171 - Todfeinde
sitzt fest im Sattel bei der Fürstin!« Er griff nach dem Glas und leerte es auf einen Zug. Sein vierter Schnaps bereits. Was Honeybutt von ihm verlangte, war einfach pervers.
»Das ist es ja, Mr. Hacker! Viel zu fest sogar sitzt er im Sattel! So fest, dass er unser Ziel vergessen hat!«
Sie hatten sich in einer leer stehenden Kirchenruine am westlichen Rand des besiedelten Teils von St. Petersburg getroffen. In der ehemaligen Sakristei hockten sie in Staub und Geröll um einen Steinquader, auf dem eine Öllampe brannte und eine Flasche und zwei Gläser standen. Miss Hardy nippte noch immer an ihrem ersten Schnaps.
»Ich will nach Hause, Mr. Hacker«, sagte sie leiser und mit einem Anflug von Wehmut. »Sie nicht?« Hacker nickte missmutig. »Und haben Sie nicht selbst berichtet, dass die Fürstin sich bei Ihnen nach Blacks Vergangenheit und nach seiner Beziehung zu mir erkundigt hat?« Wieder musste er nickten. »Sehen Sie? Ich fürchte, unser Anführer sitzt schon lange nicht mehr so fest im Sattel, wie wir und er glauben.« Sie griff nach der Flasche und schenkte Hacker den nächsten Schnaps ein. »Wir müssen hier weg hier, Mr. Hacker, am besten schon gestern. Und wollen Sie etwa ohne Black den Ozean überqueren? Wir müssen den General ausstechen und dann versuchen, Black aus dem Netz dieses Luders zu hauen.«
»Und wie soll das funktionieren?«, knurrte der schwarze Kahlkopf verdrossen.
»Ich habe es Ihnen schon zweimal gesagt, wie das funktionieren könnte, Hacker. Sind Sie taub auf dem Ohr?« Miss Hardy beugte sich über den Steintisch.
Beschwörend redete sie auf den Gefährten ein. »Fragen Sie jedes Kind in der Stadt, fragen Sie die alten Weiber. Überall werden Sie die gleiche Auskunft erhalten: ›Die Fürstin ist gezähmt, sie frisst dem edlen Schwarzen aus der Hand.‹«
»Bullshit…!«
»Gehen Sie mit ihr ins Bett, und Sie können von ihr haben, was Sie wollen!«
»Niemals…!« Wie von der Taratze gebissen sprang Collyn Hacker auf. »Nein, nein, nein …!« Er rannte in der alten Sakristei hin und her. »Und selbst wenn ich das täte, schafft es uns noch lange nicht den General aus der Burg und aus der Stadt!« Hacker bückte sich nach seinem Glas und leerte es auf einen Zug.
»Wenn wir es geschickt genug anstellen, vielleicht doch.« Honeybutt schenkte ihm nach. »Setzen Sie sich wieder, Mr. Hacker, beruhigen Sie sich und hören Sie mir zu. Ich glaube, ich hätte da eine Idee…«
***
Der Hals des Mannes war so breit wie sein Kopf.
Pechschwarze Locken zierten seinen Schädel. Carelia hielt seine große Hand fest, während er sich zum dritten Mal vor ihr verneigte. Auch was die Entschlossenheit seiner Miene, die Wölbungen seiner Oberarmmuskeln und die Größe und Wuchtigkeit seiner Gestalt anging, erinnerte er die Fürstin an Mr. Black. Allerdings war er gut und gern zehn Jahre jünger.
»Juanno der Seefahrer also«, lächelte sie.
»Willkommen in St. Petersburg, willkommen in meiner Burg.« Sie entzog ihm seine Hand und blickte zu Arthur Crow. Ihr väterlicher Freund taxierte den nächtlichen Gast aus hellwachen Augen und akzeptierte ihn offenbar.
Carelia ließ sich auf der schmalen Couch nieder und wies auf den knappen freien Platz neben sich. »Setze dich doch, mein lieber Juanno.«
Der Mann lehnte sein langes Schwert gegen das Fensterbrett, löste seinen Hüftgurt mit der Axt und mindestens drei Messern, legte ihn über die Armlehne und ließ sich neben der Fürstin nieder. »Ich habe viel von deiner Schönheit gehört, meine Fürstin.« Er strahlte sie an, als hätte ihn die Sehnsucht nach ihr um die halbe Welt getrieben. »Auf jeder Insel bei uns in Süd-Euree erzählt man sich von dir.«
»Oh, ist das wahr?«
»Ich schwöre es…«
General Crow setzte sich in einen der Sessel, die der Couch gegenüber standen. Von hier aus konnte er das Schauspiel am besten beobachten. Die kleine Couch schien so etwas wie Carelias Spinnennetz zu sein, und der Fremde war die nächste Beute, die sich darin verstrickte.
Diener brachten Säfte, starke Getränke und Gebäck.
Crow trank Wasser und beobachtete den Südländer. Ein harter Bursche. Die schwere Bewaffnung, das große Schiff, die vielen Narben in seinem Gesicht und auf seinen nackten Armen erzählten dem General ein wenig vom Leben dieses Mannes. Zweifellos verdiente er seinen und seiner Besatzung Lebensunterhalt durch Überfälle auf See. Ein kleiner Pirat, weiter nichts. Und sein verklärter Gesichtsausdruck in diesem Moment
Weitere Kostenlose Bücher