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1712 - Verflucht bis in den Tod

1712 - Verflucht bis in den Tod

Titel: 1712 - Verflucht bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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vorn geschoben direkt auf die offene Tür zu.
    Die Hände zitterten ihm leicht, in seinem Mund spürte er eine Trockenheit. Wieder einmal wurde ihm bewusst, wie hilflos er war, und er ballte vor Zorn über seine Ohnmacht die Hände zu Fäusten.
    Auf Höhe der Schwelle gab es eine kleine Unebenheit, über die er geschoben werden musste, dann rollte er in die Kapelle hinein und wurde noch etwa eine Körperlänge weitergeschoben, bevor der Rollstuhl dicht vor Chandra anhielt, die den Kopf gesenkt hielt und Golenkow anschaute.
    Ihr Gesicht hatte sich verändert. Das von den Kerzen produzierte unruhige Licht huschte über ihre Haut hinweg, gab ihr ein wechselhaftes Aussehen, und immer dann, wenn sich ein Teil rötete, hatte Wladimir das Gefühl, einen Gruß aus der Hölle zu sehen.
    »Wir sind da!«, sagte sie.
    »Das hatte ich mir schon gedacht.«
    »Es ist der entscheidende Ort. Denn hier wird es zu der großen Zusammenkunft kommen.«
    »Wird es? Ich denke, ich bin schon da und …«
    »Unsinn. Ich meine etwas ganz anderes. Die Zusammenkunft spielt sich zwischen zwei mächtigen Personen ab. Auf der einen Seite werden wir bald Sobotin empfangen und ihn seiner wahren Bestimmung zuführen, auf die er so lange gewartet hat.«
    »Rasputin?«
    »He.« Sie lachte auf. »Du denkst ja mit.« Dann nickte sie. »Ja, Rasputin. Er ist alles. Er ist der Anfang und das Ende. Er, der seiner Zeit weit voraus war, ist nicht tot. Und wir sehen uns als seine Erben an. Erben einer Person, die noch lebt. Es ist einmalig. Das ist sensationell. Er und Sobotin werden wieder zusammenkommen. Dann kehren die alten Zeiten zurück.«
    Wladimir hatte sich konzentriert und jedes Wort verstanden. Viel war ihm nicht mitgeteilt worden, aber das Wenige reichte aus, um ihn durcheinanderzubringen.
    Rasputin und Sobotin!
    Sie kannten sich. Sie gehörten zusammen. Das heißt, sie hatten auch zu Rasputins Lebzeiten zusammengehört. Und beide waren noch am Leben. Von Sobotin wusste er es. An eine Existenz des anderen Mönches hatte er nie geglaubt, und nun war er vom Gegenteil überzeugt worden. Das musste selbst ein Mann wie er erst verdauen.
    Chandra sah seinem Gesichtsausdruck an, dass es ihm schwerfiel, die Neuigkeit zu verkraften. Es sah auch so aus, als würde er in seinem Rollstuhl leicht schwanken, weil sich Golenkows Hände um die Lehnen gekrallt hatten.
    »Jetzt weißt du Bescheid.«
    »Ja, ich habe alles verstanden«, flüsterte er.
    »Bist du geschockt?«
    Wladimir legte seinen Kopf leicht zurück und lachte leise. »Nein, wie könnte ich geschockt sein? Du kennst meinen Job und weißt, womit ich mich beschäftigen musste. Ich gehöre zu denen, die wissen, dass es hinter der normalen Welt noch eine andere, eine sehr vielschichtige gibt. Ich bin nur froh, dass ich jetzt Bescheid weiß. Das ist alles.«
    Chandra zeigte ein faunisches Grinsen. »Aber du bist geil darauf, ihn zu Gesicht zu bekommen?«
    Klar, das war er. Aber er gab es nicht direkt zu. »Das überlasse ich dir.«
    »Okay, dann werde ich dir den Gefallen tun.« Sie zeigte ein selbstzufriedenes Lächeln, gab den beiden Männern ein Zeichen, zurückzubleiben, und umfasste die beiden Rollstuhlgriffe.
    »Ja, ich werde dich zu ihm führen, damit du das größte Wunder siehst, das dieses Land zu bieten hat.«
    Er wurde vorgeschoben. Sehr langsam. Sie gab ihm Zeit, sich auf den großen Augenblick vorzubereiten.
    Wladimir Golenkow war ein mit allen Wassern gewaschener Geheimdienstmann, den so leicht nichts erschüttern konnte. Er war durch zahlreiche Höllen gegangen. Er hatte kämpfen und sein Leben verteidigen müssen, aber dies hier war etwas völlig Neues für ihn. Er wurde durch eine von Kerzen erhellte Kapelle geschoben.
    Das matte Licht sorgte dafür, dass die Kapelle anfing zu leben, denn die Flammen brannten nicht ruhig. Jede von ihnen tanzte leicht auf ihrem Docht, und so erschienen immer neue Bilder aus Schattenfetzen und einem rötlichgelben Licht.
    Er breitete sich über die alten Bänke aus, die rechts und links eines Mittelgangs standen. Vier an jeder Seite. Die Abstände zu den Wänden waren ebenfalls nicht weit. Dort hingen vereinzelt noch alte Ikonen, die nicht inzwischen gestohlen worden waren.
    Auf Holz gemalte Motive, die Szenen aus der Bibel zeigten oder Heilige verehrten. Es war eine besondere Atmosphäre, und es fehlte eigentlich nur der Weihrauch, um alles noch echter wirken zu lassen.
    Stattdessen hatte sich ein alter Geruch ausgebreitet, der von einer Feuchtigkeit

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