1706 - Lockvogel der Nacht
sah die Wolke ebenfalls und nickte.
»Das ist sie.«
»Was meinst du damit?«
»Wir kennen sie. Diese Wolke ist etwas Besonderes. Sie ist eine Welt für sich. Wir wissen das, weil wir vorher in ihr gesteckt haben.«
»Und weiter?«
Hellman grinste sie frech an. »Nichts weiter. Jetzt sind wir hier, Justine.«
»Meinen Namen kennst du auch?«
»Ja, wir sind gut informiert.«
Es ärgerte die Blutsaugerin, dass sie nur so wenig wusste, aber das würde sich ändern, darauf hätte sie ihre beiden Blutzähne verwettet.
Das pechschwarze Gebilde war ihr zwar neu, aber so neu oder unbekannt doch nicht. Irgendwann hatte sie mal etwas davon gehört. Darüber war gesprochen worden. Aber wann und wo?
Sie selbst hatte noch nie mit diesem Gebilde Kontakt gehabt. Wenn, dann kannte sie es aus Erzählungen, und die konnten nur von Personen stammen, die sie bisher als Partner angesehen hatte.
An erster Stelle John Sinclair. Aber auch Jane Collins, bei der sie sich eingenistet hatte.
Egal, was, wie und wo, jetzt kam es darauf an, dass sie mit dieser Gefahr fertig wurde.
Sie kam. Sie rollte. Es war kein Laut zu hören, und je näher sie kam, umso mehr veränderte sie sich. Sie wurde kaum größer, doch ihre neue Form ließ es so aussehen. Denn jetzt verwandelte sie sich in einen gewaltigen Ball.
Pechschwarz und alles verschlingend, über das sie hinwegrollte.
Die Halbvampire taten nichts. Sie ließen die schwarze Wolke an sich herankommen, aber sie stellten sich ihr nicht in den Weg, sondern gingen einfach zur Seite.
Nicht die Cavallo. Sie blieb auf der Stelle stehen, weil sie wusste, dass dieses Etwas nur ihretwegen entstanden war und etwas von ihr wollte.
Man konnte von einem wahren Monstrum sprechen. Etwas, das es auf dieser Erde eigentlich nicht gab, das vielleicht aus einer Parallelwelt gekommen war und den Halbvampiren nichts antat.
Darüber musste Justine nachdenken. Da gab es eigentlich nur eine Erklärung. Die Halbvampire mussten es geschafft haben, sich Verbündete zu holen oder diesen einen, den selbst die Cavallo mit Skepsis betrachtete, was bei ihr nur selten vorkam. Sie dachte sogar an Flucht. Doch das war nur ein kurzer Gedanke. So etwas hatte sie noch nie getan. Sie hatte sich den Problemen stets gestellt und es auch immer geschafft, Lösungen zu finden.
Noch brannte zwischen ihr und der Wolke das Feuer. Zwar schlugen kaum noch Flammen hoch, es bestand mehr aus heißer Glut, aber es war noch vorhanden, und die Vampirin wartete darauf, dass die Wolke das Feuer umging.
Es sah nicht danach aus.
Sie rollte weiter, und es war leicht auszurechnen, wann sie in die Flammen geriet.
Dann war sie da. Sie schluckte das Feuer. Oder schluckte das Feuer sie? So genau war das nicht festzustellen, aber sie bewegte sich weiter nach vorn, ohne dass ihr etwas geschehen war. Es gab kein Loch, keinen Riss, gar nichts. Unbeschädigt verließ die schwarze Masse den Glutherd und blieb weiterhin auf Kurs.
Ihr Ziel hieß Justine Cavallo. Darauf stellte sich die Vampirin ein. Eine gewisse Anspannung hatte sie erfasst. Es war schon so etwas wie ein menschliches Gefühl. Sie glaubte nicht daran, dass man sie töten würde. Die Halbvampire existierten auch noch, und dann gab es da noch ein Problem.
Der Name Mallmann war gefallen!
Vampire sind in der Regel völlig emotionslose Wesen. Das traf bei Justine Cavallo nicht zu. Zumindest nicht, wenn dieser Name auf das Tablett kam.
Sie musste und sie wollte warten. Sie versuchte, in die Masse hineinzuschauen, weil sie sehen wollte, ob sich dort im Innern vielleicht etwas bewegte.
Nein, das war nicht der Fall. Die Schwärze kam ihr glatt vor. Es gab kein Loch, durch das sie hätte hineinschauen können.
Sechs Augenpaare beobachteten sie. Hellman stand nicht weit von ihr entfernt. Er hatte eine lässige Haltung angenommen und hielt die Arme von der Brust verschränkt. Er war davon überzeugt, zum Kreis der Sieger zu gehören.
Noch zwei, drei Umdrehungen, dann würde die Masse sie erreicht haben.
Justine erlebte sie als völlig geruch- und geschmacklos. Einfach nur neutral, und deshalb kam bei ihr auch das Gefühl der Sorge nicht auf.
Die letzte Umdrehung.
Dann war sie da!
Es war ein Überrollen, was die Cavallo spürte. Nur war diese Kugel völlig anders als eine, die aus einem festen Material bestanden hätte. Sie hatte keinerlei Gewicht. Sie war kompakt und weniger als federleicht, und sie war pechschwarz. Schwärzer konnte es in den hintersten Zonen des Alls nicht sein.
Die
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