1708 - Angst um Johnny C.
schaffte, was für mich ein Rätsel war und auch bleiben würde.
Dem Schmuddelwetter entflohen wir, als unser Rover in der kleinen Tiefgarage stand. Auf dem Weg nach oben fuhren zwei Kollegen mit, die sehr sauertöpfisch aussahen, über ihre Probleme aber nicht sprachen und kaum gegrüßt hatten.
Wie erwartet war Glenda schon da. Wir liefen genau in ihren Blick hinein. Die rechte Augenbraue hatte sie hochgezogen und aus ihrem Mund drang ein halblautes: »Na ja …«
»Was meinst du damit?«, fragte ich.
»Dass sich eure Verspätung heute in Grenzen hält.«
»Richtig. Aber wir verspäten uns ja nicht grundlos. Ich möchte nämlich, dass der Kaffee schon gekocht ist, damit ich mit Freude mein Tageswerk beginnen kann.«
»Oh, der Herr stellt Ansprüche.«
»Die auch für das neue Jahr gelten.« Ich begrüßte Glenda mit zwei Wangenküssen und stellte fest, dass sie mal wieder chic angezogen war. Zur violetten Bluse trug sie einen schwarzen knielangen Rock, über die Beine hatte sie eine Strumpfhose in der Blusenfarbe gezogen. Die Schuhe waren schwarz und hatten Blockabsätze.
»Gibt es denn was Neues?«, wollte ich wissen.
»Nein, im Moment nicht. Selbst Sir James hat sich noch nicht gemeldet. Wir können es ruhig angehen lassen und uns auf den Feierabend vorbereiten.«
Suko musste lachen, und ich fragte: »He, was sind das denn für Worte?«
»Ich sage nur, wie es ist. Es gibt wirklich nichts, um das ihr euch kümmern müsst.«
»Doch«, widersprach ich.
»Und worum?«
»Um den Kaffee.«
Glenda verdrehte die Augen. »Klar, eine solche Antwort konnte auch nur von dir kommen.«
»Ich denke immer daran, wenn ich hier bin.« Ich zwinkerte Glenda zu und ging zur Kaffeemaschine, wo auch die Tassen standen. Meine war ein Becher, den ich immer gut füllte.
Etwas Zucker kam auch hinzu, und mit der Tasse in der Hand betrat ich unser gemeinsames Büro, in dem Suko schon auf seinem Platz saß und seinen Laptop aufgeklappt hatte, um sich einen Überblick zu verschaffen, was in der letzten Nacht in London abgegangen war. Oft waren Ereignisse darunter, die letztendlich auch uns betrafen, in diesem Fall jedoch las er, schüttelte den Kopf und druckte nichts aus.
»War eine ruhige Nacht, John.«
»Dem auch ein ruhiger Tag folgen wird, hoffe ich.«
»Wäre nicht schlecht.«
Ich nahm die Tasse in beide Hände und trank meinen Kaffee. Auch im neuen Jahr hatte er nichts von seiner Qualität verloren. Es konnte natürlich Einbildung sein, aber über die Jahre hinweg hatte ich mich an Glendas Getränk gewöhnt. Es gehörte einfach für mich zum Tag wie die tägliche Dusche.
Glenda Perkins blieb in ihrem Büro. Ich überlegte, ob ich mir Zeitungen kommen lassen sollte, als das Telefon anschlug. Sofort waren meine Überlegungen dahin. Ein Anruf so früh konnte alles bedeuten, auch Ärger.
Ich hatte es mir zur Angewohnheit gemacht, immer abzuheben. Das lag auch an meiner inneren Neugierde. Suko reagierte da viel entspannter.
Meinen Namen musste ich nicht sagen, denn ich hörte die Stimme meines Freundes Bill.
»Ich bin es, John.«
»He? So früh? Was hat dich denn aus dem Bett und ans Telefon getrieben, alter Schwede?«
»Ich stehe hier unten an der Anmeldung.«
»Dann lass dich hochbringen.«
»Ich wollte dir nur Bescheid geben.«
Das Gespräch war beendet. Mein Gesichtsausdruck sorgte bei Suko dafür, dass er eine Frage stellte. »Gibt es Ärger?«
Ich hob die Schultern. »Das kann ich dir nicht sagen. Es war Bill, der mich anrief. Und er hat bereits an der Anmeldung gestanden. Das ist schon seltsam.«
»Was will er denn?«
»Keine Ahnung. Das hat er nicht gesagt. Doch seine Stimme hat schon anders geklungen, und dieser Klang hat mir ganz und gar nicht gefallen, Suko.«
»Dann müssen wir uns wohl auf Probleme einstellen. Vorbei ist es mit dem Gammeltag.«
Der Meinung war ich auch. Wenn Bill so reagierte, brannte nicht nur der Busch, sondern schon der ganze Wald. Davon ging ich aus, obwohl ich noch nichts über sein Problem erfahren hatte.
Wenig später hörten wir ihn im Vorzimmer, wie er Glenda Perkins begrüßte. Es war ein knapper Morgengruß. Kein Scherz auf den Lippen wie sonst, und meine Bedenken verwandelten sich in ernste Sorgen. Auch Suko schaute recht skeptisch, und unsere Befürchtungen bestätigten sich, als unser Freund Bill Conolly das Büro betrat.
Sein Gesicht sah bleich aus. Die Haut erinnerte an kaltes Fett. Seine Augen bewegten sich unruhig. Er hatte seinen Mantel noch nicht
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