170 - Logbuch der Hölle
- niemand kann das in diesem Alter überleben. Dieser Kerl ist ein Zombie, falls es so etwas überhaupt außerhalb von Hollywood-Studios gibt."
Paco sah den jungen Mann verächtlich an.
„Es gibt viel mehr, Senor", sagte er leise, „als Ihr Euch zu träumen wagen würdet."
Parker hob den Kopf und sah sich um.
Nichts Besonderes zu erkennen - eine ruhige, fast glatte See, ein wenig Mondlicht silbern auf der Oberfläche, die Kimm schwarz zusammenfließend mit dem Dunkel des Himmels. Hoch über dem Schiff das Sternzeichen, das der ESTRELLA DEL SUR den Namen gegeben hatte, das Kreuz des Südens. Dazu ein paar Lichtflecke entlang der Bordwand - dort, wo der Schein der Kabinenbeleuchtung durch die Bulleyes nach draußen fiel. Es plätscherte kurz, als ein Fisch durch die Wasseroberfläche brach und dann wieder verschwand.
„Alles ruhig", stellte Parker fest. Er wollte sich gerade abwenden, um in die Wärme der Kabine zurückzukehren - in diesen klaren Nächten wurde es draußen unangenehm kalt - als das Plätschern wieder zu hören war, diesmal stärker.
Der Klang schwoll an.
„Was ist das?" fragte Mondejo und sah sich hastig um.
„Hört sich an wie ein Wasserfall…", sagte Jaime d'Alessandro. „Oder wie…"
„Verdammt!" stieß Linnero hervor. „Eine Riesenwoge…"
Das Geräusch wurde immer lauter und dröhnender. Mit der Geschwindigkeit einer D-Zug- Lokomotive schien es näherzukommen.
„Jeder an seinen Posten!" rief Parker. „Dreht das Schiff der Welle ent gegen. Die anderen nach unten, macht die Luken dicht, dann haben wir eine Chance!"
Die Menschen hasteten durcheinander. Pedro war der erste, der mit einem wahren Panthersatz den Niedergang hinabstürmte.
Paco hob die Hand.
„Keine Geisterwoge", sagte er in das Tosen und Brausen hinein.
Und dann, sahen die Menschen. dicht neben dem Schiff einen Lichtschein, der aus den Tiefen des Meeres zu kommen schien. Immer heller wurde der Schein - ein gewaltiges, leuchtendes Etwas schien aus den Tiefen der See emporzusteigen, nur knapp einhundert Meter von der ESTRELLA DEL SUR entfernt.
„Was zum Teufel ist das?" stieß Jaime d'Alessandro hervor. „Die NAUTILUS?"
In der Tat fühlte sich auch Jeff Parker an Szenen aus dem Spielfilm nach Jules Vernes Roman erinnert.
Das Gurgeln kam jetzt von überall, von vorn, von hinten, von den Seiten. Unablässig brodelte und rauschte es.
„Sie tauchen auf', stieß Paco hervor. Zum ersten Mal sah Parker auch ihn bleich werden.
Mit ungeheurem Getöse tauchten die Gebilde auf.
Erst eines am Heck der ESTRELLA DEL SUR, dann, eines zur Linken. Dunkle, rostzerfressene Rümpfe, von denen das Wasser herabströmte, zum Teil erleuchtet, zum Teil düster.
Das Leuchten an der Steuerbordseite der ESTRELLA DEL SUR wurde noch greller, und dann schoß aus dem Wasser ein gigantisches Etwas empor, ein Gebirge aus Metall, dumpf schimmernd, von Tang und Algen bedeckt.
„Allmächtiger!" stieß Silvester Mondejo hervor. „Die SAO PAULO?"
Parker schluckte. Auch wenn er ein solches Schiff noch nie aus der Nähe gesehen hatte, wußte er doch, worum es sich handelte - die gigantischen Geschütztürme ließen keinen Zweifel zu.
Ein Schlachtschiff stieg aus dem Meer empor - neben diesem Riesen aus Panzerstahl wirkte die ESTRELLA DEL SUR wie ein Spielzeugboot.
Die Flutwelle, die das auftauchende Schlachtschiff hervorgerufen hatte, ließ die ESTRELLA DEL SUR heftig tanzen und schlingern. Die Menschen mußten sich festhalten, um nicht über Bord zu gehen.
„Was hat es mit der SAO PAULO auf sich?" fragte Parker.
„Ein Schlachtschiff der brasiliani schen Marine", erklärte Linnero furchtgeschüttelt. „Ich kenne die genauen Daten nicht, aber es ist Mitte der dreißiger Jahre ausgelaufen und spurlos verschwunden - ein Schiff von mehr als dreißigtausend Tonnen, mit mehr als tausend Mann Besatzung. Man hat nichts mehr von dem Schiff gefunden, und es hat auch keinen Notruf gegeben. Und das ist… könnt ihr die Schrift dort vorn lesen…? Das ist die SAO PAULO!"
Überall an Bord des Schlachtschiffs brannten die Scheinwerfer, wie von Geisterhand gelenkt, strichen die Strahlen über das nachtdunkle Meer, und was das grelle Licht aus der Dunkelheit riß, war ein ebenso gespenstischer wie grandioser Anblick.
Schiffe, so weit das Auge reichte. Ein Schiff neben dem anderen, Schiffe aller Nationalitäten, Bauarten, Zeitalter.
Ein riesenhafter Öltanker neben einem rostigen Seelenverkäufer, der sechs Jahrzehnte oder mehr auf dem Buckel
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