171 - Teutelstango
Diego Cuarto lachte brüllend. Die langsam niedersinkende Coco griff in eine ihrer Taschen, suchte etwas. Ihr Gesicht war verzerrt, die Augen quollen hervor. Dorian schaffte es endlich, den Revolver zu ziehen. Aber eine Handkante traf seinen Unterarm, und die Waffe polterte zu Boden. Dorian schnellte sich herum, benutzte seinen Kopf als Rammbock. Aber die Gegner überwältigten ihn. Sie hielten ihn zu viert so fest, daß er sich nicht mehr bewegen konnte.
Coco umklammerte etwas. Sie lag keuchend am Boden.
„Sheila Montany", sagte Cuarto. Er stand breitbeinig da, die Hände vorgestreckt und die Finger gespreizt. Unter den Handflächen flirrte die Luft. Cuarto wirkte jetzt gar nicht mehr so ängstlich und hilflos. Er hatte hier Heimspiel, war in einer magischen Festung, die ihm Schutz bot. Auch wenn es nicht direkt seine Sippe war, in deren Bereich er sich jetzt befand. Aber immerhin war er mit den Munantes verwandt.
„Sheila Montany, glaubtest du wirklich, mich täuschen zu können? Oder sollte ich nicht besser Coco Zamis zu dir sagen?"
„Du Hund", keuchte Coco. Ihre Lippen formten eigenartige Laute. Cuarto lachte immer noch. Im Gefühl seines Triumphs achtete er nicht darauf, was Coco flüsterte. Er wandte sich Dorian zu. „Doro, der Sklave, nicht wahr? Dorian Hunter, der Dämonenkiller. Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß ausgerechnet ich dich in eine Falle locken würde. Aber jetzt haben wir dich."
Am oberen Ende der Treppe erschien jemand. Dorian drehte den Kopf. Er sah zwei Männer, die jetzt langsam die Treppe herunterschritten. Einen der beiden kannte er nicht, aber er nahm an, daß es sich um einen Munante-Dämon handelte. Bei dem anderen war er hundertprozentig sicher, mit wem er es zu tun hatte.
Das war Don Hermano, das Oberhaupt der Munante-Sippen.
Er grinste triumphierend.
„Bringt sie fort", sagte er. „Wir werden uns zu gegebener Zeit mit ihnen befassen. Du hast deine Aufgabe sehr gut erfüllt, Diego. Ich bin mit dir zufrieden."
Das war der Moment, in dem Diego Cuarto starb.
In dem Zimmer war es dämmrig. In einem Winkel hing eine Fledermaus kopfüber an einem Deckenbalken. Die Augen glommen zuweilen rötlich auf, wenn das Kerzenlicht von ihnen reflektiert wurde.
Eine junge Frau saß an einem Tisch, leicht vorgebeugt, vor sich eine Kristallkugel. Aber die Kugel blieb dunkel und zeigte kein Bild.
„Ich bekomme keinen Kontakt", sagte die Frau leise. „Sie antworten einfach nicht. Aber warum? Was ist geschehen?"
Das Fledermausgeschöpf schwieg.
„Der Plan war nicht gut. Sie sind in die falsche Festung gebracht worden… Wir können nicht mehr eingreifen… Das einzige Tor ist geschlossen. Sie müssen in eine Falle getappt sein. Vielleicht leben sie nicht mehr."
Das Fledermausgeschöpf gab einen leisen Pfeiflaut von sich.
„Ich muß es wissen", sagte die junge Frau. „Ich muß Coco helfen. Es darf ihr nichts zustoßen. Aber wie konnte sie nur so närrisch sein. Sie stellte sich doch sonst nie so dumm an."
Eric, die Fledermaus, antwortete auch diesmal nicht. Rebecca Manderley war ratlos. Wie konnte sie Coco Zamis und ihrem Gefährten helfen? Daß jene in eine Falle getappt waren, war klar. Rebecca mußte versuchen, die beiden zu befreien. Aber sie sah keine Möglichkeit, in die Festung der Munantes einzudringen. Eine offene Burg wäre leicht von der Luft aus mit den Fledermausgeschöpfen zu erstürmen gewesen. Darauf fußte auch der Plan, den Coco mit Rebecca abgesprochen hatte - allerdings, ohne Dorian Hunter in Einzelheiten einzuweihen. Rebecca wußte, daß Hunter eine Abneigung gegen sie hegte. Immerhin war Rebecca eine Vampirin. Hunter hätte sich gegen Cocos Plan gesperrt, wenn er gewußt hätte, daß Coco mit der Hilfe Rebeccas und ihrer Fledermausgeschöpfe die Munante-Festung ausheben wollte.
Deshalb wußte er nur einen Teil.
Aber nun war der Plan hinfällig. Selbst wenn das Felsentor geöffnet wurde, war es zu riskant, nur durch diesen einzigen Zugang einzudringen. Aber an das öffnen und die Hilfe von innen durch Coco und Hunter glaubte Rebecca jetzt nicht mehr, da es keine, Verbindung mehr gab.
Etwas war schiefgegangen.
Wieder versuchte Rebecca über die Kugel, Coco zu erreichen. Aber es gelang ihr wiederum nicht. Sie war nahe daran, die Hoffnung aufzugeben.
Diego Cuarto brüllte auf. Von einem Moment zum anderen stand er in Flammen. Coco hatte die Hand geöffnet; in ihrer Handfläche lagen die Haare, die sie ihm ausgezupft hatte, und sie brannten
Weitere Kostenlose Bücher