171 - Todfeinde
konnte. Auch andere Veränderungen musste sie an ihm feststellen: Mit seltsam rauer Stimme und in überschwänglichem Tonfall schilderte er die meerakanische Ostküste im Allgemeinen und Waashton im Besonderen. Dabei übertrieb er mächtig und blickte unverhohlen auf den entblößten Oberschenkel des Luders, auf ihre Lippen und die Wölbungen ihrer Brüste, die sich unter ihrem schwarzen Wildlederhemd abzeichneten. Seinen Sessel rückte er immer näher an die kleine Couch heran, auf der die Frau neben Hacker Platz genommen hatte, so nahe, bis sein rechtes Knie ihren Schenkel berührte.
Die Fürstin Carelia ließ es geschehen, obwohl sie ständig – auch das entging Miss Hardy nicht – zu Mr. Hacker blickte, und zwar mit einem solchen Wohlgefallen, dass auch der Dümmste die Glocken hätte läuten hören. Nur Hacker merkte nichts, rein gar nichts.
Erst als das Luder nach seiner Hand griff und sie sich auf den nackten Oberschenkel legte, runzelte Mr. Hacker die Stirn und starrte mit seltener Begriffsstutzigkeit auf den weißhäutigen, nackten Ort, zu dem man seine schwarze Hand entführt hatte.
Mr. Black, der ständig in auffälliger Weise die Luft durch die Nase einsog, unterbrach seinen Redeschwall, starrte ebenfalls Hackers Hand auf dem Frauenschenkel an, und in seine Augen trat plötzlich ein Funkeln, dass Miss Hardy immer dann an ihm bemerkte, wenn er in Gedanken seinen Gegner einkreiste und überlistete.
Wieder sog er geräuschvoll die Luft durch die Nase ein.
Miss Hardy glaubte nicht recht zu sehen: An Mr. Blacks Schläfe schwoll eine Ader. Er richtete sich im Sessel auf, und sein gewaltiger Brustkorb spannte seine Jacke bis zum Zerreißen. Sie hätte schreien mögen vor Wut.
Collyn Hacker merkte sofort, was mit seinem Vorgesetzten los war – wenigstens das! –, und was mit der jungen Frau los war, hatte er inzwischen auch begriffen. Er zog seine Hand von ihrem Schenkel und stand ruckartig auf. »Ich… ähm …« Er versuchte vergnügt zu lächeln, brachte aber nicht mehr als ein verlegenes Grinsen zustande. »Ich muss mal für kleine Jungs.« Sprach's und steuerte die Tür an. Er lief so steif, als hätte er einen Speerschaft verschluckt.
Mr. Black entspannte sich, und ehe Miss Honeybutt Hardy recht sah, ruhte seine Hand dort, wo eben noch die von Hacker gefangen gehalten worden war. Doch Blacks Freude wehrte nicht lange, denn nun sprang auch das Luder auf. Mit raschen Schritten tänzelte sie Hacker hinterher. »Aber, aber, mein schwarzer Freund! Sie wissen doch gar nicht, wo Sie Erleichterung finden können.« Sie hakte sich bei dem nun vollends verdatterten Hacker unter und führte ihn zur Tür. »Darf ich es Ihnen persönlich zeigen?« Sie schmiegte sich an ihn, und beide verließen den Raum.
Jetzt stand auch Mr. Black auf. Aus schmalen, vor Zorn blitzenden Augen fixierte er die Tür. Seine Kaumuskeln arbeiteten, seine Lippen wurden bleich.
Schließlich ballte er die Fäuste und wollte zur Tür stürmen.
Pfeilschnell schoss Miss Hardy aus ihrem Sessel und versperrte ihm den Weg. »Bei allen Heiligen dieses verfluchten Kontinents! Was ist bloß in Sie gefahren, Mr. Black!?« Sie legte ihm die Hände auf die Brust und stemmte sich ihm entgegen. Unter ihren Handflächen spürte sie sein Herz hämmern. »Sie sind ja wie ausgewechselt! Kommen Sie zu sich!«
»Lassen Sie mich in Ruhe!« Er schlug ihre Hände weg.
»Davon verstehen Sie nichts!« Er stürmte zur Tür, Miss Hardy hinterher.
»Ich flehe Sie an, Mr. Black, kommen Sie zur Vernunft! Merken Sie nicht, was dieses Flittchen für ein verruchtes Spiel treibt? Sie muss Ihnen irgendwas in den Schnaps gemischt haben!«
Mr. Black fuhr herum. »Was fällt Ihnen ein, Hardy?«
Er hob die Rechte, und für einen Moment glaubte Honeybutt, er würde zuschlagen. »So reden Sie nie wieder über Carelia!« Er ließ die Hand sinken.
Fassungslos sah sie ihn an. In seinen Augen loderte es wie Fieber.
Plötzlich schrie eine Frauenstimme draußen auf dem Gang. Black riss die Tür auf und rannte hinaus.
»Verhaftet ihn!«, rief Carelia. »Nehmt ihn fest und werft ihn in den Kerker!« Miss Honeybutt Hardy trat auf den Gang. Etwa dreißig Schritte entfernt stand die so genannte Fürstin vor der offenen Toilettentür. »Weg mit ihm! Er hat es gewagt…!« Nacheinander stürzten drei Bewaffnete in die Toilette. Nach kurzer Zeit zerrten sie den gefesselten Mr. Hacker heraus. Das Luder aber rannte zu Mr. Black, warf sich an seine breite Brust und begann
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