auffiel, dass diese nicht mehr atmete. Sie war tot! Suúna fluchte leise.
    Das hatte sie nicht beabsichtigt. Sie stand auf, legte sich die Kutte um die Schultern und zog die Kapuze ins Gesicht.
    Sie lauschte mit angehaltenem Atem, doch kein Geräusch drang an ihre Ohren. Sie holte tief Luft. Niemand hatte bemerkt, dass ein Posten aus dem Verkehr gezogen worden war.
    Suúna ging hinaus, zog die Tür hinter sich zu und schritt durch den Säulengang, als sei sie die reguläre Wache.
    Nun galt es den Raum zu finden, in dem der Edelstein lagerte. Es war bestimmt nicht schwierig. Reichtümer wurden überall auf der Welt so gut bewacht, dass man ihr Versteck schon an den Posten erkannte, die sich vor den Türen drängelten…
    ***
    Ich bin Suzee.
    Knapp dreißig waren an Bord, als das Heer des Taratzenkönigs über den Hügel hinter der Ordensburg kam. Es war eine Woge: Die haarigen Bestien rollten wie die Brandung aus dem Dunkel der Nacht hervor und warfen sich auf unsere Schwestern, die zum Landungssteg unterwegs waren, dreihundert an der Zahl, aber schwer beladen und nicht auf das vorbereitet, was über sie hereinbrach.
    Wir – die Mannschaft und die Garde der Kristallenen Göttin – waren über Nacht an Bord geblieben. Wir schrien vor Entsetzen, denn so viele Biester hatten wir noch nie gesehen.
    Es waren mehr als tausend. Sie kreischten wie toll, ihre Mäuler weit aufgerissen. Wir sahen ihre spitzen Zähne und den Geifer, der aus ihren Mäulern lief.
    Unsere Schwestern ließen ihr Gepäck fallen und wehrten sich mit Lanzen und Klingen. Wir, die wir an der Reling des auslaufbereiten Schiffes standen, hoben unsere Armbrüste und ließen eine Salve nach der anderen auf die Taratzen los, denn wir wollten so vielen Schwestern wie möglich den Rücken decken, damit sie den Landungssteg und das Schiff erreichten.
    Das Morgengrauen war von Kreischen, Fauchen und Fiepen erfüllt. Die Ordensburg stand plötzlich in Flammen.
    Während die Tapferen Schwestern reihenweise niedersanken und von den triumphierenden Bestien zerrissen oder fortgeschleppt wurden, gab die Ehrwürdige Mutter den Befehl zum Ablegen, denn es war absehbar, dass wir keine Chance gegen dieses Heer hatten.
    Als wir die Leinen kappten, sprangen noch einige Schwestern auf dem Landesteg an Bord. Dann ging die Sonne auf, und wir sahen, dass die wenigen, die noch kämpften, im Blut unserer Feinde wateten.
    Ich empfand große Dankbarkeit, weil wir davongekommen waren. Wir waren kaum mehr als sechzig – zwanzig Schwestern von der

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