1711 - Der Mond-Mönch
er.
Karina lächelte und hob die Schultern. Sie war sehr höflich. »Ich bitte Sie, mein Eindringen zu entschuldigen, aber ich sah leider keine andere Möglichkeit.«
Der Mann nickte. »Sie waren lange draußen – oder?«
»Sieht man das?«
»Wer hier wohnt, hat dafür einen Blick.«
Der Dorfbewohner verhielt sich völlig normal, was seine Aussagen anging. Dennoch blieb Karina misstrauisch. Er stand nicht im Dunkeln. Unter der Decke hing ein hölzerner Ring, der mit Kerzen bestückt war, die allesamt brannten und den Schein auch bis zur Tür schickten, sodass Karina das Gesicht recht gut sehen konnte. Deshalb fiel ihr die Unruhe im Blick der Augen auf. Und das musste einen Grund haben.
»Das glaube ich Ihnen gern.«
»Und möchten Sie sich jetzt bei uns aufwärmen?«
»Auch das. Aber meine Bitte ist eine andere, wenn Sie gestatten …«
»Ach, kommen Sie erst mal rein, sonst habe ich die Kälte noch im Haus.«
Der Mann gab den Weg frei. Karinas Blick fiel auf einen gekachelten Kamin, der eine Ecke des Zimmers ausfüllte. Sie ging einen Schritt vor – und verspürte das berühmte Warnsignal in ihrer Brust.
Nicht mal eine Sekunde später bewegte sich links von ihr etwas, und dann drückte sich eine Waffenmündung in ihre Wange …
***
Karina war klar, dass sie nichts tun konnte, wenn sie am Leben bleiben wollte. Innerlich ärgerte sie sich, in die Falle gelaufen zu sein, sie hätte den Abdrücken im Vorgarten mehr Beachtung schenken müssen, jetzt war es zu spät.
Ihr wurde zudem bewusst, dass die Typen aus dem Hubschrauber den kleinen Ort hier unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Deshalb hatten sie auch so früh aufgegeben.
Raffiniert, das musste sie zugeben.
»Und jetzt wirst du langsam in den Raum hineintreten und nicht mal daran denken, dich zu wehren.«
»Keine Sorge, ich bleibe ruhig.«
»Eigentlich schade. Ich hätte dir gern eine Kugel in deinen hübschen Kopf geschossen. Aber das wird noch kommen, wenn wir auch deinen Freund haben.«
»Ja, Sie haben mich. Es ist alles okay, aber lassen Sie die Menschen hier in Ruhe.«
Damit meinte Karina die beiden Frauen – eine junge, die andere älter, die eingeschüchtert auf der Bank am Kamin saßen und ihre Hände gefaltet hatten.
»Du bist nicht in der Lage, Bedingungen zu stellen. Wenn hier einer etwas befiehlt, dann bin ich das.«
»Schon gut.«
»Und jetzt geh vor.«
Karina tat es nur widerwillig, denn sie hasste es, jemanden mit einer Waffe im Rücken zu haben. Nur konnte sie es nicht ändern und musste sich leider fügen.
Der Boden bestand aus unregelmäßig gelegten Steinen, wobei einige höher standen als andere. Die beiden Frauen zitterten vor Angst. Der Mann war jetzt neben ihnen und wusste nicht, was er tun sollte. Er war ein großer, knochiger Kerl, und so bedroht zu werden, das hatte ihm all seinen Mut genommen.
Karina wollte etwas sagen und die Menschen beruhigen, als sie hinter sich so etwas wie einen wütenden Laut hörte. Dann schlug der Mann zu!
Es war ein Treffer, der Karina aufschreien ließ, weil er eine empfindliche Stelle erwischt hatte. Sie glaubte plötzlich, dass ihr Rücken in Flammen stehen würde, und es war ihr nicht möglich, sich auf den Beinen zu halten. Sie fiel auf die Knie, während Tränen in ihre Augen schossen.
Der Schläger wusste genau, wie er sich verhalten musste, um an Karinas Waffe zu gelangen. Ein Griff reichte aus, und er hatte die Waffe an sich genommen.
Karina Grischin hielt den Mund. Außerdem wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Es bereitete ihr große Mühe, gegen die Schmerzen im Rücken anzukämpfen. Sie kniete immer noch, stöhnte auf und stützte sich mit den Händen ab. Sie konnte nur hoffen, dass in ihrem Rücken nichts gebrochen war.
Der Mann war ihr unbekannt, der sich jetzt vor ihr aufbaute und von oben auf sie einsprach.
»Du hast wohl gedacht, mit deinem Kumpan zu entkommen. Nun, nachdem wir euren Wagen verbrannt haben, wussten wir, dass es nur einen Weg gibt. Und den seid ihr auch gegangen. Der Ort hier ist die einzige Anlaufstation. Es war also einfach, euch hier zu erwarten. Nur wollten wir das nicht draußen tun. In den Häusern ist es wärmer.«
»Wie viele seid ihr denn?«, flüsterte Karina, was sie schon sehr anstrengte.
»Genug für euch.«
»Und wo steckt Sobotin?«
Der Mann lachte. »Rate mal, warum ich dich nicht gleich umgebracht habe.«
Karina hob ihren Blick und sah den Kerl jetzt ganz. Er trug einen Pelzmantel und eine Strickmütze auf dem Kopf, die
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