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1711 - Der Mond-Mönch

1711 - Der Mond-Mönch

Titel: 1711 - Der Mond-Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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so vor. Zumindest ich hatte den Eindruck, dass sie sich verlangsamte. Jede Sekunde dehnte sich. Ich hörte sogar das Pochen meines Herzens und hoffte, dass dieser Kelch an uns vorüber ging.
    Traf es zu?
    Ja. Wenn mich mein Gehör nicht täuschte, drehte die Maschine ab. Das musste auch Karina gehört haben, denn zum ersten Mal meldete sie sich. Ich vernahm ihr leises Stöhnen. Bestimmt ein Laut der Erleichterung.
    Das typische Geräusch blieb bestehen. Aber wir hörten auch, dass es sich entfernte. Wenn mich mein Gehör nicht täuschte, nach Westen hin, und etwas Besseres konnte uns nicht passieren. Wir blieben trotzdem in unserer Deckung. Es wäre fatal gewesen, wenn wir uns zu früh zeigten.
    Das Knattern nahm ab. Es strahlte auch kein Licht mehr über uns, und das war der Moment, an dem sich Karina Grischin bewegte. Zuerst schaufelte sie ihr Gesicht frei, dann hob sie den Oberkörper an und holte mehrmals tief Luft.
    Wenig später war ich an der Reihe. Nebeneinander hockten wir, aber keinem war nach einem Lachen zumute. Wir nickten uns nur zu, was bedeutete, dass wir es geschafft hatten, wobei die Gefahr zwar schwächer geworden, aber nicht vorbei war.
    Wir hatten zwar nicht unbedingt lange im Schnee gelegen, aber wir waren schon steif geworden. Es wurde Zeit, dass wir uns bewegten, und diesmal machte ich den Anfang und stieß mich in die Höhe. Es sah zwar wackelig aus, aber ich schaffte es, mich auf den Beinen zu halten.
    Ich reichte Karina die Hand, die sie gern nahm und sich in die Höhe ziehen ließ.
    »Das haben wir hinter uns«, flüsterte sie und klopfte ihre Kleidung ab.
    »Glaubst du denn, dass sie aufgeben werden?«
    Sie hob die Schultern. »Nein, John, bestimmt nicht. Die geben nicht auf.«
    »Ich kann mir sogar vorstellen, dass sie wieder zurückkehren. Da ist alles möglich.«
    Karina nickte. »Wir müssen trotzdem weiter. Ich denke auch an den Ort, von dem du gesprochen hast.«
    »Und was hältst du davon, wenn du dein Telefon einsetzt und Hilfe holst?«
    Sie lachte und fragte dann: »Wo sind wir?«
    »In Russland.«
    »Eben, ich könnte zwar anrufen, aber bis hier Hilfe erscheint, wird es dauern. Nein, nein, wir müssen uns schon allein durchschlagen, und ich hoffe, dass wir es schaffen, die Ansiedlung zu erreichen. Da wird es bestimmt nicht nur Schlitten geben, sondern auch andere Möglichkeiten.«
    »Ein Auto?«
    »Ja, was sonst? Wir müssen den Flughafen erreichen und sehen, dass wir von dort weg in Richtung Moskau kommen.«
    »Ja, das sehe ich ein.«
    Karina hatte sich wohl etwas über meinen Tonfall gewundert. »He, du hast dich angehört, als gäbe es Probleme. Das ist Russland. Damit muss man zurechtkommen.«
    »Ich bemühe mich ja.«
    »Das ist allerdings wahr.«
    Wir kannten unseren Weg. Bevor wir anfingen loszumarschieren, suchten wir vor uns den Himmel ab. Der Hubschrauber befand sich noch in der Luft. Wir sahen es deshalb, weil der Suchscheinwerfer noch nicht abgeschaltet worden war. Da schien sich eine helle Decke zwischen Himmel und Erde zu bewegen. Das Fluggeräusch vernahmen wir nur dann, wenn wir genau hinhörten.
    »Gehen wir, John?«
    »Und ob«, sagte ich nur …
    ***
    Auch die Nacht würde irgendwann mal ein Ende haben. Mir allerdings kam sie in dieser Einöde länger als normal vor. Es war noch nichts von einer Morgendämmerung zu sehen, und wir marschierten immer noch Meter für Meter nach Westen. Aus den Metern wurden Kilometer, und meine Beine bekamen allmählich eine Bleischwere.
    Dass der Hubschrauber verschwunden war, tat gut. So lenkte uns auch nichts mehr ab. Kein Licht, kein Geräusch, uns blieb allein die Hoffnung.
    Wo schimmerten die Lichter, die wir gesehen hatten? Manchmal sahen wir sie, dann waren sie wieder verschwunden, wenn wir in eine leichte Senke gerieten. Wichtig war nur, dass sie immer wieder auftauchten und uns neue Hoffnung gaben.
    Manchmal lachte Karina auf, und ich fragte, warum sie so einen Spaß hatte.
    »Ganz einfach, John. Hättest du mir vor zwei Tagen gesagt, dass ich heute hier durch die Taiga marschieren würde, hätte ich dich für einen Lügner gehalten.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Mir geht es auch nicht anders, aber das ist unser Leben. Ruhe wird es nie geben. Oder hast du immer noch Hoffnung?«
    »Nein. Und ich will auch keine Ruhe haben. Da muss ich immer an Wladimir denken.«
    »Verstehe. Wird er es denn schaffen?«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Er ist zu unglücklich getroffen worden.«
    »Und das von Chandra«, sagte

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