1705 - Mein Job in der Horror-Höhle
aus, als wären sie zwischendurch bewegt worden, denn es war kein Rost zu sehen. Sie waren auch nicht zum Verschieben, und so taten wir das, was getan werden musste.
Unsere Leuchten steckten wir in die Münder und fassten den Deckel an zwei verschiedenen Seiten an.
Suko gab einen Zischlaut ab. Es war das Zeichen, und so hoben wir den Deckel zugleich an.
Es klappte.
Es ging sogar leichter als angenommen. Der Deckel schwang in die Höhe und gab uns den Blick auf den Inhalt frei. Noch sahen wir nichts, erst als wir die kleinen Lampen wieder zur Hand genommen hatten und in die Truhe hineinleuchteten.
Sie war – ja, war sie leer?
Keiner von uns wusste es. Es war verrückt, aber es stimmte, denn die Truhe sah leer aus, obwohl sie das nicht war. In ihrem Innern befand sich etwas, das schwer zu verstehen, aber durchaus zu beschreiben war.
Schwarz. Oder Schwärze. So dicht, dass unser Lampenlicht augenblicklich verschluckt wurde. Als hätte man den Strahl einfach abgeschnitten.
Suko schaute mich an. Er fand keine Erklärung, und auch ich hob nur die Schultern an.
Judy Gruber flüsterte uns etwas zu. Wir reagierten nicht darauf, das tat jemand anderer, der sich bisher wohl still verhalten hatte und nur Zuschauer gewesen war.
Hellman kicherte. Er war plötzlich wieder da. Er blieb dicht bei uns stehen und gab seinen Kommentar ab. »Es ist euer Verderben. Ja, ihr hättet die Truhe nicht öffnen dürfen. Jetzt ist es zu spät.«
Suko leuchtete ihn an. Die Augen des Halbvampirs glitzerten. Der Mund war nicht geschlossen. Die Spitzen der Zähne schimmerten wie die einer Säge.
»Warum ist es zu spät?«
»Sie sind da!«
»Und wer?«, fragte Suko.
»Alle …«
»Genauer!«
Hellman breitete die Arme aus. »Ihr werdet es sehen. Das ist nicht euer Tag. Ihr habt euch übernommen.« Er lachte wieder und stieß dann einen schrillen Pfiff aus.
Noch geschah nichts. Wir warteten.
Hellman schaute in eine bestimmte Richtung. Da war etwas zu hören. Geräusche und Töne, die sich mischten. Sie hörten sich unheimlich an. Besonders deshalb, weil diejenigen, die sie produzierten, nicht zu sehen waren und im dunklen Hintergrund der Höhle verborgen blieben.
Ob es Stimmen waren, fanden wir nicht heraus. Fledermäuse waren es sicherlich nicht, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Es waren Feinde, denn sie gehörten zu Hellman, der einen Finger anhob und so unsere Aufmerksamkeit auf sich zog.
»Sie sind da. Sie warten, das weiß ich. Ich habe sie gesehen, und sie werden kommen.«
»Wer?«, fragte ich und strahlte ihm direkt ins Gesicht.
Er nahm seinen Kopf zurück. »Alle meine Freunde. Die Höhle ist für uns ein heiliger Ort.«
So etwas aus seinem Mund zu hören war für uns schon befremdend. Wir fühlten uns allerdings nicht bedroht, zumindest Suko und ich nicht. Es würde dem Halbvampir nicht noch einmal gelingen, abzutauchen. Wir hatten möglicherweise das gefunden, was wir gesucht hatten, aber ich wusste noch immer nicht, welche genaue Bedeutung die Truhe hatte.
Ich stellte Hellman die Frage und winkte ihn näher zu mir heran.
»Wir haben die Truhe geöffnet. Jetzt will ich wissen, was sie beinhaltet. Ich sehe nur die Schwärze, aber eine sehr tiefe und dichte Schwärze. Ein Inhalt, der vorhanden ist und trotzdem so wirkt, als befände sich nichts in der Truhe.«
Ich hatte die richtigen Worte getroffen, denn Hellman richtete sich auf, als wollte er uns zeigen, dass noch etwas mehr in ihm steckte, als wir sahen.
»Er ist da!«
»Wer?«
»Unser Erschaffer!«
Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet. Ich drehte den Kopf und warf Suko einen knappen Blick zu. Mein Freund schüttelte nur den Kopf. Auch er begriff nicht, was dieser Halbvampir damit gemeint hatte.
Dabei lag die Lösung auf der Hand. Das wusste auch ich. Ich wollte es nur nicht akzeptieren, und ich sah Sukos Gesicht an, dass er ähnlich dachte.
Den Namen sprach ich trotzdem leise aus, aber so laut, dass Hellman ihn hören konnte.
»Will Mallmann? Dracula II?«
Aus der Kehle des Mannes drang ein Knurrlaut, der sich langsam veränderte. Ein Lachen war zu hören und dann die Bestätigung.
»Ja, er ist es. Es ist unser Meister, dem wir alles zu verdanken haben …«
Suko und mir hatte es die Sprache verschlagen. Wir schauten uns an, was auch Hellman sah und über unseren Unglauben kicherte.
»Sein Geist ist da. Jemand hat ihn uns gebracht. Er ist nicht tot. Er ist für ewig da. Man hat ihn uns gebracht, versteht ihr? Er soll und wird immer
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