1708 - Angst um Johnny C.
hatte auch den Lautsprecher eingestellt, damit Suko und Bill mithören konnten.
»Hallo, Justine«, sagte ich so locker, als hätte es zwischen uns in der letzten Zeit keinen Stress gegeben.
Sie war wohl durch meine Art zu reden überrascht, denn zunächst mal bekam ich keine Antwort. Kurze Zeit später erklang erneut das Lachen. Diesmal hörte es sich anders an. Die folgende Antwort gab zudem ihre Überraschung bekannt.
»Du, John?«
»Wie du hörst.«
Spott lag in ihrer Stimme bei der nächsten Frage. »Sucht dein Freund Bill etwa Hilfe?«
»Warum sollte er das? Wir sitzen hier zusammen und reden. Das ist alles.«
Meine Antwort hatte ihr nicht gefallen. »Verarsch mich nicht!«, schrie sie. »Natürlich sucht Conolly Hilfe. Du brauchst mich nicht für dumm zu verkaufen.«
Klar, Justine Cavallo war nicht von gestern. Das hatte ich in der Vergangenheit oft genug feststellen können, als der Hass gegen Mallmann sie auf meine Seite getrieben hatte. Die Zeiten gab es nicht mehr. Wir standen uns jetzt als Feinde gegenüber, und sie hatte im Moment leider die besseren Karten.
»Was willst du, Justine?«
Erneut lachte sie. Diesmal allerdings leiser und auch irgendwie wissender. Eine Erklärung erhielten wir auch. Bill und Suko saßen starr auf ihren Stühlen, besonders Bill sah aus, als wäre er zu einer Steinfigur geworden.
»Ich will euch etwas klarmachen – oder noch mal einiges wiederholen. Die Zeiten, in denen ich auf eurer Seite stand, sind vorbei. Ich muss mich nicht mehr verstellen. Ich kann endlich so agieren, wie ich es mir immer vorgestellt habe, ich bin wieder ich, und genau das werde ich auch bleiben. Was Mallmann nicht geschafft hat, werde ich anders machen. Ich brauche keine Vampirwelt, mir ist die normale Welt genug, in der ich meine Zeichen setzen kann. Ob Vampire oder Halbvampire, sie alle werden unter meinem Kommando stehen. Partner habe ich nicht mehr nötig. Als Team brauche ich euch nicht mehr. Um aber ungestört wirken zu können, muss ich euch ausschalten, und mit Johnny Conolly fange ich an.« Schon sprach sie weiter. »Keine Sorge, ich werde ihn wohl nicht töten. Ich werde sein Blut trinken und ich werde ihn dann später zu euch schicken. Als Veränderter, als einen, der zu mir gehört, und ich freue mich schon jetzt darauf, wenn Johnny das Blut seiner Eltern trinken will, um satt zu werden. Das wird ein großer Spaß werden …«
Sie hatte ihre Worte beendet. Für einen Moment war es in unserem Büro still, bis ich die heftigen Atemzüge hörte, die mein Freund Bill ausstieß. Er war schrecklich blass geworden. Er saß zusammengesackt auf dem Stuhl und schien kein Mensch mehr zu sein. Man konnte mit Fug und Recht behaupten, dass er wahnsinnig litt. Die Augen hatten einen leeren Blick bekommen, und er schüttelte den Kopf, als wollte er sagen, dass dies doch alles gar nicht wahr sein konnte.
Es gefiel der blonden Bestie nicht, dass sie nichts mehr hörte. »He, was ist los? Hat es euch die Sprache verschlagen? Seid ihr so geschockt, dass ihr nicht mehr reden könnt?«
»Keine Sorge, wir sind noch da«, erklärte ich mit normal klingender Stimme.
»Aber ihr seid geschockt – oder?«
»Begeistert jedenfalls nicht.«
»Klar, Sinclair, das muss auch so sein, wenn man bedenkt, dass ihr euch dass selbst zuzuschreiben habt. Es hätte alles anders kommen oder beim Alten bleiben können.«
Jeder von uns wusste, was sie mit dieser Erklärung gemeint hatte. Sie hatte als Blutsaugerin auf unserer Seite gestanden, ohne von uns voll akzeptiert zu werden. Aber wir hatten ihre Hilfe manchmal auch gern in Anspruch genommen, das stand fest.
Nur war das auf Dauer kein Zustand gewesen. Feinde, die so verschieden wie Feuer und Wasser waren, konnten nicht auf einer Seite kämpfen. Es sei denn, die negative Person wandelte sich, was Justine nicht konnte. Sie war ein Vampir und das würde sie auch immer bleiben – bis zu ihrer endgültigen Vernichtung.
Als Vertreter des Gesetzes war ich gezwungen, sie zu jagen, das war Suko und mir von oberster Stelle aufgetragen worden. Es hatte sich nämlich herumgesprochen, wer auf unserer Seite stand, und das konnte nicht länger akzeptiert werden.
Diese Tatsache war auch der Cavallo bekannt, und sie hatte daraus ihre Konsequenzen gezogen.
»Frag sie, was mit Johnny ist«, flüsterte Bill mir zu. »Verdammt, das will ich wissen.«
Bill hatte zwar leise gesprochen, aber nicht so leise, als dass Justine ihn nicht verstanden hätte. Oder zumindest Fragmente
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