171 - Teutelstango
konnte aber keine dämonische Ausstrahlung feststellen. Erleichtert öffnete er.
Die hübsche Carmencita huschte zu ihm herein. Sie war seiner Ausstrahlung endlich erlegen und bereit, sich ihm hinzugeben.
Diego Cuarto lächelte.
Carmencita schaffte es, ihn die Furcht vor den von Rebecca Manderley aufgehetzten Vampiren vorübergehend vergessen zu lassen.
Große, schwarze Schwingen rauschten durch die Nacht. Ein Wesen, gräßlich von Gestalt, war noch auf der Suche nach einem weiteren Opfer. Noch war die Nacht nicht vorbei. Bis zum Beginn der Dämmerung währte es noch über eine Stunde; Zeit genug, sich in Sicherheit zu bringen, ehe die ersten Strahlen der Sonne über den Horizont glitten und den heißen Tod versandten.
Das Ziel des Vampirs war weniger Blut. Davon hätte er in dieser wie in allen. Nächten mehr als genug bekommen können, denn Rio wimmelte von Menschen, die sich auch gern durch schmale, dunkle Gassen bewegen, in denen später niemand mehr nach ihnen fragt. Der Vampir wollte Terror verbreiten, so wie sein Sippenchef es ihm befohlen hatte. Es wurde Zeit, die Vampirdämonen an den Platz in der Weltgeschichte zu rücken, der ihnen gebührte. Und das ging nur, wenn die herrschende Magier-Familie der Munantes gründlich verdrängt wurde. Sie und alle anderen Konkurrenten. Sie mußten eingeschüchtert werden, durften keine Zeit zum Atemholen bekommen.
Der Vampir wußte jetzt, wo er einen weiteren Munante finden konnte.
„Er wird uns in die Festung bringen", sagte Coco, während sie die Kristallkugel auf den niedrigen Tisch legte. Vor wenigen Minuten hatten Dorian und sie ihr Zimmer bezogen. Bald schon war die Nacht um, aber das bedeutete wenig. Sie , würden wohl ein wenig schlafen und sich dann um ein Privatflugzeug kümmern. Zwischendurch konnte es wirklich nicht schaden, den Dämon zu beobachten, um herauszufinden, was er für ein Spiel trieb. Coco war sicher, daß sie Cuarto nicht trauen konnte. Sie wollte ihn weniger überwachen, um ihn schützen zu können, wie sie ihm versprochen hatte, sondern mehr, um einen Verrat rechtzeitig zu durchschauen. Dabei würde er das Irrlicht, das sie ihm angeheftet hatte, nicht erkennen können.
„Dieser Cuarto ist eine Schlüsselfigur für uns", fuhr Coco fort. Mit Kreide zeichnete sie einen Kreis um die Kugel, malte Beschwörungs- und Befragungssymbole und zuletzt das Zeichen der Zamis- Familie daneben. „Einen besseren Lotsen können wir gar nicht mehr finden. Er hat Angst und will in die Festung, und ich soll ihn begleiten und schützen. Ich habe mir schon immer gewünscht, Leibwächterin zu werden." Es klang sehr spöttisch.
„Er wird dich auch unbedingt bis ins Zentrum der Festung bringen", sagte Dorian ebenso spöttisch. „Und wenn du drinnen bist, was dann? Legst du ein Kuckucksei und läßt einen Drachen ausbrüten, der mit seinem Feuerstrahl die gesamte Munante-Festung ausräuchert?"
„Mir wird schon etwas einfallen", sagte Coco. „Oder dir."
„Und wie möchtest du Senor Cuarto klarmachen, daß ich mit von der Partie bin? Als Reisegepäck bin ich ein wenig unhandlich."
„Aber dafür pflegeleicht. Auch da wird mir etwas einfallen. Laß dich überraschen."
„Ich liebe Überraschungen", behauptete Dorian. „Vor allem die, daß im Kühlfach dieses phänomenal mit Fernseher, Videorecorder und Klimaanlage ausgestatteten Zimmers kein Bourbon zu finden ist und der Zimmerservice nachts nicht funktioniert."
Coco zuckte mit den Schultern. Sie konzentrierte sich auf die Kugel, nachdem sie die dem Dämon ausgezupften Haare zwischen drei Beschwörungszeichen gelegt und einen weiteren Kreis darum gezogen hatte, der den um die Kugel mit einschloß. In der Kugel entstand ein verwaschenes Bild. Dorian schaute Coco über die Schulter.
Das Bild wurde ziemlich schnell stabil. Das bedeutete, daß Cuarto sein Zimmer nicht abgeschirmt hatte. Er mußte ein kompletter Narr sein, daß er auf diese wichtige Sicherheitsmaßnahme verzichtete. Und er schien auch nicht im geringsten zu bemerken, daß er beobachtet wurde.
Kein Wunder, war er doch mit einer rassigen, langhaarigen Schönheit überaus beschäftigt.
„Der Herr Dämon versteht zu leben", sagte Dorian anerkennend. ,.Die Senorita hat Format. He - ist das nicht eine von den Tänzerinnen? Was mag wohl Don Felipe zu diesen zwischenmenschlich- zwischendämonischen Beziehungen innerhalb seines Balletts sagen?"
„Vermutlich", meinte Coco kühl, „weiß er nichts davon. Außerdem solltest du dich schämen,
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